Tech-Branche scannt den Automarkt
Hyundai-Partner Aptiv erwartet erste Robo-Taxis 2023 auf der Straße, Bosch rechnet erst in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts mit ihrer Verbreitung, während Intel-Tochter Mobileye fahrerlose Fahrten schon 2022 möglich machen will. Auf der Konsumelektronikmesse CES stürzen sich Elektronikzulieferer auf das Thema autonomes Fahren, das bei den Herstellern, die sich stärker auf E-Mobilität fokussieren, zuletzt weniger en vogue war. Von Sebastian Schmid, Frankfurt”Manche Hersteller unterschätzen, wie schnell Level-4-Systeme verfügbar sein werden”, hat Mobileye-Manager Johann Jungwirth unlängst dem Branchen-Magazin “Automobil Industrie” anvertraut. Mit ihren Robo-Taxis will Mobileye 2022 fahrerlos unterwegs sein, ein automatisiertes Fahrsystem für Privatfahrzeuge soll ab 2025 verfügbar gemacht werden. Auf der virtuellen Konsumelektronikmesse CES zeigt der Konzern mit Sitz in Jerusalem einen Lidar-Sensor als System-on-a-Chip, der den Preis für die kostspielige Technologie so weit senken soll, dass diese ab Mitte des Jahrzehnts günstig genug für den Einsatz in Privatfahrzeugen ist.Während viele Autohersteller derzeit stärker auf den Ausbau ihrer Elektroauto-Flotte fokussiert sind, haben sich neben dem Marktführer für visuelle Sensoren in der Automobilindustrie auch zahlreiche andere Elektronikkomponentenhersteller auf der CES eingefunden, um ihren jüngsten Beitrag zur fahrerlosen Zukunft des Automobils vorzustellen. Die Beratungsgesellschaft McKinsey prognostiziert den Elektronikkomponenten im Auto für dieses Jahrzehnt ein mehr als doppelt so hohes Wachstum wie der Branche insgesamt (siehe Grafik).Neben Mobileye hat etwa der koreanische Lidar-Sensor-Anbieter Soslab ein kompaktes System vorgestellt, das neben einer geringen Baugröße auch eine hohe Stabilität mangels beweglicher Teile haben will und mit einem CES Innovations Award ausgezeichnet wurde. Das bislang nur als Prototyp verfügbare Modul soll leicht massengefertigt werden können und somit auch interessant für die Automobilindustrie sein. Ebenfalls zurück auf der CES ist das Münchener Start-up Blickfeld, das für seinen ebenfalls sehr kompakten Lidar-Sensor im Vorjahr einen der Innovationspreise verliehen bekam. Dieses Jahr präsentiert das Unternehmen eine ganze Lidar-Suite bestehend aus Mid-Range- und Long-Range-Sensoren mit einer Erkennung von Fahrzeugen in bis zu 150 Metern Entfernung. Komponenten-Mix variiertDie bisherigen Fahrassistenzsysteme setzen auf einen Mix aus Kameras, Radar- und Lidar-Sensoren, hochpräzise Navigationskarten und Mobilfunktechnologie. Allerdings setzen die verschiedenen Anbieter in unterschiedlichem Ausmaß auf die verschiedenen Teile. Mobileye verspricht etwa, dass ihr System unabhängig von externen Faktoren wie einer 5G-Mobilfunkverbindung sein soll. Das ultimative Ziel ist es, die Technologie so günstig zu machen, dass sie in jedem Auto verbaut wird und vom Kunden im Anschluss als Service gebucht werden kann. Bei Lidar-Sensoren setzt Mobileye auf Luminar Technologies, die Anfang Dezember ihr Börsendebüt an der Nasdaq gegeben hatte und den 25-jährigen Firmengründer Austin Russell zu einem der jüngsten Milliardäre der Welt gemacht hat.Der Mobileye-Wettbewerber Aptiv, der vergangenes Jahr ein Joint Venture mit Hyundai gegründet hat, setzt derweil weniger stark auf Lidar-Sensoren und mehr auf eine Kombination aus Radar und Kameratechnologie, bei der Lidar als Ergänzung weniger Bedeutung zukommt. Aptiv hat auf der CES erklärt, man wolle 2023 mit Robo-Taxis auf der Straße unterwegs sein, erwartet aber erst 2030, dass diese Technologie auch in Privatautos Einzug hält.Auch der weltgrößte Autozulieferer Bosch sieht neben der Elektromobilität das autonome Fahren weiter als bedeutendstes Wachstumsfeld. Geschäftsführer Michael Bolle hat auf der CES indes erklärt, er rechne mit einer kommerziellen Verbreitung der Robo-Taxis erst in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts. Auch wenn der Zeitpunkt, wann der Durchbruch ansteht, noch strittig ist, sind sich die Elektronikkonzerne in einem Punkt einig: Das autonom fahrende Auto kommt in diesem Jahrzehnt, und das sind goldene Aussichten.