Thyssenkrupp-Chef plant Aufspaltung

Industriegüter sollen vom Stahlgeschäft getrennt werden - Kerkhoff mit guten Chancen auf dauerhaften CEO-Posten

Thyssenkrupp-Chef plant Aufspaltung

Thyssenkrupp folgt dem Beispiel von Unternehmen wie Bayer und Continental: Der Konzern soll aufgespalten werden, um mehr Klarheit für Investoren zu schaffen. Die Großaktionäre Cevian und Krupp-Stiftung sowie die IG Metall. Interimschef Guido Kerkhoff dürfte den Konzern nun dauerhaft führen.cru Düsseldorf – Nach einer monatelangen Führungskrise will Thyssenkrupp-Interimschef Guido Kerkhoff den Konzern grundlegend umbauen und dabei in zwei eigenständige Unternehmen aufspalten. Er verbessert damit auch erheblich seine Chancen, vom Aufsichtsrat zum dauerhaften CEO gekürt zu werden. Keine HoldingAktionäre der Thyssenkrupp AG sollen nach der geplanten Teilung zwei Aktien halten: eine des künftigen neuen Stahlkonzerns Thyssenkrupp Materials AG, der neben dem Werkstoffhandel auch die 50-Prozent-Beteiligung am Joint Venture Thyssenkrupp Tata Steel sowie das Schmiede- und Wälzlagergeschäft mit der Stahlverarbeitung umfasst – und eine Aktie des neuen Industriegüterkonzerns Thyssenkrupp Industrials AG, die vor allem das lukrative Geschäft mit Aufzügen und Automobilkomponenten sowie den schwächelnden Anlagenbau umfasst. An der Thyssenkrupp Materials AG werden die bestehenden Aktionäre weiterhin 100 % halten, an der Thyssenkrupp Industrials AG zunächst eine deutliche Mehrheit. Der verbleibende Anteil an Industrials wird anfänglich als Rückbeteiligung von der Thyssenkrupp Materials AG gehalten. Oberhalb der beiden neuen Konzerne soll es keine Holding mehr geben. Entworfen hat den Plan für die Aufspaltung die Investmentbank Goldman Sachs. Rückbeteiligung geplantDabei soll der neu geschaffene Stahlkonzern Thyssenkrupp Materials am neuen Industriegüter-Schwesterkonzern Thyssenkrupp Industrials beteiligt bleiben. Damit wird laut Kerkhoff “eine angemessene Kapitalausstattung der Thyssenkrupp Materials AG sichergestellt”. Auf Nachfrage sagte Kerkhoff dazu in einer Telefonkonferenz, der Materials-Konzern könne seine Aktienbeteiligung am Industrials-Konzern verkaufen, um an frisches Kapital zu kommen.Schulden und Pensionsverpflichtungen werden dem Plan zufolge “angemessen” auf beide Unternehmen verteilt. Damit sollen beide Gesellschaften des chronisch eigenkapitalschwachen Konzerns eine bessere Kapitalausstattung erhalten. Dazu beitragen soll laut Kerkhoff auch, dass im Zuge der Aufspaltung stille Reserven der Aufzugssparte sichtbar würden. Der Industriegüterkonzern Thyssenkrupp Industrials werde aus drei Einheiten bestehen: erstens dem Aufzuggeschäft, zweitens dem Automobilzulieferergeschäft und drittens dem Kernanlagenbau. Die Aufzüge, die den Löwenanteil des Konzerngewinns liefern, bleiben in ihrer heutigen Aufstellung unverändert. Die bisherige Sparte Components Technology wird auf das Automobilgeschäft konzentriert. Die Großwälzlager (Bearings) und das Schmiedegeschäft (Forged Technologies) werden aus dem Bereich ausgegliedert. Neu hinzu kommt der Bereich System Engineering, der unter anderem Produktionsstraßen für Autos baut und heute in der Großanlagensparte Industrial Solutions angesiedelt ist. “Damit bündeln wir die Automobilkompetenzen”, kündigte Kerkhoff an.Die dritte Säule der Industriegeschäfte werde in Zukunft der fokussierte Kernanlagenbau sein, der zuletzt so schlecht gewirtschaftet hatte, dass im August eine Gewinnwarnung fällig geworden war. Unterm Strich soll Thyssenkrupp Industrials ein reines Industriegüterunternehmen mit stetigeren und für die Investoren besser im Voraus berechenbaren Erträgen werden – ohne das zyklische Stahlgeschäft.Der andere Teil – der neue Stahlkonzern Thyssenkrupp Materials – soll ebenfalls aus drei größeren Einheiten bestehen: dem Werkstoffhandel Materials Services, dem 50-Prozent-Anteil an dem künftigen Stahl-Joint-Venture Thyssenkrupp Tata Steel sowie dem Marinegeschäft mit dem Kriegsschiffbau – und den Großwälzlagern samt Schmiedegeschäft. Damit entstehe ein Werkstoffkonzern, der die Stahl- und Edelstahlproduktion, den Materialhandel sowie die stahlnahe Weiterverarbeitung vereint. Aktionäre müssen zustimmenDie beiden Unternehmen würden eine vergleichbare Größenordnung haben: Auf der Basis von Pro-forma-Zahlen für das Geschäftsjahr 2016/17 würde die Thyssenkrupp Industrials AG mit rund 90 000 Mitarbeitern einen Umsatz von etwa 16 Mrd. Euro erwirtschaften. Die Thyssenkrupp Materials AG käme mit knapp 40 000 Mitarbeitern auf einen Umsatz von etwa 18 Mrd. Euro.Die genaue Ausgestaltung der Teilung, etwa die Transaktionsstruktur, das Finanzierungskonzept und die Führungsmodelle beider Gesellschaften, sollen nach Zustimmung des Aufsichtsrats ausgearbeitet werden. Über die Teilung muss dann die Hauptversammlung entscheiden. Dies könnte laut Kerkhoff in zwölf bis 18 Monaten geschehen.