Telekom-Chef schießt gegen Kartellamt
Telekom-Chef schießt gegen Kartellamt
"Einseitige Sichtweise" mit Blick auf Netzinfrastruktur – Konzern hebt Prognose leicht an
Die Telekom setzt auf Infrastrukturwettbewerb. Konzernchef Tim Höttges wehrt sich gegen Vorwürfe zum Überbau von Glasfaser und kritisiert auch eine "einseitige Sichtweise" des Bundeskartellamts zu den Weichenstellungen im Mobilfunk. Operativ läuft es dank starker Zahlen der US-Tochter für die Telekom rund.
hei Frankfurt
Die Deutsche Telekom hat im dritten Quartal vor allem beim Free Cashflow einen großen Sprung gemacht. Er stieg um 61,4% auf 4,7 Mrd. Euro, was vor allem die Folge sinkender Investitionen in den USA ist. Denn dort ist der 5G-Netzausbau weit fortgeschritten. Das spiegelt sich in sinkenden Investitionen (Cash Capex), die im Konzern um mehr als ein Viertel rückläufig sind. Umsatz und Ergebnis waren dagegen im Quartal von negativen Währungseinflüssen beeinträchtigt. Die Konzerneinnahmen fielen um 4,9% auf 28,98 Mrd. Euro, das bereinigte operative Ergebnis vor Abschreibungen und after Leases (bereinigtes Ebitda AL), die wichtigste Ertragskennzahl der Telekom, blieb mit 10,49 Mrd. Euro stabil.
Beim Jahresziel für diese Kennziffer, das Währungseffekte ausklammert, legt die Telekom aufgrund einer ermutigenden Geschäftsentwicklung in den USA dagegen die Latte zum dritten Mal im Jahresverlauf höher. Das bereinigte Ebitda AL soll nun bei 41,1 Mrd. Euro landen, nach zuvor 41 Mrd. Euro. Konzernchef Tim Höttges hob im Pressegespräch hervor, dass die Telekom in den ersten neun Monaten auf organischer Basis positive Vorzeichen beim operativen Ergebnis zu verzeichnen habe. Das bereinigte Ebitda AL ist in dieser Betrachtung um 3,7% vorangekommen. Die hochmargigen Service-Erlöse legten konzernübergreifend um 3,3% zu.
Neben einem gewohnt starken Kundenzustrom in den USA hebt Höttges auch "Kundenwachstum auf allen Ebenen" im Heimatmarkt hervor. Die Telekom hat erstmals seit der Marktliberalisierung netto "keine Anschlussverluste" mehr verzeichnet, erklärte Finanzvorstand Christian Illek. Die Kundenzuwächse spiegeln sich in erhöhten Service-Erlösen von 2,9% im Mobilfunk und 2,1% im Festnetz.
Höttges unterstrich, dass die Telekom auf Infrastrukturwettbewerb setze und deshalb ungebremst sowohl im Festnetz als auch im Mobilfunk in den Ausbau investiere. Dafür seien insbesondere die Spektrumsressourcen im Mobilfunk knapp. Eine zeitnahe neue Lizenzauktion lehnt der Manager daher ebenso wie die beiden anderen etablierten Netzbetreiber ab. Er warf dem Bundeskartellamt eine "einseitige Sichtweise" vor, denn die Behörde hatte die Bundesnetzagentur dafür kritisiert, dass sie eine Verschiebung der eigentlich fälligen Versteigerung vorgesehen hat, zum Nachteil des Newcomers 1&1, der damit beim Netzausbau behindert sei. Höttges kritisiert dagegen, dass eine Lizenzauktion erneut Milliarden erfordern würde, die besser in die Infrastruktur fließen sollten. Er warnte erneut davor, dass es "Europa in der Digitalisierung an Geschwindigkeit fehlt", ein Grund seien die Rahmenbedingungen für Investitionen.
Derweil steht die Telekom zu ihren Ausbauzielen bei Glasfaser. Bis Jahresende sollen 2,5 Millionen Anschlüsse gebaut sein. Zum Ende des dritten Quartals war die Zahl der Kunden mit Glasfaseranschluss gegenüber Vorjahr um 41% auf 910.000 gestiegen. Allerdings klafft bei der Telekom eine wachsende Lücken zwischen bereitgestellten und tatsächlich gebuchten Anschlüssen. Höttges räumte ein, dass "wir hier im Marketing noch besser werden müssen". Er bekannte sich indes ausdrücklich zum Überbau von Infrastruktur der Wettbewerber, der von diesen scharf kritisiert wird. Überbau mache nur 2% des Glasfaserausbaus aus. Auch die Telekom müsse sich hier dem Wettbewerb stellen.
Bei der Reduzierung ihrer Finanzverbindlichkeiten ist die Telekom vorangekommen. Sie lagen ohne Leasing mit 96,9 Mrd. Euro um 11,5% unter dem Stand vom 30.9.2022. Das Verhältnis dieser Schulden zum bereinigten Ebitda AL hat sich auf den Faktor 2,4 gegenüber 2,79 vor Jahresfrist verbessert, wie Illek hervorhob. Derweil entsprachen die Nettoschulden dem 2,94-fachen bereinigten Ebitda. Ziel ist hier bis Ende 2024 ein Korridor von 2,25 bis 2,75. Die Zinswende hat die Telekom unterdessen durch einen erhöhten Anteil festverzinslicher Darlehen auf 92% (zuvor 59%) mit einer durchschnittlichen Zinsbindung von 7,2 Jahren abgefedert.