IM INTERVIEW: NICOLÁS BURR

Terminalpartnerschaften im Visier

Der CFO von Hapag-Lloyd über die neue Strategie, die operative Entwicklung und den Schuldenabbau

Terminalpartnerschaften im Visier

Die Konsolidierungswelle in der Containerschifffahrt scheint auszulaufen, doch große Containerreedereien streben zusätzliche Einsparungen ein, etwa durch Terminalpartnerschaften zum schnelleren Be- und Entladen von Schiffen. Hapag-Lloyd-Finanzchef Nicolás Burr äußert sich zu laufenden Entwicklungen. Herr Burr, wie bewerten Sie den Start in das Geschäftsjahr 2019?Wir sind sehr ordentlich in das Jahr gestartet und haben im ersten Quartal mit 96 Mill. Euro ein gutes Konzernergebnis erzielt, ebenso wie ein gutes operatives Ergebnis in Höhe von 214 Mill. Euro. Wesentliche Treiber waren höhere Transportmengen, bessere Frachtraten und ein stringentes Kostenmanagement. Inwiefern haben sich seit der Vorlage der Jahresbilanz 2018 Ende März Ihre Einschätzungen für die Transportmenge verändert?Wir gehen für das Jahr 2019 weiterhin von einem leichten Anstieg der Transportmengen im Rahmen des allgemeinen Marktwachstums aus. Gleichwohl beobachten wir natürlich geopolitische Entwicklungen wie beispielsweise die Handelsbeschränkungen zwischen den USA und China sehr genau. Wie beurteilen Sie die Entwicklung der Bunkerverbrauchspreise?Der durchschnittliche Bunkerpreis lag im ersten Quartal bei 425 Dollar pro Tonne und damit um 53 Dollar höher als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Für 2019 rechnen wir insgesamt mit einem leichten Anstieg gegenüber dem Vorjahr. Hapag-Lloyd führt in Anbetracht der von 2020 an geltenden Regeln zur Verringerung des Schwefelgehalts für Schiffskraftstoffe eine neue Kostenberechnung für Kunden ein. Wie verläuft die Umstellung auf den Marine-Fuel-Recovery-(MFR-)Mechanismus?Die Umstellung verläuft gut und wir treffen auf eine hohe Akzeptanz im Markt und bei unseren Kunden. Hierbei hilft uns natürlich, dass wir mit unserem MFR-Mechanismus ein besonders transparentes und leicht verständliches System für die Kostenkalkulation entwickelt haben. Für 2019 hat Hapag-Lloyd bislang einen leichten Frachtratenanstieg prognostiziert. Worauf basiert Ihre aktuelle Einschätzung?Wir gehen davon aus, dass die Kombination von leicht steigenden Transportmengen mit einem im Vergleich zum Vorjahr geringeren Anstieg der weltweiten Transportkapazität zu einer leicht steigenden durchschnittlichen Frachtrate im Jahr 2019 führen wird. Wie beurteilen Sie die Perspektiven für Schiffsauslieferungen und Verschrottungen in diesem Jahr?Nach einer Erhöhung der Transportkapazitäten – nach Verschrottungen und Verschiebungen von Auslieferungen – im Jahr 2018 um rund 1,2 Mill. auf 22 Mill. TEU rechnen Analysten für das laufende Jahr mit einer nominalen Zunahme der Transportkapazitäten um bis zu rund 0,7 Mill. TEU. Bezogen auf die Gesamtkapazität der Welthandelsflotte entspricht dies einem Anstieg von rund 3,2 %. Damit sollte der Anstieg in diesem Jahr geringer ausfallen als im Vorjahr. Bezüglich potenzieller Verschrottungen erwarten wir, ähnlich wie die meisten Marktexperten, im Jahr 2019 einen Anstieg im Vergleich zum Vorjahr. Insbesondere aufgrund der verschärften Bestimmungen durch IMO (International Maritime Organization, Anm. d. Red.) 2020 wird die Ineffizienz älterer Schiffe weiter steigen. Welche Fortschritte