Subventionsmilliarden für die Wasserstoffwirtschaft

Credit Suisse erwartet Wettbewerbsfähigkeit von "grünem" Wasserstoff bis 2030 - Produktionskosten werden halbiert

Subventionsmilliarden für die Wasserstoffwirtschaft

cru Frankfurt – Die Wasserstoffwirtschaft mit deutschen Unternehmen wie Siemens Energy und RWE kann sich auf üppige Milliardensubventionen einstellen. Bis zum 30. April müssen die EU-Staaten Pläne vorlegen, wofür sie die 672,5 Mrd. Euro aus dem Corona-Hilfspaket Recovery and Resilience Facility ausgeben wollen. Anschließend hat die EU-Kommission zwei Monate Zeit, die Pläne zu bewerten. Dabei müssen mindestens 37 % der Gelder in den Klimaschutz fließen – ein erheblicher Teil davon für Wasserstoff.In Deutschland beispielsweise sind es 9 Mrd. Euro bis 2030. Ähnliche Beträge fließen in Frankreich (7,2 Mrd. Euro), Italien (10 Mrd. Euro) Portugal (8 Mrd. Euro) und Spanien (9 Mrd. Euro). Bis 2030 sollen mit dem Geld 40 Gigawatt Elektrolyseanlagen errichtet werden. Damit sie mit erneuerbarer Energie betrieben werden können, müssten zugleich 100 Gigawatt zusätzlich an Solar- und Windkraftanlagen errichtet werden.Aus dem EU-Aufbaufonds beantragt Deutschland 29,3 Mrd. Euro als Zuschüsse. Die Pläne, die die Bundesregierung dazu im Dezember vorgelegt hat, haben einen Klimaanteil von 40 %. Wasserstoff, insbesondere grüner Wasserstoff, wird dabei in der Diskussion um die Energiewende zu einem wichtigen Faktor. Da Wasserstoff in der Lage ist, mehrere Sektoren, in denen das CO2 schwer reduzierbar ist, zu dekarbonisieren, gewinnt er zunehmend die Unterstützung der EU-Regierungen und der Industrie – von der Ausrüstung und dem Transport bis hin zu den wichtigsten Endverbrauchsfällen. Die Industrien, die mit Wasserstoff dekarbonisiert werden können, produzieren etwa ein Drittel der globalen energiebezogenen Emissionen. Derzeit noch zu teuer”Grüner” Wasserstoff, der unter Einsatz erneuerbarer Energien produziert wird, ist derzeit nicht wettbewerbsfähig mit “grauem” und “blauem” Wasserstoff, der auf Basis fossiler Energieträger produziert wird. “Aber wir glauben, dass es Wege gibt, die Kosten für grünen Wasserstoff von derzeit 5 Dollar je Kilogramm in Richtung von 2,50 Dollar je Kilogramm zu senken”, sagt Credit-Suisse-Analyst Stefano Bezzato voraus.Zu den Faktoren, die die Wettbewerbsfähigkeit des grünen Wasserstoffs begünstigen, zählt der steigende Preis für CO2-Emissionsrechte, der den grauen Wasserstoff verteuert. Zugleich halbieren sich in den kommenden Jahren absehbar die Kosten für Elektrolyseanlagen, mit denen der Wasserstoff vom Sauerstoff im Wasser abgespalten wird, auf 500 Dollar je Kilowatt.”Wir sehen Anzeichen für eine Trendwende auf dem Elektrolyseur-Markt, unterstützt durch Pilotprojekte von Energieunternehmen und Versorgern”, kommentiert die Credit Suisse. Auch die Gasnetzbetreiber beginnen, ihre Netze für Wasserstoff anzupassen. Anfang 2020 zeigte eine von elf Netzbetreibern erstellte Studie das Potenzial für ein 23 000 Kilometer langes Wasserstoffnetz in Europa, das bis 2040 Investitionen von 27 bis 64 Mrd. Euro erfordert.Die Endnutzung des Wasserstoffs hängt weitgehend von der Kostenkurve ab: jenseits von Ammoniakproduktion und Raffinerien – den beiden derzeitigen Hauptverbrauchsfeldern für Wasserstoff – sieht die Credit Suisse bei einem Preis von 2 Dollar je Kilogramm Möglichkeiten für den Einsatz im Transportwesen und in der grünen Stahlindustrie. Die Investmentbank hat zwölf mit “Outperform” bewertete Aktien ausgewählt, die in verschiedenen Teilen der europäischen Wasserstoff-Wertschöpfungskette tätig sind – darunter der Industriegasekonzern Air Liquide, der Energiekonzern Enel, der Ölkonzern Royal Dutch Shell, der Windradgetriebe- und Elektrolyseurhersteller Siemens Energy und der Ferngasleitungsnetzbetreiber Snam.Die Wasserstoffindustrie produziert derzeit überwiegend “grauen” Wasserstoff, der unter Einsatz der fossilen Brennstoffe Erdgas oder Kohle gewonnen wird. Allerdings können sauberere Alternativen wie “blauer” Wasserstoff – also Wasserstoff mit Kohlenstoffabscheidung – oder “grüner” Wasserstoff” aus Wasserelektrolyse unter Nutzung erneuerbarer Energien die Ammoniak- und Raffinerie-Industrie dekarbonisieren sowie die Stahlherstellung und den Verkehr von Autos, Lastwagen, Schiffen und Flugzeugen. Nur 1 Promille ist “grün”Die Ankündigung der Europäischen Kommission, das Wachstum von kohlenstoffarmem Wasserstoff ab jetzt zu unterstützen, ist ein wichtiger Katalysator für einen Anstieg des Interesses an Wasserstoff. Während derzeit weniger als 1 Promille des produzierten Wasserstoffs grüner Wasserstoff ist, würde das 40-Gigawatt-Elektrolyseur-Ziel der EU bis 2030 die Produktion von jährlich 5 Mill. Tonnen grünem Wasserstoff bedeuten. Zusammen mit zusätzlichen 40 Gigawatt Elektrolyseuren in der weiteren europäischen Nachbarschaft einschließlich Osteuropas und Nordafrikas sowie dem Potenzial für blauen Wasserstoff könnte kohlenstoffarm erzeugter Wasserstoff einen bedeutenden Anteil des aktuellen globalen Wasserstoffbedarfs von 74 Mill. Tonnen pro Jahr decken.