Telekomchef fordert ein „DOGE für Europa“
„Wir brauchen ein DOGE für Europa“
Telekom-Schwergewichte fordern „Erlaubnis für Größe“ − EU-Vize Virkkunen signalisiert Erleichterungen
Die Chefs von Europas Telekomriesen beklagen auf dem Mobile World Congress (MWC) in Barcelona eine massive Überregulierung ihrer Branche und fordern einen Paradigmenwechsel in der Kartellpolitik, um in der Skalierung der Unternehmen gegenüber anderen Weltregionen aufzuholen und Investitionen rentabel zu machen.
hei Barcelona
Europas Telekomriesen appellieren auf dem MWC an die EU-Kommission, das Regulierungsdickicht zu lichten und fordern insbesondere in der Kartellpolitik „endlich“ ein Umdenken. Telekomchef Tim Höttges beklagte auf einem gemeinsamen Panel mit dem neuen Telefonica-CEO Marco Murtra, Vodafone-Lenkerin Margherita della Valle und Orange-CEO Christel Heydemann, dass die Telekom „insgesamt 270 Regulatoren“ zu dienen habe. Eine Entlastung der Branche sei überfällig. „Wir brauchen ein DOGE für Europa“, forderte er mit Blick auf das „führende Ökosystem in den USA“, das Europa weit abgehängt habe.
Dringende Änderungen sind nach Ansicht von Höttges fällig im europäischen Spektrumsregime, wo sich die Versteigerung als Einnahmequelle für den Staat etabliert habe, ohne dass die Unternehmen in den Besitz der Ressourcen kommen - im Gegensatz zu den USA, wo Spektrum käuflich sei. Noch wichtiger ist in den Augen von Höttges ebenso wie in denen von della Valle allerdings für die Branchenunternehmen in Europa eine „Erlaubnis für Größe“, also die Möglichkeit durch M&A untereinander zu skalieren. „Und da spreche ich nicht von grenzüberschreitenden Fusionen, sondern von Zusammenschlüssen innerhalb von Märkten“, unterstrich Höttges. Mit Blick auf die gescheiterte Initiative auf dem zurückliegenden MWC, als die Telekomfirmen von den sogenannten OTT-Playern wie Netflix, Youtube oder Meta, die die Netze für ihren Content nutzen, ohne dafür zu bezahlen, einen „Faire Share“ gefordert hatten, sagte er: „Wenn wir die Preise für die Kunden nicht erhöhen können und keine Gebühr von den OTT-Playern bekommen, brauchen wir die Möglichkeit, durch Synergien effizienter zu werden“. Della Valle wies daraufhin, dass Großbritannien einen veränderten Ansatz in der Wettbewerbspolitik erkennen lasse, indem die Kartellwächter Vodafone dort die Fusion mit Three UK erlaubt haben.
Christel Heydemann kritisierte, die Branche sei in einer Situation, in der Investitionen vom Kapitalmarkt betraft würden. Gleichwohl werde der Investitionsbedarf für 5G und Glasfaser von der GSMA für Europa bis 2030 auf rund 200 Mrd. Euro taxiert. Sie unterstrich ebenso wie der Telefonica-CEO die „an sich starke Position“ der Netzbetreiber zwischen den Hyperscalern auf der einen und den Nutzern auf der anderen Seite und betonte, dass die Branche daher auch eine führende Rolle bei der „Verbreitung von KI-Anwendungen“ spielen werde. Murtra räumte unterdessen ein, dass Veränderungen in der Regulierung mit Risiken verbunden seien. „Dennoch müssen wir Risiken eingehen, die Regulierung muss sich ändern“, erklärte der Manager, der weitaus moderater auftritt als sein Vorgänger Jose Maria Alvarez-Pallete, der in einer Nacht- und Nebelaktion gefeuert wurde. Unterdessen offenbart die Politik in Europa und den USA eine wachsende Kluft. Während die neue EU-Vizechefin Henna Virkkunen zuvor auf dem MWC eine „Erleichterung und Vereinfachung“ von Regulierung in Aussicht stellte, machte der neue Boss der US-Federal Communications Commission Brendan Carr deutlich, dass neben „Vereinfachung“ auch „Scale“ zu seinen Prioritäten zähle.
Damit wächst aus Sicht der Europäer der Druck eines vorteilhafteren Wettbewerbsumfelds.