Streit um AKW Krümmel geht in die nächste Runde
cru Frankfurt – Im Streit zwischen der Eon-Kernkraftsparte PreussenElektra und dem schwedischen Staatskonzern Vattenfall um die sogenannte Reststrommenge des 2011 stillgelegten und vorher gemeinsam betriebenen Atomkraftwerks Krümmel geht in die nächste Runde. Statt der angekündigten Entscheidung verkündete der Vorsitzende Richter der Zivilkammer, Claus-Hinrich Hartmann, am Donnerstag die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. “Das begrüßen wir”, sagte eine Sprecherin von PreussenElektra.Damit gehe der Streit um die kommerziellen Bedingungen weiter, zu denen die vom Gesetzgeber vorgesehenen Übertragungen von Reststrommengen auf noch in Betrieb befindliche Kernkraftwerke erfolgen. Die Übertragungen selbst könnten aber bei Bedarf ungeachtet dessen stattfinden. Damit könne der Betrieb der PreussenElektra-Anlagen entsprechend den Vorgaben des Atomgesetzes bis Ende 2021 bzw. 2022 gewährleistet werden.Der Beschluss zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist laut Richter Hartmann vor dem Hintergrund eines zwischenzeitlich in einem Eilverfahren von den Konzernen erzielten Vergleichs gefallen. Die Eon-Tochter PreussenElektra hatte in der Klage die unentgeltliche Übertragung von 44 Terrawattstunden im Wert von rund 415 Mill. Euro auf das Kernkraftwerk im niedersächsischen Grohnde gefordert. Das Problem von PreussenElektra: Grohnde darf zwar noch bis 2021 am Netz bleiben, die vom Gesetzgeber zugesprochene Reststrommenge ist aber fast aufgebraucht. Vergleich angeregtDamit der Weiterbetrieb des Kraftwerks gewährleistet bleibt, hatte Vattenfall, die selbst keine Atomkraftwerke mehr in Deutschland betreibt, bei dem Vergleich im Juni zugestimmt, dass die von beiden Konzernen gemeinsam getragene Krümmel-Betreibergesellschaft zunächst 10 Terrawattstunden Reststrom für 278 Mill. Euro an Grohnde überträgt. Setzt PreussenElektra sich im Hauptsacheverfahren durch, muss das Geld allerdings zurückgezahlt werden.Durch den Vergleich habe sich zum einen die Grundlage der ursprünglichen Forderung geändert, sagte Richter Hartmann. Zum anderen habe PreussenElektra zusätzlich kartellrechtliche Fragen aufgeworfen, die in dem Verfahren bislang nicht behandelt worden seien. Er regte an, dass die Parteien auch im Hauptsacheverfahren Vergleichsverhandlungen aufnehmen sollten.PreussenElektra will erreichen, dass ihr von der Krümmel-Betreibergesellschaft, die PreussenElektra mit Vattenfall gehört, die Hälfte des Reststroms aus dem Atomkraftwerk im schleswig-holsteinischen Geesthacht ohne Entschädigung übertragen wird, um sie im Kernkraftwerk Grohnde in Niedersachsen zu nutzen. Vattenfall lehnt eine entschädigungslose Übertragung ab. Bei der Reststrommenge handelt es sich um die Menge Strom, die in Krümmel hätte produziert werden können, wäre die Betriebserlaubnis nicht im August 2011 durch den beschleunigten Atomausstieg nach dem Reaktorunfall im japanischen Fukushima erloschen.2010 hatte die Bundesregierung die Laufzeiten für AKW zunächst verlängert. Dann folgte 2011 die Kehrtwende in der Atompolitik nach der Katastrophe von Fukushima mit dem beschleunigten Ausstieg aus der Kernkraft. Dadurch gibt es Kernkraftwerke, die seit Jahren vom Netz sind, obwohl die ihnen zustehende Menge an Strom gar nicht produziert wurde. EntschädigungsanspruchAndere Meiler dürfen noch laufen. Doch ist deren Höchststrommenge bald erreicht. Es geht um viele Millionen Euro, die der Reststrom wert ist. Darum gibt es Streit unter den Stromkonzernen und mit der Bundesregierung. Im Atomgesetz ist geregelt, dass die Betreiber der 2011 stillgelegten Kernkraftwerke Brunsbüttel und Krümmel sowie des 1988 nach nur kurzer Laufzeit vom Netz gegangenen Atomkraftwerks Mühlheim-Kärlich Anspruch auf – nicht genau bezifferte – Entschädigung haben.