Sunrise scheitert mit UPC-Deal

Übernahme für 6 Mrd. sfr vor dem Aus - Schweizer bleiben solo - Großaktionär Freenet kann frohlocken

Sunrise scheitert mit UPC-Deal

Der Schweizer Mobilfunkanbieter Sunrise sagt die milliardenschwere Übernahme von UPC ab. Aktionäre unter Führung von Freenet hatten gegen den Deal rebelliert. Einer Abstimmungsniederlage über eine Kapitalerhöhung von 2,8 Mrd. sfr ist der Konzern mit der Absage der Generalversammlung zuvorgekommen. wb/hei Frankfurt – Der Schweizer Telekomkonzern Sunrise hört nun doch auf seine Aktionäre und bläst die teure Übernahme von UPC in der Eidgenossenschaft ab. Zunächst ist die für gestern terminierte Generalversammlung abgesagt worden, auf der ein Showdown erwartet worden war. Die Anteilseigner sollten eine Bezugsrechtskapitalerhöhung im Umfang von 2,8 Mrd. sfr beschließen. Die Emission hätte der teilweisen Finanzierung der Übernahme der Aktivitäten des US-Konzerns Liberty Global dienen sollen, die mit 6,3 Mrd. sfr vereinbart worden war. Großaktionär Freenet hatte sich gegen den Deal und dessen Bewertung gestellt.Die Zustimmung zur Kapitalerhöhung war die letzte Bedingung, um die Ende Februar angekündigte Übernahme von UPC Schweiz vollziehen zu können. Der Aktienkaufvertrag habe ein “Long Stop”-Datum per 27. Februar 2020 und bleibe in Kraft, bis eine Partei ihn kündigt, heißt es. Zieht Sunrise jetzt offiziell einen Schlussstrich, wäre eine Strafe von 50 Mill. sfr zu berappen.Der Konzern kam in letzter Minute einer absehbaren Niederlage zuvor. Aufgrund klarer Hinweise von Aktionären und der Ankündigung von Freenet, auf der Generalversammlung gegen die Kapitalerhöhung zu stimmen, sei der Verwaltungsrat zu dem Schluss gekommen, dass die deutliche Mehrheit der Aktionäre, die ihre Aktien zur Abstimmung registriert hatten, die Kapitalerhöhung nicht unterstütze. Indes zieht der Verwaltungsrat den Schluss, dass die Anträge zur Abwahl von Peter Kurer, dem Präsidenten des Verwaltungsrates von Sunrise, und von Verwaltungsratsmitglied Jens Jesper Ovesen durch eine Mehrheit der Anteilseigner, die ihre Aktien zur Abstimmung registriert haben, abgelehnt werden.Dass Freenet, die knapp 25 % hält, sich gegen den teuren Deal stellt, hatte sich schon vor der Einladung zu der Generalversammlung am 30. September abgezeichnet. Zudem hatten sich aktivistische Investoren wie AOC – bekannt aus der Stada-Saga – und Axxion wegen der Höhe der Bewertung gegen den Kauf ausgesprochen. AOC bekräftigte, man erwarte, dass Kurer als Verwaltungsratspräsident umgehend zurücktritt. Banken liegen daneben Ins Leere gelaufen ist damit die von UBS, Deutscher Bank, Morgan Stanley, Credit Suisse und Goldman Sachs unterstützte Transaktion. Auch eine Finanzierungsspritze von Liberty reichte nicht aus, die Transaktion über die Ziellinie zu bringen. Doch zeigte sich der US-Kontern nicht willig, einen Preisnachlass zu gewähren. Sunrise hatte die Kapitalerhöhung bereits verkleinert. Liberty wollte sich mit bis zu 500 Mill. sfr an der Kapitalerhöhung beteiligen und so 7,8 % an Sunrise halten. Freenet hatte dies indes nicht besänftigt. Ursprünglich zielte Sunrise sogar auf eine Bezugsrechtsemission über 4 Mrd. sfr. Die Nummer 2 im Schweizer Markt muss nun auf einen Alleingang setzen. Und Branchenprimus Swisscom bleibt so ein erstarkter Rivale erspart. Swisscom erhalte eine “Du kommst aus dem Gefängnis frei”-Karte, meinen die Analysten von Berenberg. Das Tempo der Marktanteilsverluste an Sunrise und den Mobilfunkanbieter Salt dürfte nun abnehmen. Mit dem UPC-Deal wollte Sunrise dank Bündelangeboten für Mobilfunk, Breitband-Internet, TV und Festnetz Marktanteile gewinnen und den Abstand zu Swisscom verringern. Rücktritte “kein Thema”Wenn sich Investoren sicher sein könnten, dass Olaf Swantee an der Konzernspitze bleibe, der UPC-Deal tot sei und Freenet-Großaktionär bleibe, dann werde sich die Sunrise-Aktie schnell erholen, glauben Experten. Auch Freenet-Chef Christoph Vilanek macht weiteres Potenzial aus: “Wir sind überzeugt: Wenn alle an einem Strang ziehen, kann die Aktie in den nächsten zwölf bis 24 Monaten deutlich steigen.” Freenet habe keine Pläne, ihr Paket zu verkaufen.Swantee bedauerte, dass die Chance vertan wurde, einen starken Wettbewerber zur Swisscom zu schaffen, will aber keine Zeit darauf verwenden, “lange unsere Wunden zu lecken”, heißt es bei Sunrise. “Wir sind erfolgreich am Markt und konzentrieren uns darauf, das Unternehmen zu stabilisieren.” Rücktritte des Managements seien “keine Thema”, und der Verwaltungsrat stehe voll hinter dem Vorstand.Das Fass zum Überlaufen und damit das Vorhaben zum Scheitern brachte zuletzt die Empfehlung des einflussreichen Stimmrechtsberaters ISS, gegen die Transaktion zu stimmen. Sunrise rechnet nicht damit, dass mit Liberty Global im nächsten Jahr neue Verhandlungen aufgenommen werden. Die Strafgebühr für das Scheitern des Deals sowie die bereits angefallenen Kosten für Beratung, Finanzierung und strategische Vorbereitung könnten sich Experten zufolge auf einen Betrag in dreistelligen Millionenhöhe belaufen. Sunrise-Aktie steigtBewertet wurde UPC laut Sunrise mit dem 9,9-Fachen des bereinigten operativen Ergebnisses (Ebitda) 2018 bzw. dem 16,1-Fachen des bereinigten “OpFCF” (operativen freien Cash-flow). Liberty nannte bezogen auf 2019 ein Multiple von 10 im Ebitda und von 22 für den freien Mittelzufluss. Liberty hatte 2005 rund 1,6 Mrd. Dollar in UPC investiert und Dividenden eingestrichen. Die Sunrise-Aktie legte in Zürich um 2,4 % auf 79,50 sfr zu, womit sich die Marktkapitalisierung auf 3,6 Mrd. sfr beläuft. Schon als der Deal angekündigt wurde, setzten Investoren auf Abverkauf: Der Kurs gab damals um mehr als 11 % nach. Die Freenet-Aktie reagierte kaum.