Japan

Tausche Kunst gegen Steuernachlass

Die Familie Lee beschäftigt ein größeres Finanzproblem: Nach dem Tod von Lee Kun-hee, dem Patriarchen von Südkoreas größtem Konglomerat Samsung, im Oktober müssen Witwe Hong Ra-hee, der Sohn Jae-yong und die Töchter Boo-jin und Seo-hyun eine...

Tausche Kunst gegen Steuernachlass

Von Martin Fritz, Tokio

Die Familie Lee beschäftigt ein größeres Finanzproblem: Nach dem Tod von Lee Kun-hee, dem Patriarchen von Südkoreas größtem Konglomerat Samsung, im Oktober müssen Witwe Hong Ra-hee, der Sohn Jae-yong und die Töchter Boo-jin und Seo-hyun eine Erbschaftsteuer von geschätzt 11 Bill. Won (umgerechnet 8,3 Mrd. Euro) berappen. Für den Aktienbesitz sind 60% Steuer zu zahlen, auf Immobilien und andere Werte werden 50% fällig. Woher nehmen, wenn nicht stehlen?

Moderne Werke

Das meiste Vermögen des alten Lee steckt in seinen Anteilen von 4% am Gruppenflaggschiff Samsung Electronics und von 21% an Samsung Life Insurance. Der Clan könnte einen Teil dieser Papiere verkaufen, um die Erbschaftsabgabe zu finanzieren. Nur würde ihr direkter Einfluss auf die Gruppe entsprechend schrumpfen. Der Machtverlust träfe vor allem Sohn Lee Jae-yong, der seinem Vater als Chairman von Samsung Electronics folgen soll, sobald er im Sommer 2022 seine anderthalbjährige Haftstrafe wegen Bestechung abgesessen hat.

Von außen kommt nun eine Idee, die der Familie gefallen könnte. Eine Gruppe ehemaliger Kulturminister schlug vor, dass die Familie mit der Kunstsammlung des verstorbenen Konzernchefs einen Teil ihrer Steuerschuld begleicht. Die Werke sollen an südkoreanische Museen gehen, die sich die Kunst sonst nicht leisten könnten. Den Grundstein der Sammlung hatte Gründer Lee Byung-chull mit Kunst aus dem alten Korea gelegt, die seit den 1980er Jahren in dem Museum Hoam zu sehen ist.

Sein nun verstorbener Sohn kaufte tausende moderner Werke dazu, darunter ein Porträt von Dora Maar von Pablo Picasso, ein Wasserlilien-Gemälde von Claude Monet, ein Werk von Basquiat und die „Zwei Kerzen“ von Gerhard Richter. Teilweise sind sie schon im „Leeum“ genannten Samsung-Museum ausgestellt. Der Marktwert der Sammlung beträgt laut einem Bloomberg-Bericht bis zu 2,3 Mrd. Euro. Nach der Steuerlogik wären darauf 50% fällig.

Mächtigste Familie

Bis Ende April müssen die Lees mitteilen, wie sie die Erbsteuer bezahlen wollen. Sie dürfen die Summe über fünf Jahre abstottern und könnten sie über Kredite und Dividendenerträge finanzieren. In Er­wartung höherer Ausschüttungen sind die Kurse der Lee-Firmen schon gestiegen. Aber mit der Kunstsammlung könnte der Samsung-Clan die Verpflichtungen auf einen Schlag um mehr als ein Viertel verringern. Bisher ist ein solcher Tauschhandel nicht möglich. Aber der südkoreanische Staat hat das Recht schon mehrmals zurechtgebogen, wenn die Belange seiner mächtigsten Familie im nationalen Interesse standen.