Streit über Zulassungsstopp eskaliert

Daimler zieht vor höchstes französisches Gericht

Streit über Zulassungsstopp eskaliert

bl/fed Stuttgart/Brüssel – Der Streit über den Zulassungsstopp für mehrere Daimler-Modelle in Frankreich eskaliert. Am Freitag hat der Autohersteller beim französischen Staatsrat Conseil d’État einen Antrag auf einstweilige Verfügung gestellt, um letztinstanzlich eine Zulassung der betroffenen Autos zu erwirken. Daimler erwartet eine Entscheidung in den nächsten Wochen. Trotz einer erstinstanzlichen Entscheidung des Versailler Verwaltungsgerichts vom 25. Juli verweigern die Behörden die Zulassung der A- und B-Klasse sowie der CLA- und SL-Modelle.Paris lehnt die Zulassung mit dem Hinweis ab, das in den Fahrzeugen verwendete Kältemittel entspreche nicht den Klimaschutzvorschriften der EU. Darin sei als einzig zulässig für Neufahrzeuge das Mittel “R1234yf” zugelassen. Daimler verweigert dessen Verwendung und macht Sicherheitsbedenken geltend. Für den weiteren Einsatz des “alten” Kältezusatzes holte sich Daimler nachträglich den Segen des Kraftfahrtbundesamts. Frankreich erkennt jedoch als einziges EU-Land die eigentlich europaweit gültige Zulassung nicht an.Das französische Umweltministerium begründet dies mit Artikel 29 einer EU-Rahmenrichtlinie (2007/46). Danach können Zulassungen ausgesetzt werden, wenn von einem Fahrzeug ein erhebliches Risiko für die Sicherheit im Straßenverkehr oder eine ernsthafte Gefährdung für Umwelt und öffentliche Sicherheit ausgehe. Paris hat bei der EU einen Antrag auf Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Deutschland gestellt. Daimler hält die Argumentation Frankreichs für abwägig, die Sicherheitsbedenken für nicht gegeben und rechtlich nicht haltbar. In Europa seien mehr als 95 % der Bestands- und Neufahrzeuge mit dem alten Kältemittel ausgerüstet und müssten dann auch verboten werden. Die französischen Behörden hätten zudem anderen Autoherstellern erweiterte Typgenehmigungen zugestanden.Bisher konnten in Frankreich wegen der Blockade mindestens 4 500 Neuwagen von Daimler nicht zugelassen werden. Der Absatz im Nachbarland ging im Juli um 7 % zurück. Brüssel beobachtetDie EU-Kommission beobachte die Entwicklungen aufmerksam, sagte ein Sprecher der EU-Behörde. Frankreich habe Brüssel mittlerweile über sein Vorgehen formell unterrichtet. Das ist notwendig, weil im Binnenmarkt Einschränkungen des Handels nur erlaubt sind, wenn es dafür besondere Gründe gibt – eben etwa eine Gefahr für Umwelt, Straßensicherheit oder Gesundheit.Die EU-Kommission werde “wohl im September” eine Entscheidung darüber fällen, ob die vorläufigen Maßnahmen von Frankreich dem EU-Recht entsprechen. Zugleich hat die Bundesregierung bis 19. August Zeit, darzulegen, warum sie nicht gegen die Nutzung des “alten” Kältemittels durch den Autobauer einschreitet. Die EU-Behörde muss dann binnen zehn Wochen festlegen, ob sie ein EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland startet – oder nicht.