Streit zwischen Disney und Florida geht in die nächste Runde
Streit zwischen Disney und Florida eskaliert
Konzern sagt Milliarden-Bauprojekt in US-Bundesstaat ab – Konflikt um kontroverses Gesetz und Steuervorteile
Der Entertainment-Riese Disney bläst den Bau eines Bürokomplexes in Orlando ab. Der Schritt bedeutet die nächste Eskalationsstufe im Konflikt zwischen dem Konzern und Floridas rechtspopulistischem Gouverneur Ron DeSantis. Insgesamt stehen Milliardeninvestitionen in dem Bundesstaat auf dem Spiel.
xaw New York
Der Konflikt zwischen der Walt Disney Company und der Regierung Floridas eskaliert zunehmend. So hat der Unterhaltungskonzern den Bau eines neuen Bürokomplexes im südöstlichsten US-Bundesstaat abgesagt. Die Investitionskosten für den neuen Unternehmenscampus in der Großstadt Orlando hatte Disney ursprünglich auf 864 Mill. Dollar beziffert, jüngste Schätzungen lagen bei über 1 Mrd. Dollar.
Das Projekt, das lokale Behörden und Tourismusvertreter als Wachstumstreiber bewarben, sollte 2.000 Jobs in die Region bringen. Im Gegenzug versprach sich der Konzern Steuergutschriften von 570 Mill. Dollar über 20 Jahre. Zahlreiche mit der Entwicklung von Freizeitpark-Attraktionen befasste Mitarbeiter sollten aus Südkalifornien nach Florida umziehen. Einige haben diesen Schritt schon vollzogen und erhalten laut Insidern nun die Möglichkeit, an ihren alten Standort zurückzukehren.
Geschäftsumfeld hat sich verändert
Josh D’Amaro, Leiter der Freizeitpark- und Produktdivision von Disney, verwies in einer E-Mail an Mitarbeiter einerseits auf Veränderungen in der Konzernführung – gerade der neue Bürokomplex galt als Projekt des im November 2022 als CEO geschassten Bob Chapek, Andererseits unterstrich D’Amaro die veränderten Geschäftsbedingungen seit Ankündigung des Baus im Jahr 2021. Neben dem eingetrübten Konjunkturumfeld, das bei dem Unterhaltungskonzern umfangreiche Entlassungen und Budgetkürzungen zur Folge hat, beschäftigt auch der schwere Konflikt mit Floridas Gouverneur Ron DeSantis die Unternehmensführung.
Dieser entzündete sich an einem im März 2022 in Kraft getretenen Gesetz, mit dem der republikanische Politiker Debatten über sexuelle Orientierung und Identität an Grundschulen verbieten will. Disney stellte sich öffentlich gegen die Regelung – und zog sich damit den Zorn DeSantis’ zu, der den Entertainment-Riesen als „wokes“ Unternehmen bezeichnete, das von den Wertvorstellungen der Eltern in Florida keinen Begriff habe.
Der Gouverneur entzog dem Bezirk um den „Disney World“-Freizeitpark in der Folge den Status als autonome Zone, den dieser seit 1967 innegehabt hatte. Der Schritt stellte nicht nur Steuervorteile in Frage, die das Unternehmen seit Jahrzehnten genoss, sondern warf auch logistische Probleme auf. Denn in der Folge hätte Disney für Veränderungen innerhalb des Parks wohl Baugenehmigungen bei der Verwaltung einholen müssen.
Deal mit altem Bezirksvorstand
Der Konzern schloss indes im Februar des laufenden Jahres – Wochen bevor ein von DeSantis eingesetztes Gremium die Kontrolle über den Distrikt übernehmen sollte – einen Deal mit dem alten Bezirksvorstand. In dessen Rahmen sicherte sich Disney für die nächsten 30 Jahre Bebauungs- und Infrastrukturrechte für die Zone. DeSantis’ Gremium erklärte die Vereinbarungen im April für nichtig, woraufhin Disney Klage vor einem Bundesgericht einreichte. Der Konzern wirft dem Gouverneur vor, eine „gezielte politische Vergeltungskampagne“ zu verfolgen.
Disney-CEO Robert Iger bezeichnete die Maßnahmen der bundesstaatlichen Regierung bei der Hauptversammlung im April als „anti-unternehmerisch“ und gegen die Interessen Floridas gerichtet. Zuletzt stellte der Vorstandschef klar, dass im aktuellen Konflikt Gesamtinvestitionen von 17 Mrd. Dollar in Disney World und der Aufbau von 13.000 Jobs über zehn Jahre auf dem Spiel stünden.
„Will der Staat, dass wir mehr investieren, mehr Leute beschäftigen und mehr Steuern zahlen oder nicht?“, fragte Iger bei einem Analystencall in der vergangenen Woche.
In Bezug auf den neuen Bürokomplex galt Iger, der Disney bereits zwischen 2005 und 2020 führte, allerdings seit jeher als weniger enthusiastisch als Vorgänger Chapek. Nach dem Aus für das Projekt, das dem Konzern bereits millionenschwere Ausgaben verursacht hat, sieht sich Kalifornien als Nutznießer. Der Gouverneur des Bundesstaats, Gavin Newsom, bedankte sich bei Disney jedenfalls schon für „2.000 und mehr Jobs, die im ,Golden State’ wieder mit offenen Armen willkommen geheißen“ würden.