Thales kauft Cobham Aerospace Communications für 1,1 Mrd. Dollar
Luftfahrtindustrie
Thales setzt auf Cockpit-Kommunikation
Übernahme von Cobham Aerospace Communications für 1,1 Mrd. Dollar geplant
wü Paris
Gesche Wüpper, Paris
Der Rüstungs- und Luftfahrtelektronikkonzern Thales will Cobham Aerospace Communications (Aero Comms) für 1,1 Mrd. Dollar übernehmen, einen Spezialisten für sichere Cockpit-Kommunikationssysteme. Er verhandelt deshalb exklusiv mit Advent International. Der US-Investmentfonds hatte Cobham aus Großbritannien 2020 für 4 Mrd. Dollar gekauft und dann begonnen, den Konzern aufzuspalten. Er hat seitdem nach Angaben des Fachmagazins “Flight Global” bereits acht Aktivitäten von Cobham für 6,1 Mrd. Dollar verkauft, Aero Comms nicht mitgerechnet.
Für Thales wäre Aero Comms die größte Übernahme seit der Akquisition des Chipkartenherstellers Gemalto für 4,8 Mrd. Euro 2019. Durch den Kaufpreis wird der Cockpitkommunikationsspezialist vor Synergien mit dem 17-Fachen seines für 2023 erwarteten Ebits (Ergebnis vor Steuern und Zinsen) bewertet, unter Berücksichtigung der 2026 auf 50 Mill. Dollar geschätzten Synergien, darunter 10 Mill. Dollar an Kostensynergien, mit dem 15-Fachen. “Wir sehen diese Akquisition zu einem vernünftigen Übernahmepreis als positiv für Thales”, urteilt Analystin Chloé Lemarie von Jefferies.
Die Wachstumsraten von Aero Comms dürften in den nächsten vier Jahren zweistellig ausfallen, sagte Thales-Avionics-Chefin Yannick Assouad im Gespräch mit Journalisten. “Wir zahlen den Preis, der für ein solches Wachstumsprofil üblich ist.” In diesem Jahr dürfte der Cockpitkommunikationsspezialist mit seinen 690 Mitarbeitern in Dänemark, Frankreich, Kanada, Südafrika und den USA auf einen Umsatz von rund 200 Mill. Dollar kommen. Zu seinen Verkaufsschlagern gehört nach Angaben Assouads Aviator-S, ein cybersicheres Satellitenkommunikationssystem.
“Um die Flugbahnen optimieren zu können, ist es wichtig, Wetter- und Flugverkehrsdaten in Echtzeit im Cockpit empfangen zu können”, erklärt die Thales-Avionics-Chefin. Bisher seien jedoch gerade mal 20% der existierenden Flugzeugflotte mit Kommunikationssystemen dafür ausgerüstet. Deshalb gebe es ein großes Potenzial, den Rest der Flotte nachträglich damit auszustatten. Gleichzeitig dürfte Aero Comms von dem Produktionshochlauf der Flugzeugbauer profitieren.
Nach der Übernahme, die im ersten Halbjahr 2024 abgeschlossen werden soll, soll Aero Comms bei Thales Avionics integriert werden. Dadurch könne die Avionik-Sparte ihr Portfolio so verstärken, dass sie ideal positioniert sei, um von den sich durch die Entwicklung hin zum vernetzten Cockpit ergebenden Möglichkeiten zu profitieren, erklärt Thales. Aero Comms und Thales Avionics seien komplementär, sagt Assouad.
Der Bereich Zivilluftfahrt bei Thales habe seit Ausbruch der Covid-Pandemie gelitten, doch in diesem Jahr sei die Erholung der Produktion und des Luftverkehrs deutlich zu spüren. “Nach drei schwierigen Jahren scheint die Sonne 2023 wieder”, findet die Thales-Avionics-Chefin.
Mit der Akquisition jetzt gebe es eine Reihe guter Nachrichten. Thales veröffentlicht ihre Halbjahresergebnisse am 21. Juli. Investoren reagierten positiv, die Thales-Aktie legte in Paris 3,5% zu.