Netzagentur prüft Verzicht auf Mobilfunk-Auktionen
Netzagentur prüft Verzicht auf Mobilfunk-Auktionen
Verlängerung der Lizenzen um fünf oder acht Jahre als Alternative erwogen – Entscheidung soll 2024 fallen
dpa-afx Bonn
Damit das Handynetz in Deutschland auf lange Sicht deutlich besser wird, erwägt die Bundesnetzagentur einen weitreichenden Verzicht auf eine milliardenschwere Frequenzauktion. Mitte September hatte die Behörde vorgeschlagen, bisherige Mobilfunk-Nutzungsrechte um fünf Jahre zu verlängern. Die Betreiber würden finanziell entlastet, weil sie nur niedrige Gebühren zahlen müssten. Im Gegenzug sollen die Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica Deutschland (O2) zu neuen Ausbauauflagen verpflichtet werden. Nun sagte Behördenchef Klaus Müller zu dpa: "Wir werden auch eine Verlängerung um acht Jahre offen prüfen." Eine Entscheidung soll 2024 fallen.
In Bezug auf die acht Jahre sagte der frühere Verbraucherschützer und Grünen-Politiker: "Klar ist aber: Mit der Dauer der Verlängerung könnten unsere Anforderungen an die Verbesserung der Versorgungsqualität steigen."
Nachholbedarf auf dem Land
Im Mobilfunk gibt es unterschiedliche Frequenzbänder, die bisher zeitversetzt versteigert werden. Sie haben verschiedene Funktionen – die niedrigen Bänder sind mit einer großen Reichweite gut für das Land und die hohen sind gut für Städte, wo viele Smartphone-Nutzer in den Funkzellen sind und enorme Datenmengen brauchen. Ende 2025 laufen die nächsten Lizenzen aus, danach enden die nächsten Nutzungsrechte im Jahr 2030 und danach die nächsten im Jahr 2033.
Die Handynetze sind in den vergangenen Jahren besser geworden, die Anbieter haben Milliardensummen in Antennenstandorte gesteckt. Mancherorts hapert es aber noch, vor allem auf dem Land. Hier dringt Müller auf Besserungen. Mitte September schlug er eine Ausbaupflicht vor, der zufolge die Netzbetreiber bis Ende 2028 in dünn besiedelten Gebieten mindestens 98% der Haushalte mit einer Downloadrate von 100 Megabit pro Sekunde erreichen müssen. Bisher gibt es so eine speziell auf das Land zugeschnittene Regel nicht, sie würde die Situation in Dörfern und Ortschaften verbessern. Allerdings würden nur rund 300.000 Haushalte von solch einer Ausbaupflicht profitieren, wie aus Zahlen der Bundesnetzagentur hervorgeht: Diese Haushalte haben in dünn besiedelten Gegenden, wo weniger als 100 Menschen pro Quadratkilometer wohnen, bisher gar kein 100-Mbit-Netz oder nur Netz von einem oder zweien der drei Anbieter. Wer Pech hat und beim falschen Anbieter ist, hat kein gutes Netz. Für solche Pechvögel könnte es auf dem Land künftig besser werden, weil jeder Anbieter fast überall sein muss – vorausgesetzt, der Vorschlag der Netzagentur wird umgesetzt.
Höhere Planungssicherheit
Außerdem will die Behörde die Handyverbindungen an Straßen verbessern. Bisher liegt ein Vorschlag auf dem Tisch, dem zufolge jeder Netzbetreiber bis Ende 2028 alle Bundesstraßen mit 100 Mbit versorgt haben muss. Sollten die Nutzungsrechte sogar um acht Jahre verlängert werden, könnte auch eine schärfere Auflage für Landstraßen erlassen werden.
Aus der Politik und von etablierten Netzbetreibern kommt Zustimmung zur Acht-Jahre-Überlegung – das überrascht nicht, da die Telekom, Vodafone und O2 davon profitieren würden. Eine solche Verlängerung stärke "die Planungssicherheit und damit die Investitionsmöglichkeiten für die ausbauenden Anbieter", so ein O2-Sprecher.
Für den Neueinsteiger unter den Netzbetreibern, die United-Internet-Tochter 1&1, wäre das hingegen Gegenwind – er hätte noch lange nur recht wenig eigenes Spektrum und könnte nicht zukaufen. 1&1 hätte aber zumindest Zugang zum 5G-Netz von Vodafone, wofür man Miete zahlt. Einer 1&1-Sprecherin zufolge müsse die Entscheidung der Bundesnetzagentur "die Bedarfe aller vier Netzbetreiber fair berücksichtigen".