Siemens Healthineers

Streubesitz lehnt Kapitalrahmen ab

Die überwältigende Mehrheit des Streubesitzes hat auf der viereinhalbstündigen Hauptversammlung der Siemens Healthineers AG gegen den neuen Kapitalrahmen votiert. 72% lehnten den Vorschlag der Verwaltung ab, das Grundkapital bei Bedarf um die...

Streubesitz lehnt Kapitalrahmen ab

mic München

Die überwältigende Mehrheit des Streubesitzes hat auf der viereinhalbstündigen Hauptversammlung der Siemens Healthineers AG gegen den neuen Kapitalrahmen votiert. 72% lehnten den Vorschlag der Verwaltung ab, das Grundkapital bei Bedarf um die Hälfte erhöhen zu dürfen. Dies lässt sich aus dem Abstimmungsergebnis errechnen, ausgehend von einer Beteiligung der Siemens AG mit ihrem gesamten Aktienpaket von 850 Millionen.

Der neue Kapitalrahmen lässt eine Erhöhung des Grundkapitals um 537,5 Mill. Euro zu. Dies entspräche beim aktuellen Healthineers-Kurs einem Emissionsvolumen von 26 Mrd. Euro. Mehrheitseigentümer Siemens sorgte bei einer Präsenz von 90,6% dafür, dass der Tagesordnungspunkt mit 90,9% der Stimmen angenommen wurde. Laut Aufsichtsratsvorsitzenden Ralf Thomas, der auch Finanzvorstand der Siemens AG ist, war eine Mehrheit von drei Vierteln der Stimmen erforderlich.

Die Siemens AG hatte in der Vergangenheit deutlich gemacht, dass sie mit einer erneuten Healthineers-Kapitalerhöhung rechnet, um den 16,4 Mrd. Dollar teuren Varian-Kauf zu finanzieren. Sie will ihren Anteil früheren Angaben zufolge so von 79% auf 72% verwässern lassen.

Der bisherige Rahmen von 500 Mill. Euro war durch eine Erhöhung des Grundkapitals im vergangenen September um 75 Mill. Euro, die zu einem Bruttoemissionserlös von 2,7 Mrd. führte, zu einem nur geringen Teil ausgeschöpft worden. Jedoch ist ein erneuter Bezugsrechtsausschluss von maximal 10% des Grundkapitals in der denkbaren zweiten Emission nur möglich, wenn es einen neuen Kapitalrahmen gibt – so dass Siemens Healthineers das Ansinnen den Aktionären vorlegte.

Die Fondsgesellschaft DWS hatte bereits vor der Hauptversammlung erklärt, den Tagesordnungspunkt abzulehnen. „Der vorgeschlagene Kapitalrahmen übersteigt mit 50% das von uns zulässige Maximum von 40% des Grundkapitals“, erklärte Portfoliomanager Hendrik Schmidt in einem Statement. Die Bezugsrechtsausschlüsse seien außerdem weder einzeln auf das beantragte Kapital noch allumfassend und kumulativ auf 10%  des Grundkapitals begrenzt.

In das gleiche Horn stieß Daniela Bergdolt, Vizepräsidentin der Aktionärsschützervereinigung DSW: „Die Größe des genehmigten Kapitals liegt mit 50% deutlich zu hoch.“ Die daraus folgende Verwässerung der Altaktionäre wäre inakzeptabel. Dies gilt nach Ansicht von Bergdolt umso mehr, als keine konkrete Erklärung für diesen Umfang gegeben werde. „Als an der Börse notiertes Unternehmen muss Siemens Healthineers die dort geltenden Spielregeln beachten“, begründete Bergdolt das Abstimmen der DSW gegen das neue „Genehmigte Kapital 2021“.

Finanzvorstand Jochen Schmitz legte sich auf Fragen der Aktionäre nicht fest, wie das genehmigte Kapital eingesetzt wird. Ein Vorratsbeschluss sei üblich, um schnell handeln zu können, sagte er. Das Volumen orientiere sich an dem Grundkapital-Prozentsatz des bisherigen „Genehmigten Kapitals 2018“. Siemens Healthineers peile eine Finanzierungsstruktur für die Varian-Transaktion an, die optimal für das Unternehmen und damit auch für die Aktionäre sein werde. Auch legte der Finanzvorstand sich nicht fest, ob es im Fall einer Kapitalerhöhung ein Bezugsrecht für Altaktionäre geben soll. Aufsichtsratschef Ralf Thomas begründete den Kapitalrahmen ebenfalls damit, dass dem Unternehmen so die Möglichkeit eröffnet wurde, schnell und flexibel zu handeln.

Vorstandschef Bernd Montag verteidigte den Varian-Preis:  „Wir sind ein disziplinierter Käufer.“ Es sei Wert darauf gelegt worden, dass der Barwert der Geschäftsopportunitäten mindestens dem Kaufpreis entspreche. Er deutete verhalten an, dass die Umsatz- und Kostensynergien steigen könnten. Sie würden „bis jetzt“ auf Ebit-Ebene mit 300 Mill. Euro im Jahr 2025 quantifiziert. Healthineers hatte immer ein „mindestens“ dazugesetzt.

Die Aktionäre, die 106 Fragen stellten, stimmten mit 95,0% der Wahl des früheren Qiagen-Chefs Peer Schatz in den Aufsichtsrat zu. Die Zustimmungsquote des Streubesitzes lässt sich mit 61% berechnen. Die Fondsgesellschaft DWS wies darauf hin, dass Schatz nach ihrer Systematik zu viele Mandate habe.