Stimmungshoch im Paradies für Premium-Pkw

Deutsche Autobauer verbreiten Zuversicht auf der Pekinger Automesse - Strammes Wachstum gehalten - Knifflige Elektromobilität

Stimmungshoch im Paradies für Premium-Pkw

Von Norbert Hellmann, SchanghaiDie zyklischen Schleifspuren waren zuletzt unverkennbar. Chinas Konjunkturabkühlung färbt auf den Automarkt ab. Das explosive Wachstum der Boomjahre vor und nach der Finanzkrise ist im Massengeschäft mittlerweile abhandengekommen, das Management von Überkapazitäten wird zur großen Herausforderung der nächsten Jahre.Für ausländische Pkw-Hersteller, die sich vorwiegend im Premium-Segment tummeln, verspricht China allerdings auch in den kommenden Jahren Wachstumsraten, wie sie auf größeren Märkten sonst nirgendwo vorzufinden sind. Entsprechend gehoben ist die Stimmung bei deutschen Autoadressen auf der am Montag angelaufenen Internationalen Automesse in Peking. Audi legt noch Tempo zuVor einigen Wochen hatten Berichte über Absatzschwierigkeiten und einen Zwang zu Preisnachlässen bei Oberklassewagen im chinesischen Markt vorübergehend Nervosität aufkommen lassen. Dem halten die Autobauer jedoch ungebrochen hohe Verkaufszahlen im ersten Quartal entgegen.Audi etwa – mit der A6-Baureihe Platzhirsch bei den Premium-Fahrzeugen im Reich der Mitte, spürt keinen Dynamikverlust im China-Geschäft und kann damit rechnen, in diesem Jahr über 400 000 Pkw abzusetzen. Nach einer Steigerung um 37 % im vergangenen Jahr registrieren die Ingolstädter für das erste Quartal ein neuerliches Plus von 40 %. “Wir sehen keine Trendwende in China”, bekräftigte Audi-Vertriebschef Peter Schwarzenbauer am Montag in Peking. Auch der April werde “sehr ordentlich”.Schwarzenbauer zufolge dürfte China spätestens im Jahr 2015 die USA als größten Premium-Markt der Welt ablösen. Eine neue Studie des CAR – Center Automotive Research an der Universität Duisburg Essen skizziert einen ähnlichen Verlauf und anhaltend zweistellige Wachstumsraten. Um das Jahr 2020 herum dürften die Premium-Hersteller Audi, BMW und Mercedes in China jeweils bei über 800 000 verkauften Fahrzeugen jährlich liegen.Im Gegensatz zu den heimischen chinesischen Massenherstellern, die Gefahr laufen, mit der Eröffnung neuer Werke auf ein Überkapazitätsproblem zuzuschlittern, gilt es für die deutschen Hersteller mit der Erweiterung der Produktionskapazitäten vor Ort die hohen Einfuhrzölle für Oberklassewagen zu umgehen, so die CAR-Studie. Bei BMW, wo man sich mit Blick auf Tücken bei der Qualitätssicherung und der Markenimagepflege zögerlicher als die deutschen Konkurrenten auf eine Produktion in China eingelassen hat, stehen die Zeichen nun aber entsprechend auf Expansion. Im Mai wird ein neues BMW-Werk in der Nähe der Großstadt Shenyang eröffnet. BMW streckt den 3erAuf der Peking-Messe stellt sich BMW der Vorliebe der chinesischen Premium-Käufer für extra großräumige Fahrzeuge und bringt erstmals auch die 3er-Baureihe in einer Version mit verlängertem Radstand. BMW-Vertriebsvorstand Ian Robertson erklärte am Montag, dass der relativ geringe Anteil des Premium-Segments am chinesischen Gesamtmarkt von gut 8 % (in Deutschland sind es 28 %) genügend Raum für zweistellige Zuwächse in den kommenden Jahren lässt. Man sei zuversichtlich, dass auch bei BMW insbesondere im Zuge der baldigen Verfügbarkeit neuer Modelle wie des verlängerten 3er-BMW das starke Wachstum anhalte. Zuletzt konnte BMW das hohe Expansionstempo vom Jahr 2011 im China-Geschäft exakt fortschreiben. Im ersten Quartal legten die Pkw-Verkäufe um 37 % auf 80 000 Stück zu.Auch Daimler-Vorstandschef Dieter Zetsche verbreitet Optimismus. Er geht davon aus, dass der chinesische Markt für Premium-Fahrzeuge in diesem Jahr um 15 bis 20 % zulegen wird, und zeigte sich gleichzeitig fest überzeugt, dass der Mercedes-Absatz auch in diesem Jahr diese Marke nicht unterbieten wird. Mercedes-Benz steigerte im ersten Quartal 2012 den Absatz um 24 % und hat damit den Verkaufstrend aus dem Vorjahr (+ 25 %) knapp gehalten. Mercedes’ Auftritt auf der China Auto 2012 steht diesmal allerdings ganz im Zeichen der Elektromobilität. In Peking durfte nämlich ein erster Blick auf das in Kooperation mit dem chinesischen Hersteller BYD entwickelte und 2013 in Produktion gehende Elektroauto “Denza” geworfen werden. Skepsis zum E-Mobil “Denza”Von Denza erhofft sich BYD Daimler, mit einem preisgünstigen und entsprechend massentauglichen Elektrofahrzeug so etwas wie einen Durchbruch zu erzielen. Bei den Experten überwiegt allerdings nach wie vor eher die Skepsis über die Funktionalität der E-Fahrzeuge.Ferdinand Dudenhöffer von CAR Automotive verweist beispielsweise darauf, dass die neue Lithium-Ionen-Technik nicht im Denza angewendet wird, sondern eine preisgünstigere Batterietechnik mit entsprechend geringeren Reichweiten und niedriger Lebensdauer: “Ein neues Kapitel der Elektrofahrzeuge wird mit dem Denza, jedenfalls in technischer Sicht, nicht aufgeschlagen”, so Dudenhöffer.Für westliche Autohersteller haben Kooperationsprojekte mit chinesischen Adressen bei der Elektromobilität nicht zuletzt auch die Funktion, sich die Gunst der auf umweltschonendere Fortbewegungskonzepte für Chinas verstopfte Metropolen setzenden Regierung zu sichern. Zetsche spricht von günstigen Aussichten für die Elektromobilität in China, konzediert aber auch, dass die neuen Elektromodelle ihre Kundschaft erst noch finden müssen.