Thyssenkrupp spart ein bisschen

Holdings von Großanlagenbau und Automobilzulieferung werden verschlankt - Bis zu 150 Stellen fallen weg

Thyssenkrupp spart ein bisschen

cru Frankfurt – Nach vier Gewinnwarnungen, zwei Chefwechseln und zwei Strategiewechseln binnen 15 Monaten kommt Thyssenkrupp unter der gerade erst vor einer Woche neu angetretenen Vorstandschefin Martina Merz einen kleinen Schritt mit den im Mai vorgestellten Plänen voran. Die Führungsgesellschaften für die Geschäfte mit dem Anlagenbau und Teilen für die Automobilindustrie – namens Industrial Solutions und Components Technology – sollen verschlankt werden. Das wird nach einem Treffen der ehemaligen Bosch-Managerin Merz, die bisher dem Thyssenkrupp-Aufsichtsrat vorsaß, mit den 150 oberen Führungskräften des Konzerns am Dienstag aus Konzernkreisen bestätigt.Ziel sei, die Verwaltungskosten des Konzerns von derzeit mehr als 2 Mrd. Euro zu senken. In den beiden Bereichen seien insgesamt rund 300 Mitarbeiter mit Verwaltungsjobs wie etwa dem Rechnungswesen betraut. Einige dieser Stellen blieben erhalten. Die Produktion der Sparten sei von dieser Maßnahme nicht betroffen. Thyssenkrupp hat allerdings angekündigt, möglicherweise Partner ins Boot zu holen und gegebenenfalls auch Mehrheitsbeteiligungen abzustoßen. Der Konzern lehnte eine Stellungnahme ab. Überstürzter WechselDer überstürzt vor zwei Wochen vom Aufsichtsratspräsidium vor die Tür gesetzte Ex-Thyssenkrupp-Chef Guido Kerkhoff hatte angekündigt, dass insgesamt 6 000 der 160 000 Jobs binnen drei Jahren gestrichen werden sollen, davon etwa 4 000 in Deutschland. Klar ist, dass bis zu 2 000 die Stahlsparte betreffen können. In den beiden Business Areas, deren Führungsgesellschaften nun verschlankt werden sollen, sind insgesamt mehr als 50 000 Mitarbeiter beschäftigt.Die Strukturen von Thyssenkrupp sind kompliziert und werden vom Finanzinvestoren und Großaktionär Cevian schon länger als ineffizient kritisiert. Cevian-Chef Lars Förberg bezeichnete die Zentrale in Essen als “Wasserkopf”. Thyssenkrupp steckt nach dem Scheitern der Stahlfusion mit Tata und dem Verzicht auf die Aufspaltung in der größten Krise der Unternehmensgeschichte. Die Aktie ist gerade vom Dax in den MDax abgestiegen, für das laufende Jahr wird abermals ein Milliardenabfluss und ein Verlust erwartet, während die Schulden mit 5 Mrd. Euro so hoch liegen, dass die Bonitätsnoten des Konzerns auf Ramschniveau abgerutscht sind.Der Konzern ist derzeit in sechs Bereichen organisiert. Neben Industrial Solutions (Großanlagenbau samt Kriegsschiffen) und Components Technology (Automobilteile) sind dies das mindestens teilweise vor dem Verkauf oder Börsengang stehende Aufzugsgeschäft Thyssenkrupp Elevator, der Werkstoffhandel Materials Services, die Stahlsparte Steel Europe und der ebenfalls weitgehend mit Verwaltungsfunktionen beschäftigte Bereich Corporate mit rund 3 600 Beschäftigten. Im Bereich Corporate, der am härtesten von den Kostensenkungsplänen betroffen ist, sollen die jährlichen Kosten unter die Marke von 200 Mill. Euro sinken. Im Geschäftsjahr 2017/18 hatte dieser Bereich einen operativen Verlust von rund 370 Mill. Euro eingefahren. Aktienkurs unter DruckDer Kurs der im MDax enthaltenen Thyssenkrupp-Aktie reagierte am Dienstag zeitweise mit einem Minus von 1,9 % auf 12,22 Euro. Der Börsenwert des Konzerns hat sich in zwei Jahren halbiert auf 7,6 Mrd. Euro.Unterdessen hat der japanische Aufzugshersteller Hitachi die Investmentbank Barclays für einen möglichen Kauf von Thyssenkrupp Elevator engagiert. Thyssenkrupp öffne in den nächsten Tagen seinen Datenraum für Hitachi und weitere Interessenten, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Teile der lukrativen Aufzugssparte oder die ganze Sparte werden an die Börse gebracht oder verkauft. Analysten schätzen den Wert auf 15 Mrd. Euro. – Wertberichtigt Seite 6