Teamviewer erwartet weit weniger Wachstum im zweiten Halbjahr
scd Frankfurt – Für Teamviewer ist die Zeit coronabedingter Sonderkonjunktur vorbei. Die Billings – die in Rechnung gestellten Umsätze – werden in der zweiten Jahreshälfte nur noch um 22 % über Vorjahr prognostiziert. Im ersten Halbjahr hatten diese noch um 59 % angezogen, wobei sich das Wachstum im zweiten Quartal bereits auf 45 % abgeschwächt hat. Die Wachstumsrate ergibt sich rechnerisch aus der Einschätzung des Unternehmens, dass die Billings in etwa 450 Mill. Euro erreichen sollen. Diese Höhe wird auch für den Umsatz mindestens angepeilt. Um die Hürde zu nehmen, muss Teamviewer im zweiten Halbjahr die Erlöse um gut 11 % steigern – ebenfalls weniger als die 20 % im ersten Halbjahr.Der vorsichtige Ausblick spiegelt auch die unsichere Geschäftslage wider, die sich in den Regionen sehr unterschiedlich darstelle, wie CEO Oliver Steil am Beispiel “Americas” erläutert. Dort nehme Teamviewer ein sehr heterogenes Bild wahr. “Südamerika ist sicher derzeit in einer wirtschaftlich sehr schwierigen Situation. In anderen, wirtschaftlich stärkeren Regionen gibt und gab es auch im Lockdown eine gute Nachfrage.” Dies sei in Lateinamerika anders. In Kanada sei man zurück bei “business as usual”, während es in den USA noch einmal anders aussehe. “Alle unsere Mitarbeiter dort arbeiten noch von zu Hause aus. Und es gibt besonders bei kleinen bis mittelständischen Kunden einen deutlich negativen Effekt auf das Geschäft zu spüren”, erklärt Steil. Festzustellen sei eine Mischung aus Zögerlichkeit, Unsicherheit und Zahlungsproblemen. “Glücklicherweise haben wir das kompensiert durch mehr Geschäft bei größeren Kunden, die immer noch verstärkt auf Remote Work umstellen”, erklärte er. Insgesamt legte die Billings in der Region Americas im Halbjahr um 73 % zu, während sie in EMEA (Europa, Nahost und Afrika) um 56 % sowie in Asien-Pazifik nur um 45 % wuchsen. “In Europa haben wir vielleicht etwas weniger Deals mit Großkunden gehabt, als wir uns das erhofft hatten, dafür waren diese mit Blick auf ihr Volumen deutlich größer als etwa in den USA”, erklärt Steil.Weit überdurchschnittlich ist im zweiten Quartal erneut der operative Cash-flow gewachsen, der im Quartal um 126 % auf 55,3 Mill. Euro anzog und sich auch im Halbjahr auf 110 Mill. Euro mehr als verdoppelt hat – und dies, obwohl Teamviewer den Kunden im zweiten Quartal wegen der krisenbedingten Sondersituation weit entgegenkam. Teamviewer habe ganz bewusst darauf verzichtet, den Kunden den Zugang zur Software wegzunehmen, wenn diese zwei bis drei Monate nicht gezahlt hatten, erzählt Finanzvorstand Stefan Gaiser. “Das haben wir Ende Juni dann wieder geändert. Die Zahlungsmoral ist insgesamt aber sehr gut.” Die Ausfallquote sei im zweiten Quartal deutlich gesunken. “Es gibt zwar Kunden, die bei kleineren Beträgen um eine Ratenzahlung ersuchen, aber das sind bislang noch Einzelfälle. Ich sehe hier keine größere Welle auf uns zukommen”, so der Finanzvorstand.Hohe Erwartungen setzt das Unternehmen in die unlängst für knapp 137 Mill. Euro übernommene Ubimax. Der Bremer Datenbrillen-Spezialist soll die Billings im laufenden Jahr um mehr als vier Fünftel auf 11,2 Mill. Euro steigern. Teamviewer erhofft sich im ersten Schritt primär Umsatzsynergien. Die kleinere Ubimax soll vom Zugriff auf die deutlich breiter aufgestellte Vetriebsmannschaft des MDax-Konzerns profitieren. Eine langwierige Integration erwartet Steil nicht. “Mit Blick auf Produkte, Märkte und auf die Firmenkultur denke ich, dass das ein sehr guter Fit ist. Daher glaube ich, dass die Integration sehr gut vorankommen wird. Alle im Team sind sehr motiviert”, sagt er.Trotz der laufenden Integration sieht er Teamviewer in der Lage, noch weitere Unternehmen zu integrieren. “Wir schauen uns auch um, aber der Markt ist mit den ganzen Corona-Effekten sehr unübersichtlich. Wenn wir ein passendes Unternehmen, vorzugsweise aus dem Enterprise-Segment, finden, würden wir das sicherlich in Erwägung ziehen.” Allerdings bestehe “überhaupt keine Eile”.