Quartalszahlen

Thyssen vertröstet im Stahlgeschäft

Thyssenkrupp hat die Aufholjagd im dritten Quartal fortgesetzt und unter dem Strich schwarze Zahlen geschrieben. Im Stahlgeschäft kann der Konzern allerdings noch nicht vom Boom profitieren.

Thyssen vertröstet im Stahlgeschäft

ab Köln

Thyssenkrupp hat im dritten Quartal die Aufholjagd fortgesetzt und unter dem Strich schwarze Zahlen geschrieben. Mit 266 Mill. Euro im bereinigten operativen Ergebnis wurden die Erwartungen übertroffen. Auf Sicht der ersten neun Monate summiert sich das um Sonderfaktoren bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern auf 564 Mill. Euro, wie aus dem Zwischenbericht hervorgeht. Damit haben die Essener die Prognose für das Gesamtjahr – avisiert ist ein operatives Ergebnis in mittlerer dreistelliger Millionen-Euro-Höhe – schon eingefahren.

Von daher werde nun das obere Ende des Prognosebandes ins Visier genommen, sagte Finanzchef Klaus Keysberg vor der Presse. Unter dem Strich kalkuliert Thyssenkrupp im Geschäftsjahr 2020/21 (30. September) aber weiterhin mit einem Verlust in Höhe eines mittleren dreistelligen Millionen-Euro-Betrags, in etwa auf Höhe der erwarteten Restrukturierungsaufwendungen. Dass im Berichtsquartal unter dem Strich schwarze Zahlen geschrieben wurden, hing auch mit der Auflösung von Rückstellungen im Umfang von 75 Mill. Euro zusammen.

Konkreter wurde der Finanzvorstand allerdings auch, was den erwarteten Mittelabfluss anbelangt. War bislang die Rede von einem freien Cash-flow vor M&A, der in Richtung –1 Mrd. Euro gehen sollte, nennt Thyssenkrupp nun eine Größenordnung von –1,2 Mrd. bis –1,5 Mrd. Euro. Das verschreckte die Investoren. Mit einem Kurseinbruch um in der Spitze 7,7 % trug der Konzern die rote Laterne im MDax.

Hintergrund für den negativen Cash-flow sind neben Investitionen und Restrukturierungsauszahlungen die deutlich gestiegenen Rohstoffpreise, die das Working Capital aufblähen. Die höheren Inputkosten ließen sich nicht vollständig an die Kunden weiterreichen, was in der Stahlsparte an den langen Vertragslaufzeiten in den Lieferverträgen liegt. „Der positive Effekt kommt. Wir werden ihn bei uns nur später sehen als beim Wettbewerb“, beruhigte Keysberg, der im Vorstand auch für Steel Europe verantwortlich ist.

Branchenprimus ArcelorMittal hatte kürzlich das beste Quartalsergebnis seit 13 Jahren vorgelegt und auch Salzgitter berichtete von ähnlichen Erfolgen. Im Stahlgeschäft von Thyssenkrupp sprang im Berichtsquartal mit 19 Mill. Euro dagegen nur ein kleiner operativer Gewinn heraus, obwohl sich der Umsatz auf 2,4 (i.V. 1,4) Mrd. Euro erhöhte.

Ganz anders sah es dagegen im Werkstoffhandel (Material Services) aus. Dort sprang der Umsatz ebenfalls um 70 % auf 3,3 Mrd. Euro, das bereinigte Ebit drehte aber auf den Rekordwert von 232 (–75) Mill. Euro. Auch der Stahlhändler KlöCo hatte am Vortag das beste Quartalsergebnis seit dem Börsengang vorgelegt. Anders als im Stahlgeschäft profitierte Thyssenkrupp im Handel von spürbar gestiegenen Walzstahl- und Edelstahlpreisen.

Automotive Technologies bekam die Lieferengpässe der Kunden bei Halbleitern und anderen Vormaterialien zu spüren, wie Keysberg ausführte. Zwar gelang der Sparte dank eines Umsatzzuwachses um 50 % mit 51 (– 91) Mill. Euro der Swing in operative schwarze Zahlen, es hätte jedoch mehr sein können. Unter den operativen Sparten wies im Berichtsquartal nur Marine Systems einen Verlust aus. Das lag nach den Worten Keysbergs aber einzig an der verschobenen Ablieferung von U-Booten ins Folgequartal.

Die Abwicklungseinheit Multi Tracks schrieb weiter rote Zahlen, wenngleich sich der operative Verlust im Quartal auf – 45 (– 189) Mill. Euro verbesserte. Viel wichtiger aber ist, dass die Essener bei den Aufräumarbeiten Fortschritte erzielen. So wurden kürzlich das Geschäft mit Bergbaumaschinen und die Geschäftseinheit Infrastructure veräußert. Für das Edelstahlwerk AST befindet sich der Traditionskonzern nach den Angaben in der zweiten Phase der Due Diligence. Zudem erntete Thyssen erste Früchte im Zusammenhang mit den eingeleiteten Restrukturierungsmaßnahmen. Allein im dritten Quartal konnte das Ergebnis dadurch um knapp 50 Mill. Euro verbessert werden, wie es heißt. Auf Sicht der ersten neun Monate waren es 130 Mill. Euro.

Thyssenkrupp
Konzernzahlen* nach IFRS – fortgeführtes Geschäft
9 Monate
in Mill. Euro2020/20212019/2020
Auftragseingang25 26019 781
Umsatz24 57521 640
Bereinigtes Ebit564− 1 158
 in % vom Umsatz2,3− 5,4
Ebit301− 1 592
Periodenergebnis fortgeführtes Geschäft− 151− 1 949
Periodenergebnis− 168− 1 978
Freier Cash-flow vor M&A− 953− 4 012
Nettofinanzposition39868461
Eigenkapital10 756− 9
*) Geschäftsjahr zum 30.9.Börsen-Zeitung
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