Tesla schlägt ein neues Kapitel in China auf
Von Norbert Hellmann, SchanghaiInmitten des eskalierenden Handelsstreits zwischen China und den USA hat der umtriebige Luxuselektroautobauer aus dem Silicon Valley, Tesla, einen spannenden Zeitpunkt gefunden, um seine Pläne für eine künftige Produktion in China festzuzurren. Tesla-Chef Elon Musk hat bei seiner Visite in Schanghai zwar vollmundige Pläne verkündet, ein Werk mit einer Kapazität von 500 000 Fahrzeugen jährlich im Industriegürtel der Riesenmetropole aufzuziehen, ist allerdings die Antwort schuldig geblieben, mit welchen Kosten das Unterfangen verbunden sein wird. Im Moment gilt es wohl erst einmal zu feiern, dass es überhaupt gelungen ist, einen Deal mit den Behörden in Schanghai aufzuziehen und damit eine gute Nachricht für die nervösen Tesla-Anleger aufzubieten. Eine Produktion in China würde es Tesla erlauben, im weltgrößten Markt für Elektrofahrzeuge insbesondere mit ihren kleineren Modellen wesentlich mehr Durchschlagskraft zu finden. Dies bietet zumindest eine langfristige Perspektive, um sich vor den Auswirkungen des bilateralen Handelsstreits und entsprechenden Strafzöllen zu schützen. Für Tesla heißt es dabei gegenwärtig, wie gewonnen, so zerronnen. Im Frühjahr konnte man bei Tesla darüber jubeln, dass China im Bemühen, Kompromisse im Handelsstreit zu machen, eine signifikante Senkung der seit Jahren geltenden Zölle auf nach China importierte Fahrzeuge von 25 auf 15 % bekannt gegeben hatte. Dies versprach einen erheblichen Absatzbelebungsschub insbesondere beim Flaggschiffmodell Tesla S. Nun allerdings haben die chinesischen Behörden auf die erste Strafzollrunde von Donald Trump geantwortet. Bei einer ersten Gruppe von Gütern, die von Gegenzöllen betroffen sind, wurde auch die Autobranche nicht ausgespart. Damit kommt es also zu einer zusätzlichen Belastung durch Strafzölle über 25 %. Tesla hat auf die zum 6. Juli wirksam gewordenen Maßnahmen entsprechend reagiert und nun eine drastische Verteuerung der gegenwärtig nach China eingeführten Modelle Tesla S und den Sportgeländewagen Tesla X angekündigt. Dieser wird nun ab sofort in China zu umgerechnet 119 000 Euro angeboten und hat sich damit um satte 20 000 Euro verteuert. Wie Analysten betonen, kann sich die relativ klamme Tesla einen Verzicht auf Weitergabe der Zolltarife an die Kunden zu Aufrechterhaltung des Umsatzwachstums schlichtweg nicht leisten. Im vergangenen Jahr wurden ungefähr 15 000 Tesla-Fahrzeuge in China ausgeliefert und kamen damit für etwa 17 % der Konzernerlöse auf. In China selber wiederum kam Tesla damit auf Rang 10 beim Absatz von Elektrofahrzeugen und erreichte einen Marktanteil von etwa 3 %. DurststreckeIn jedem Fall steht nun erst einmal eine längere Durststrecke an, denn Musk zufolge wird es noch zwei Jahre dauern, bis eine erste Produktion in China tatsächlich anlaufen kann. Auch stehen dabei nicht die Modelle S und X im Fokus, sondern die kleinere Limousine Model 3 sowie das noch nicht lancierte Crossover-Fahrzeug Model Y sowie eine begleitende Batterieproduktion. Die künftige Produktion steht noch vor einigen Imponderabilien – vor allem die erheblichen Investitionen für den Aufbau eines neuen sogenannten Gigawerks, den Analysten auf eine Größenordnung von 4 bis 5 Mrd. Dollar veranschlagen. Dabei bezweifeln sie, dass es Tesla ohne weiteres gelingen kann, diesen beträchtlichen Betrag in Ermangelung von üppigen Cashreserven über eine Fremdfinanzierung zu stemmen. Damit stellt sich auch die Frage nach einem möglichen chinesischen Partner und der Nutzung zusätzlicher Finanzkraft. Als Elektrofahrzeugbauer wird Tesla zwar vom berüchtigten Joint-Venture-Zwang in China befreit sein, allerdings könnte ein chinesischer Partner den Tesla-Auftritt in China in vielerlei Hinsicht wesentlich erleichtern. Andererseits wird damit auch unweigerlich die Frage aufkommen, inwiefern Tesla bereit sein würde, einen von chinesischer Seite stets erwünschten Technologietransfer zu leisten.