Tele Columbus schluckt Primacom

Barpreis von 711 Mill. Euro - Kapitalerhöhung geplant - Kabel-Konsolidierung kommt voran

Tele Columbus schluckt Primacom

Die Konsolidierung des deutschen Kabelmarktes kommt voran. Tele Columbus, die Nummer 3 hinter Unitymedia und Kabel Deutschland, schluckt den kleineren Wettbewerber Primacom für gut 700 Mill. Euro in bar. Die Aktionäre des Börsenneulings feierten den Deal mit einem Kurssprung von 7,3 %.hei Frankfurt – Erneut kommt Bewegung in den deutschen Kabelmarkt. Börsenneuling Tele Columbus schluckt den kleineren Wettbewerber Primacom, der ebenso wie der Berliner Kabelnetzbetreiber selbst von Finanzinvestoren dominiert wird. Der Kaufpreis von 711 Mill. Euro wird bar gezahlt und bezieht sich den Angaben zufolge auf einen Unternehmenswert ohne Schulden und Barmittel von Primacom.Damit erhalten die Gesellschafter, zu denen Alcentra, Avenue Capital, Tennenbaum und Goldman Sachs gehören, für das Eigenkapital rund die Hälfte dieser Summe, denn Primacom hatte zuletzt Schulden von 350 Mill. Euro. Der Kaufpreis spiegelt die finanziellen Kräfteverhältnisse, denn Tele Columbus ist bei Umsatz und operativem Ergebnis knapp doppelt so groß wie Primacom. Die Marktkapitalisierung liegt aktuell bei 767 Mill. Euro.Mit dem Zusammenschluss entstehe eine “starke Nummer 3” im Markt mit insgesamt rund 2,8 Millionen angeschlossenen Haushalten, teilt Tele Columbus mit. Die Unternehmen rechnen mit einem zeitnahen Abschluss der Transaktion zum 31. Juli, da sie keiner behördlichen Genehmigung bedürfe.Der Berliner Kabelnetzbetreiber zahlt nach eigenen Berechnungen das 11-fache operative Ergebnis von Primacom auf Basis 2015 (geschätztes Ebitda), wobei umfangreiche Synergien auf ein entsprechendes Multiple von 8,7 hinauslaufen sollen. Aufgrund der Überschneidung der Kabelnetze vor allem im Osten sowie sonstiger operativer Redundanzen rechnet das Management mit Synergien von insgesamt jährlich 17,5 Mill. Euro, die spätestens bis 2017 voll gehoben werden sollen. Wie Finanzvorstand Frank Posnanski der Börsen-Zeitung sagte, will Tele Columbus die Finanzierung des Kaufs mit einem Mix aus Schuldenerhöhung und einer Equity Bridge stemmen. Letztere soll 125 Mill. Euro zur Verfügung stellen, die durch eine für den Herbst geplante Kapitalerhöhung abgelöst werden. Bis zu 28 Millionen AktienBei dieser Emission aus genehmigtem Kapital können Posnanski zufolge bis zu 28 Millionen Aktien ausgegeben werden. Der Erlös soll auch einen Teil der kurzfristig erhöhten Schulden wieder zurückführen. Neben der Equity Bridge werde Tele Columbus zum einen den Senior Loan, der im Zuge der finanziellen Restrukturierung infolge des Börsengangs auf 375 Mill. Euro gedrückt worden war, wieder erhöhen. “Wir dehnen hier unseren Leverage, der Ende März beim 2,9-fachen Ebitda lag, auf 4 bis 4,5 aus. Darüber hinaus nehmen wir weiter nötige Mittel über einen Second Lien auf. Diesen werden wir dann mit der Kapitalerhöhung zumindest teilweise wieder ablösen”, erläutert der Finanzchef.Der Berliner Kabelnetzbetreiber hatte im vergangenen Jahr 213 Mill. Euro umgesetzt und daraus ein “normalisiertes” Ebitda von 99 Mill. Euro gezogen. Primacom setzte 132 Mill. Euro um und verdiente entsprechend 55 Mill. Euro. Tele Columbus war aufgrund deutlich erhöhter Zinslasten und der Kosten des Börsengangs in die roten Zahlen gerutscht. Beim IPO wurden brutto 367 Mill. Euro eingenommen, von denen das Gros – 250 Mill. Euro – zur Senkung der Schuldenlast verwendet wurde.Mittelfristig strebe Tele Columbus wieder eine Verschuldungsgrenze in Höhe es 3- bis 4-fachen Ebitda an, um weiter Spielräume für Investitionen zu haben. Das Unternehmen kann sich auch weitere Zukäufe durchaus vorstellen. Mögliches Ziel wäre nach Einschätzung von Beobachtern u.a. der kleinere Konkurrent Pepcom, der vor allem im Süden, aber auch in Leipzig stark vertreten ist. Tele Columbus selbst soll auch weiter im Visier des Kabelriesen Liberty Global stehen, der sein Engagement in Deutschland ausbauen will (vgl. BZ vom 2. Juni). Liberty gehört Unitymedia. Der Konzern, der auch einen Schulterschluss mit Vodafone ins Auge gefasst hat, sitzt zugleich den Briten hierzulande ebenso im Nacken wie auch der Deutschen Telekom.—– Wertberichtigt Seite 8