Telekom zeigt Widerstandskraft in der Krise
Die Deutsche Telekom kommt nach eigener Einschätzung in der Coronakrise mit eher geringfügigen Blessuren davon und hält an ihrer Jahresprognose eines bereinigten Ebitda AL von 25,5 Mrd. Euro fest. Konzernchef Tim Höttges will auch die Chancen der Krise nutzen, die er unter anderem in einer schnelleren Digitalisierung des Mittelstands sieht.hei Frankfurt – Die Deutsche Telekom ist mit einem prozentual zweistelligen operativen Ergebnissprung ins Jahr gestartet. Das bereinigte operative Ergebnis vor Abschreibungen after Leases (bereinigtes Ebitda AL) kletterte um 10,2 % auf 6,5 Mrd. Euro bei einem vergleichsweise moderaten Umsatzanstieg von 2,3 %. Der Ergebnisbeitrag von T-Mobile US lag schon vor der Konsolidierung von Sprint, die im zweiten Quartal erfolgen soll, bei 48 %. Im Gesamtjahr soll die neue US-Tochter dann mehr als die Hälfte zum Ergebnis des Konzerns beitragen.Nach dem fulminanten Jahresstart bekräftigt die Telekom ihre Prognose eines bereinigten Ebitda AL von 25,5 Mrd. Euro auf Basis konstanter Wechselkurse im Gesamtjahr, wobei die Aktivitäten außerhalb der USA 13,9 Mrd. Euro beisteuern sollen. Auch an der für 2019 vorgesehenen Dividende von 0,60 Euro je Aktie, der die nun für den 19. Juni angesetzte virtuelle Hauptversammlung noch zustimmen muss, will der Vorstand nicht rütteln. An der Börse wurde dies mit Beifall aufgenommen. Die T-Aktie setzte sich mit einem Plus von 1,4 % an die Dax-Spitze.Ganz ohne Einfluss bleibt die Coronakrise auch auf die Telekom nicht. Am deutlichsten spürbar sind laut Finanzchef Christian Illek ein Einbruch der Roaming-Entgelte, die im März und April um 80 % unter Vorjahr lagen, sowie geringere Umsätze in den seit Ende März geschlossenen Telekom-Shops. Davon betroffen wäre maximal ein Jahresumsatz von knapp 4 Mrd. Euro, allerdings eine hypothetische Zahl, weil die Lockerungen bereits greifen. Noch ungewiss ist der Einfluss auf das Geschäft der angeschlagenen Geschäftskundensparte T-Systems, bei der theoretisch 9 Mrd. Euro im Feuer stehen. Dies dürfte sich allerdings kaum materialisieren.Dennoch bedeutet die Krise für die im Umbau befindliche Tochter einen empfindlichen Rückschlag, weil viele Großkunden IT-Projekte verschieben. Der Auftragseingang der Sparte schrumpfte im Quartal um 13,4 % auf 1,4 Mrd. Euro. Der Umsatz trat mit 1,63 Mrd. Euro auf der Stelle, obwohl neue Wachstumsfelder wie die Public Cloud 28 % zulegten. Beim bereinigten Ebitda AL gelang dank Sparmaßnahmen ein Sprung von fast 10 % auf organischer Basis bzw. 8,7 %. Absolut steuert die Tochter damit aber nur 100 Mill. Euro bei.Höttges verwies dafür in einer Telefonkonferenz auf die starke Performance in allen anderen Geschäftsfeldern, allen voran in den USA, deren operatives Ergebnis auf organischer Basis um 14,5 % vorankam. Im Heimatmarkt gelang ein entsprechendes Ergebnisplus von 2,7 %, im Segment Europa von 3,4 %, die kleine Sparte Group Development, wo sowohl die Tower-Gesellschaften als auch T-MobileNL angehängt sind, steigerte ihr Ergebnis um 5,2 %. Im Heimatmarkt habe die Telekom “alle anderen Wettbewerber abgehängt”, betonte Höttges. Dies gelte etwa im Vergleich zu Vodafone sowohl beim Wachstum der Mobilfunkerlöse, die die Telekom um 1,7 % steigern konnte, als auch beim Kundenzuwachs im Breitbandgeschäft oder im TV-Geschäft. Im Festnetz stiegen die Service-Erlöse um 1,2 %, der Marktanteil im Breitbandgeschäft kletterte wieder über 40 %. Gesamtverschuldung steigtWährend sich in den USA die Shop-Schließungen infolge der Coronakrise in einem geringen Gesamtumsatzzuwachs niederschlugen, kletterten die Service-Erlöse dort um 5,9 %. Der Vorstand erwartet, dass die Integration von Sprint zügig voranschreitet. T-Mobile US hat unmittelbar nach Bekanntgabe des Closings ihre Finanzierungsstruktur neu ausgerichtet, auch weil eine Reihe von Sprint-Anleihen mit Change-of-Control-Klauseln versehen waren. Der vorgesehene Überbrückungskredit wurde durch die Emission von Anleihen im Volumen von 19 Mrd. Dollar ersetzt, so dass er nicht in Anspruch genommen werden musste. Wie Illek betonte, war die Nachfrage sehr groß. Das Orderbuch sei mit 70 Mrd. Dollar gefüllt gewesen, für die Telekom ein Beweis, “dass der Markt die Perspektiven für die neue Nummer 3 im US-Markt sehr positiv einschätzt”, so Höttges. Den Kupon bezifferte Illek im Durchschnitt über alle Tranchen auf knapp 4 %. T-Mobile US habe nun ein sehr ausgewogenes Fälligkeitsprofil.Dagegen ist die gestiegene Gesamtverschuldung der Telekom für die Investoren das Haar in der Suppe. Die Nettofinanzverbindlichkeiten erhöhten sich im Konzern gegenüber Ende 2019 um 1,4 Mrd. auf 77,4 Mrd. Euro, ein Plus von 8,6 %. Gemessen am bereinigten Ebitda ergibt sich ein Faktor von 2,64. Damit liege die Telekom im kommunizierten Korridor, so Illek. Bemerkbar machten sich die gestiegenen Leasingverpflichtungen aufgrund des Netzausbaus in den USA sowie der Dollarkurs bei der Umrechnung der Schulden von T-Mobile US.Auch der Rückgang des Free Cash-flows um 17,3 % auf 1,3 Mrd. Euro stieß einigen Analysten sauer auf. Dies resultiert jedoch daraus, dass die Telekom auf Forderungsverkäufe wie zuletzt nun verzichtet hat. Im Gesamtjahr bleibt es bei der Zielgröße von 8 Mrd. Euro, betonte Höttges.Im Hinblick auf die Entwicklung einer Corona-Tracking-App, die die Telekom zusammen mit SAP im Auftrag der Bundesregierung entwickelt, gab sich der Manager zugeknöpft. Es blieb unklar, wann mit Ergebnissen zu rechnen ist. Grundsätzlich unterstrich Höttges die Chancen der Krise. Er betonte, gerade die umfängliche Heimarbeit habe gezeigt, wie wichtig eine schnelle tiefgreifende Digitalisierung sei. Die Telekom lege dafür mit dem Netzausbau den Grundstein. Geschäftliche Chancen sieht Höttges vor allem in Produkten für den Mittelstand, der zu einem anderen Tempo in der Digitalisierung übergehen werde.