Portfolioumbau

Thyssenkrupp verpasst sich neue Struktur

Mit einer neuen Portfoliostruktur und einem Effizienzprogramm versucht der neue Thyssen-Chef, den Konzern die eine nachhaltige Zukunft zu führen.

Thyssenkrupp verpasst sich neue Struktur

Thyssenkrupp verpasst sich neue Struktur

Sichtbarkeit für grüne Technologien erhöhen – Performance-Programm Apex soll zügig mehr Wettbewerbsfähigkeit bringen

ab Frankfurt

Neuer Chef, neue Struktur: Nach diesem Motto verfährt Thyssenkrupp auch unter dem seit Juni amtierenden Vorstandschef Miguel López. Die seit Mai 2020 installierte Struktur hat ausgedient. Künftig wird Thyssenkrupp nur noch mit fünf Segmenten am Start sein. Die Abwicklungseinheit Multi Tracks wird ebenso aufgelöst wie die Sparte Industrial Components, unter deren Dach Thyssenkrupp das Schmiedegeschäft und die Großwälzlager gebündelt hatte.

Neu geschaffen wird das Segment Decarbon Technologies, in dem die Geschäfte mit Schlüsseltechnologien für die Energiewende zusammengefasst werden. Die Leitung dieses Segments übernimmt Vorstandschef López in Personalunion. "Mit Dercarbon Technologies bringen wir eine neue Qualität in unsere Offensive", sagte López.

"Grünes Powerhouse"

Mit dem neuen Segment will López die Sichtbarkeit der im Portfolio vorhandenen Zukunftstechnologien erhöhen. Pro forma steht das Segment mit seinen vier Geschäftseinheiten mit 15.000 Beschäftigten für einen Umsatz von 3 Mrd. Euro. Das Segment hat seinen Sitz in Dortmund, weitere Standorte sollen im Nahen Osten aufgebaut werden. Das Segment soll einen eigenen Aufsichtsrat und eine Betriebsrätegemeinschaft erhalten.

Neben den drei bislang in Multi Tracks geführten Einheiten wird auch das Geschäft mit Großwälzlagern für Windräder in die neue Sparte geschoben. Konzipiert ist das Segment als "Grünes Industrie-Powerhouse". Die ebenfalls in Multi Tracks geführten Geschäfte Automation Engineering und Spring & Stabilizers werden dem Segment Automotive Technology zugeschlagen. An den Plänen zur Veräußerung dieser Geschäfte wird jedoch festgehalten. Zudem wird Forged Technologies (Schmiedegeschäft) aus dem Segment Industrial Components in die Division Automotive Technology verschoben.

Mittelfristziele im Blick

Zudem hat sich der Aufsichtsrat in seiner Sitzung am Mittwoch mit dem neuen Performance-Programm auseinandergesetzt. "Apex" soll dazu beitragen, dass die auf dem Kapitalmarkttag 2021 ausgegebenen mittelfristigen Finanzziele wieder in Reichweite gelangen. Konkret wird angestrebt, auf Konzernebene mittelfristig eine Umsatzrendite bezogen auf das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) von 4 bis 6% zu erwirtschaften. Nach Ablauf der ersten neun Monate in dem im September endenden Geschäftsjahr belief sich die bereinigte Ebit-Marge auf magere 2,1%.

Fitnesskur

Zudem haben die Ziele Bestand, einen positiven freien Cashflow vor M&A zu erwirtschaften und verlässlich Dividende zu zahlen. Unter der López-Vorgängerin Merz, die im Herbst 2019 den Vorstandsvorsitz übernommen hatte, waren die Aktionäre drei Jahr lang dividendenlos ausgegangen. Erst im vergangenen Geschäftsjahr 2021/22 wurde die Ausschüttung wieder aufgenommen, wenngleich die Dividende mit 0,15 Euro je Aktie mager ausfiel.

"Mit unserem Performance-Programm machen wir alle Geschäfte fit, um deren Rentabilität rasch und nachhaltig auf Benchmark-Niveau zu steigern und unsere Marktchancen bestmöglich zu nutzen", umreißt López die hinter dem Effizienzprogramm stehenden Ziele. Zwar wird eingeräumt, dass die einzelnen Geschäfte in den vergangenen Jahren bereits Fortschritte bei der Verbesserung ihrer operativen Leistungsfähigkeit gemacht hätten. Das Umfeld gestalte sich jedoch weitaus schwieriger, als dies bei der Aufstellung der Mittelfristziele Ende 2021 zu erwarten gewesen sei.

Vorbild Nucera

Apex erstreckt sich über sechs Handlungsfelder, in denen in den kommenden Wochen "zusätzliche Maßnahmen" zur Verbesserung des Cash-Managements und der Performance identifiziert werden sollen. Als Chief Transformation Officer (CTO) trägt Cetin Nazikkol die Verantwortung für das Programm. Er ist der Bruder von Tekin Nasikkol, seines Zeichens Konzernbetriebsratschef von Thyssenkrupp.

Im Rahmen von Apex liegt nach den Angaben auf den im neuen Segment Decarbon Technologies zusammengefassten Geschäften besonderes Augenmerk – allen voran die beiden Anlagenbauer Uhde und Polysius. Die beiden Geschäfte, die López Vorgängerin zunächst in die Abwicklungseinheit Multi Tracks verschoben hatte, sollen nun nach der abgeschlossenen technischen Transformation ihre Geschäftsmodelle transformieren, etwa über eine verstärkte Modularisierung und Standardisierung ihrer Produkte und den Ausbau des Service-Geschäfts. Als Vorbild dient Thyssenkrupp Nucera, die kürzlich den Börsengang erfolgreich absolvierte.

Mit einer neuen Portfoliostruktur und beherzten Effizienzmaßnahmen will Thyssen-Chef Miguel López den angeschlagenen Mischkonzern wieder auf Kurs bringen. Im neuen Segment Decarbon Technologies werden die im Konzern vorhandenen Kompetenzen für die grüne Transformation gebündelt.

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