Tarifstreit könnte Ostern überdauern
scd Frankfurt
In den Tarifverhandlungen für die Metall- und Elektroindustrie zeichnet sich eine Woche vor Ostern noch kein Ende der Frontenverhärtung ab. Arbeitgebervertretung und IG Metall haben sich vor dem Wochenende in Nordrhein-Westfalen nach zwölf Stunden Verhandlungen erneut vertagt und liegen nach der sechsten Gesprächsrunde noch immer weit auseinander. In der neuen Woche sollen die Verhandlungen in NRW fortgesetzt werden. Einen Abschluss gebe es aber nicht um jeden Preis, betonte Gewerkschaftschef Jörg Hofmann. Insbesondere beim Entgelt müssten die Arbeitgeber deutlich nachlegen. Laut IG Metall haben diese eine Einmalzahlung von 350 Euro in diesem und dann noch einmal im nächsten Jahr angeboten. Als Laufzeit wurden 17 Monate vorgeschlagen. Das Gehaltsniveau soll dabei stagnieren. Frühestens 2022 sei eine Lohnsteigerung denkbar. „Das, was die Stahl-Arbeitgeber in der letzten Woche angeboten haben, war zu wenig und die Laufzeit zu lange“, sagte Verhandlungsführer Knut Giesler, Bezirksleiter der IG Metall NRW. In Nordrhein-Westfalen schätzen beide Seiten derzeit dennoch die Chance auf eine Einigung am höchsten ein. Der Tarifvertrag dort könne dann zum Modell für ganz Deutschland werden.
Keine erneute „Nullrunde“
Die IG Metall, die bundesweit 3,8 Millionen Beschäftigte vertritt, will sich nicht erneut ohne Anhebung der Tabellenentgelte abspeisen lassen. Im vergangenen März hatten sich die beiden Tarifparteien angesichts der Coronakrise auf eine Nullrunde verständigt. Nach dem Aufschwung wesentlicher, im Flächentarifvertrag abgedeckter Branchen wie der Automobilindustrie im Schlussquartal 2020 sieht die Gewerkschaft wieder Spielraum für Entgeltanhebungen. Die IG Metall fordert bereits für 2021 eine Anpassung des Lohns um 4% – so die Situation im Betrieb dies zulasse. Wo die Lage angesichts der Coronakrise schwierig bleibe, könne etwa eine Viertagewoche mit Teillohnausgleich eine Alternative sein.
Die IG Metall beharrt damit im Wesentlichen auf ihrer Ursprungsforderung. Die Arbeitgeber, die ursprünglich Mehrkosten verhindern wollten, haben sich mit den beiden Sonderzahlungen zumindest etwas bewegt, wenn auch nicht so weit wie von der Gewerkschaft erhofft. Eine Anhebung der Tabellenentgelte ist zumindest nicht vom Tisch.
Mit dem erneuten Scheitern der Gespräche dürften sich die Warnstreiks in der Automobilindustrie vorerst fortsetzen. Die Autobauer und ihre Zulieferer stehen somit vor einer zusätzlichen Herausforderung, um die Bänder am Laufen zu halten. Zuletzt hatten mehrere deutsche Werke pausiert, weil die Halbleiter-Lieferprobleme zu einer Fertigungsunterbrechung zwangen.
Am Donnerstag hatten sich an einem Warnstreik in Stuttgart rund 6000 Menschen beteiligt. Für Freitag hatte die IG Metall zu Arbeitsniederlegungen in zahlreichen Fabriken – darunter alle bayerischen BMW-Werke – aufgerufen. In München, Dingolfing, Landshut, Regensburg und Wackersdorf sollten die Spätschichten je zwei Stunden früher Feierabend machen. Andere Unternehmen, die am Freitag bestreikt werden sollten, sind die Zulieferer Bosch, ZF, Schaeffler und Mann + Hummel. Bereits am Mittwoch hatten Warnstreiks zu Produktionsunterbrechungen bei Volkswagen geführt.
Ein Ende der Warnstreiks ist noch nicht absehbar – auch weil die Gewerkschaft sich auf einem guten Weg sieht. „Warnstreiks wirken – die Nullrunde wackelt“, hieß es vor ein paar Tagen auf ihrer Website.