ThyssenKrupp vor Verkauf von US-Werken
ThyssenKrupp hat die eigentlich für den heutigen Donnerstag geplante Bilanzvorlage kurzfristig verschoben, weil der Konzern kurz vor einem Teilverkauf seiner Problemsparte Steel Americas steht. Dabei geht es aber nur um die US-Werke; für das Stahlwerk in Brasilien hat Thyssen dagegen keinen Käufer gefunden.ahe Düsseldorf – Der Stahl- und Industriegüterhersteller ThyssenKrupp wird sich nicht wie eigentlich erhofft komplett aus dem amerikanischen Stahlgeschäft zurückziehen. In der Lösung, die sich nun nach eineinhalbjährigen Verkaufssondierungen und -verhandlungen abzeichnet, bleibt der Konzern auf seiner Mehrheitsbeteiligung an dem brasilianischen Stahlwerk CSA wohl sitzen. Dagegen gibt es mittlerweile exklusive Verhandlungen um die Stahlweiterverarbeitung in Calvert im US-Bundesstaat Alabama.ThyssenKrupp rechnet damit, dass diese exklusiven Verhandlungen kurzfristig zu einem Abschluss kommen. Daher wurde die eigentlich für heute angesetzte Bilanzpressekonferenz für das Ende September ausgelaufene Geschäftsjahr 2012/13 auch kurzerhand auf den 2. Dezember verschoben. Brammen aus BrasilienThyssenKrupp äußerte sich nicht dazu, mit wem der Konzern kurz vor einem Abschluss steht. Dem Vernehmen nach laufen die Verhandlungen aber mit einem Konsortium, in dem sich die beiden weltgrößten Stahlhersteller zusammengetan haben: ArcelorMittal mit Sitz in Luxemburg sowie die – nur halb so große – japanische Nippon Steel. Die beiden Unternehmen waren auch in den vergangenen Monaten immer wieder als Interessenten in Erscheinung getreten. Die Verhandlungen von ThyssenKrupp hatten sich allerdings lange auf den brasilianischen Stahlkonzern CSN konzentriert, mit dem auch eine Lösung in Brasilien möglich schien. Die Gespräche mit CSN sind im Endeffekt aber gescheitert und werden nun nicht weiter fortgeführt, wie im Umfeld von ThyssenKrupp bestätigt wird.Wie der Essener Dax-Konzern allerdings ad hoc mitteilte, beinhalten die nun geführten Exklusivverhandlungen über das Alabama-Werk auch den Abschluss eines langfristigen Brammenliefervertrages für CSA. Dadurch würde “eine wertsichernde Lösung für das brasilianische Stahlwerk erreicht”, erklärte ThyssenKrupp, ohne Einzelheiten dazu zu nennen.ThyssenKrupp hatte bei den Investitionen in den USA und Brasilien von vornherein eine Verbundlösung angestrebt, in der im CSA-Werk der Stahl produziert werden sollte, die Brammen dann in die USA verschifft und in Alabama dann unter anderem für die Automobilindustrie weiterverarbeitet werden sollten. Diese Strategie war in den vergangenen Jahren dann aber nicht mehr als wirtschaftlich angesehen worden, was unter anderem zu dem Beschluss geführt hatte, wieder aus dem amerikanischen Stahlgeschäft auszusteigen.Die Stahlwerke in Brasilien und den USA haben den Konzern 12 Mrd. Euro gekostet. In der Zwischenzeit musste ThyssenKrupp allerdings schon insgesamt 6,4 Mrd. Euro abschreiben. Die Werke stehen jetzt noch mit 3,4 Mrd. Euro in den Büchern, wobei der ThyssenKrupp-Anteil 3,1 Mrd. Euro beträgt. Die restliche Summe entfällt auf den Erzkonzern Vale, der am Werk in Brasilien mit knapp 30 % beteiligt ist, der aber kein Interesse an einer Komplettübernahme hat. Analysten skeptischExperten haben wiederholt Zweifel an der Wirtschaftlichkeit des brasilianischen Werkes geäußert. Es falle ihm schwer zu glauben, dass ein nur teilweiser Verkauf von Steel Americas eine gute Nachricht für den Markt sei, erklärte jetzt auch Kepler-Cheuvreux-Analyst Rochus Brauneiser. Der Verkauf in den USA werde zwar das Risiko weiterer Abschreibungen erheblich verringern. Abhängig von der Barkomponente beim Erlös werde auch die Notwendigkeit einer sofortigen Kapitalerhöhung bei ThyssenKrupp begrenzt. Eine Neukonsolidierung des brasilianischen Werks CSA wäre aber eine große Bürde für den Konzern. Dieses sei für den größten Teil der operativen Verluste und des negativen Free Cash-flow von Steel Americas verantwortlich (siehe Grafik). Es sei fraglich, ob ThyssenKrupp Nutzen aus einem wahrscheinlich späteren Verkauf ziehen würde. An der Börse sackten die ThyssenKrupp-Aktien nach freundlichem Beginn um 1,6 % auf 19,09 Euro ab. Warten auf KapitalerhöhungEine Kapitalerhöhung ist bei ThyssenKrupp seit einem Jahr im Gespräch. Der Konzern hatte vor einem solchen Schritt aber erst die Ergebnisse der Kartellermittlungen und den Verkaufsprozess bei Steel Americas abwarten wollen, um einen genauen Kapitalbedarf benennen zu können. Ende Juni hatte der Konzern nur noch eine Eigenkapitalquote von 8,0 % und ein Gearing von 186 % verbucht. Der Bruch der mit den Banken vereinbarten Covenants bleibt vorerst aber ohne Folgen.