Quantencomputing

Terra Quantum verstärkt sich mit Divis

Die in der Schweiz und Deutschland beheimatete Terra Quantum schluckt Divis Intelligent Solutions. Das ist eine Transaktion, die starke Synergieeffekte besitzt im Markt für (noch) simuliertes Quantencomputing.

Terra Quantum verstärkt sich mit Divis

Terra Quantum verstärkt sich mit Divis

Erster M&A-Deal im Sektor Quantencomputing – Milliardenbewertungen sind heute schon möglich

bg Frankfurt

In der noch jungen Branche für Quantentechnologie ist es zu einer ersten M&A-Transaktion gekommen. Die Schweizer Terra Quantum übernimmt Divis Intelligent Solutions. Über die Details der Transaktion, die im Mai ihr Closing hatte, wurde Stillschweigen vereinbart. Divis gilt als Pionier im Bereich Prozessoptimierung und Algorithmen für maschinelles Lernen. Kunden hat Divis schon in den Bereichen Automobil (BMW, Porsche), Chemie, Konsumgüter, Energie und Kunststoffe.

Der Markt für Quantencomputing gilt als „next big thing“, wobei sich schon in dem frühen Stadium eine geopolitische Komponente ergibt, will doch kein Wirtschaftraum zu spät dran sein, wenn es von der Grundlagenforschung direkt in die Kommerzialisierung geht.

Hohe Bewertungen sind drin

So hatte die Google-Mutter Alphabet einen Spin-off der Quanten-Tochter Sandbox AQ vorgenommen, die im Februar 500 Mill. Dollar Kapital aufnahm. Zu den Investoren der auf eine Bewertung von 4 Mrd. Dollar taxierten Sandbox AQ zählen neben Chairman Eric Schmidt Breyer Capital, T Rowe Price und Time Ventures von Salesforce-Gründer Marc Benioff.

Die mit einem ähnlichen Geschäftsmodell operierende Terra Quantum wurde vor zwei Jahren bei der initialen Series A Insidern zufolge mit 600 Mill. Euro bewertet. Im Februar stieg mit Investcorp ein Private-Equity-Haus bei Terra ein, gefolgt Ende März von einer Erweiterung der Series A auf 75 Mill. Dollar. Von daher sollte sich Terra Quantum bei der Bewertung nicht allzu weit hinter Sandbox AQ einordnen.

„Die Übernahme von Divis ist ein wichtiger Meilenstein für Terra Quantum. Es ist unsere erste Akquisition von Talent und geistigem Eigentum.“

Markus Pflitsch, CEO und Gründer von Terra Quantum

Die Transaktion mit Divis folgt der klassischen M&A-Logik von „Cross-Selling-Synergien“. Terra Quantum erhält Zugang zu den Kunden von Divis für ihre Quantenprodukte, und Divis erhält Zugang zu Terra Quantums Kunden (VW, Uniper, Evonik und Thales) für klassische Algorithmen. Denn in dieser Kombination liegen die technologischen Synergien: Terra Quantum ist ein Anbieter für hybrides Quantencomputing und kann auf bis zu 40 simulierte, fehlertolerante Qubits zugreifen – der stärksten Simulation von Qubits, die heute verfügbar ist. Und Divis ist mit ihrem Fokus auf klassische Algorithmen im automatisierten Machine Learning, die bei KI-Modellen wie ChatGPT oder Bard eingesetzt werden, komplementär zu Terra Quantum. „Nur mit der richtigen Kombination von klassischen- und Quantenalgorithmen kann das volle Potenzial von Quantencomputern in der Anwendung ausgeschöpft werden“, sagt Markus Pflitsch, CEO und Gründer von Terra Quantum.

Qubits bilden mehr ab

Von hybridem Quantencomputing spricht man, weil Terra Software für Quantencomputing herstellt, wofür derzeit noch heutige Supercomputer im Verbund genutzt werden, um Quantenrechner zu simulieren. Herkömmliche Rechner basieren auf Bits, die aus 0 und 1 bestehen. Qubits bilden dagegen auch alles zwischen 0 und 1 ab – daraus ergibt sich eine potenzierte Rechenleistung. Terra Quantum arbeitet dabei auch an der sogenannten Quantenverschlüsselung, also einem Code, der auch von künftigen Quantencomputern nicht geknackt werden kann. Damit könnten dann auch Banken Transaktionen verschlüsseln oder sich staatliche Stellen schützen.

Ein Meilenstein

„Die Übernahme von Divis ist ein wichtiger Meilenstein für Terra Quantum. Es ist unsere erste Akquisition von Talent und geistigem Eigentum“, so Terra-Quantum-CEO Pflitsch. „Wir können es kaum erwarten, unsere evolutionären Algorithmen für klassische Optimierungsprobleme, die sich bei unseren Kunden bewährt haben, auf den Quantenbereich auszuweiten“, sagt Thomas Bäck, Geschäftsführer der Divis Intelligent Solutions. Bäck wird seine Positionen als Geschäftsführer im Unternehmen und als Professor für Informatik am Leiden Institut für Höhere Informatik der Universität Leiden beibehalten.

Den internationalen Experten von Virtual Market Research zufolge wird das Marktpotenzial von Quantum Machine Learning jährlich um 30% wachsen und das Geschäftsvolumen bis 2030 auf 5 Mrd. Dollar ansteigen.

Mit Sitz in Deutschland und der Schweiz hat sich Terra Quantum in drei Kernbereiche aufgestellt. Mit „Quantum Algorithms as a Service“ erhalten Kunden Zugriff auf eine umfangreiche Algorithmen-Bibliothek, etwa für hybride quantengestützte Optimierung und quantengestützte neuronale Netze, die u.a. zur Lösung von komplexen Logistik-Problemen oder der Mustererkennung eingesetzt werden können. Terra Quantum entwickelt überdies neue Quantenalgorithmen für Kunden oder passt bestehende Algorithmen an spezifische Bedürfnisse an. In „Quantum Computing as a Service“ erhalten Kunden Zugang zu proprietären, hochleistungsfähigen simulierten Quantenchips (Quantum Processing Unit – QPU), QPUs des Quanten-Ökosystems. Zudem werden eigene native QPUs entwickelt. Und mit „Quantum Security as a Service“ bietet Terra Quantum ihre Lösungen für sichere Quanten- und Post-Quantenkommunikation weltweit an. An der Stelle hat man kürzlich einen riesigen Meilenstein in der Forschung erreicht.

Auch ohne echte Quantencomputer geht diese Technologie über Simulierung schon in die Kommerzialisierung. Mit dem Zusammenschluss von Terra Computing und Divis Intelligent Solutions dürften sich aufgrund von Synergien auf der Tech- und Kundenseite schnell zusätzliche Erlöse erwirtschaften lassen.

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