macht der Plan, gemäß der im vorigen Herbst vorgestellten Strategie vom Jahr 2021 an zu jährlichen Einsparungen von 350 bis 400 Mill. Dollar zu kommen?Erste Maßnahmen sind bereits implementiert. Bislang sind wir voll im Plan. Wir werden im weiteren Jahresverlauf detaillierter über den Fortschritt der Maßnahmen berichten. Mit welchen Verbesserungen ist 2019 bei Terminalpartnerschaften, Einkauf und Containersteuerung zu rechnen?Bezüglich der Terminalpartnerschaften kann man bereits erwähnen, dass wir erfolgreich diverse Pilotprojekte durchgeführt haben, zum Beispiel in den Häfen Singapur, Jebel Ali oder Colombo. Wir erhoffen uns aus einer engeren Kooperation mit den jeweiligen Terminalbetreibern eine schnellere und effizientere Be- und Entladung der Schiffe im Hafen. Auch durch einen umfangreichen Datenaustausch haben wir im Rahmen unserer Pilotprojekte Zeit- und Kostenersparnisse identifiziert. Im weiteren Jahresverlauf gilt es nun, diese Erkenntnisse auf andere Häfen auszuweiten. Ähnliche Projekte haben wir auch den Bereichen Einkauf und Containersteuerung gestartet. Bei der Containersteuerung haben wir beispielsweise neun Initiativen gestartet, die alle auf die Reduzierung von Leercontainerbewegungen abzielen, denn diese Kosten uns jährlich sehr viel Geld. Wie bewerten Sie die Entwicklung des Bündnisses “The Alliance” mit den Reedereien Yang Ming, NYK, MOL und K-Line?Mit der Entwicklung sind wir zufrieden. Wir fahren voll integriert, haben attraktive Produkte in zahlreichen Märkten eingeführt. Im vergangenen Jahr übertraf der Free Cash-flow nach Zinszahlungen Analystenschätzungen. Womit ist 2019 zu rechnen?Im ersten Quartal 2019 haben wir einen Free Cash-flow von 401 Mill. Euro erzielt. Darin enthalten sind jedoch auch positive Effekte durch die Erstanwendung des Rechnungslegungsstandards IFRS 16 ab dem 1. Januar 2019, die rund 105 Mill. Euro ausmachen. Auch ohne diesen technischen Effekt haben wir mit Blick auf die letzten vier Jahre eines der besten zahlungsmittelgenerierenden Quartale erzielt. Die Tatsache, dass wir einen Großteil unserer Flotte im Eigenbesitz haben, ebenso wie unser starker Fokus auf die weitere Optimierung unserer Kostenstruktur und unseres Nettoumlaufvermögens haben dazu wesentlich beigetragen. Welche Initiativen zur Optimierung der Finanzierungskosten sind zu erwarten?Wir werden weiterhin konsequent an unserem Ziel des Schuldenabbaus arbeiten. Dabei werden wir, sofern möglich, insbesondere teure Finanzverbindlichkeiten bevorzugt zurückführen. Ein erster Schritt war hier die im Februar dieses Jahres erfolgte Teilrückzahlung unserer in 2022 fälligen Unternehmensanleihe. Der Faktor der Nettoverschuldung zum Ebitda lag Ende 2018 bei 4,6 (i.V. 5,7). Was erwarten Sie 2019?Im Zuge der Umsetzung unserer Strategy 2023 haben wir uns das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2023 beim Verhältnis von Nettoverschuldung zu Ebitda eine Quote von kleiner als 3.0x zu erreichen. Durch die Erstanwendung des IFRS-Rechnungslegungsstandards 16 wird diese Kennzahl jedoch auch durch einen technisch bedingten Anstieg von sowohl Finanzverbindlichkeiten als auch Ebitda bei gleichzeitig höheren Abschreibungen beeinflusst. Wir werden im Laufe des Jahres die notwendigen Elemente bereitstellen, um diese Ziele weiterhin auf derselben Grundlage zu messen. Das Interview führte Carsten Steevens.