Topmanagern dämmert es

Clifford Chance: Vorstände werden sich Verantwortung ihres Handelns bewusst

Topmanagern dämmert es

wb Frankfurt – Topmanager werden sich zunehmend ihrer persönlichen Verantwortung und der sozialen Auswirkungen ihres Handelns bewusst. In vielen Entscheidungsfeldern werden Compliance- immer mehr zu Reputationsrisiken, und politische Volatilität, gesellschaftliche Vielfalt sowie Technologie- und Klimawandel rücken in den Fokus. Die Clifford-Chance-Studie “View from the Top” zum Thema Risikomanagement, die der Börsen-Zeitung vorliegt und für die weltweit 200 Vorstände von Großunternehmen befragt wurden, identifiziert fünf globale Risikoprioritäten für Unternehmensführungen.Laut Michael Kremer, Leiter Litigation & Dispute Resolution/Risk von Clifford Chance, können Unternehmensführungen mit dem Managen der Risiken einen Wettbewerbsvorteil erzielen. “Vorstände gehen zunehmend bewusst mit diesen Risiken und den gestiegenen Erwartungen an ihre gesellschaftliche Verantwortung um.” Erstens gehe es dabei um die Entwicklung einer “Verantwortlichkeitskultur” von Vorständen, denn Unternehmensrisiken seien nicht nur ein gemeinsames Anliegen für die Führungsgremien. Eine große Mehrheit der Befragten meint, dass Topmanager persönlich für zentrale Risiken geradestehen sollten. “Damit geraten die Betroffenen persönlich viel stärker unter Druck – etwa, wenn das Unternehmen mit aktivistischen Investoren, offensiven Aufsichtsbehörden oder Schuldzuweisungen aus der Öffentlichkeit zu kämpfen hat.”In den vergangenen Jahren sind Vorstände immer öfter von Strafverfahren betroffen, in prominenten Fällen mussten sie in Untersuchungshaft. Neben Korruption und Steuerhinterziehung treten Geldwäschebekämpfung, Datenschutz und IT-Sicherheit als Fälle der persönlichen strafrechtlichen Haftung hervor.Dass Unternehmen zweitens nicht nur ihr Ergebnis mehren, sondern auch positiv in die Gesellschaft wirken müssten, entwickele sich für Manager zu einer Schlüsselerkenntnis. Nur noch 52 % nennen finanzielle Risiken als einen der drei wichtigsten Faktoren für ihr Haus – 2014 waren es noch 75 %. Demgegenüber wachsen die Sorgen über Umwelt, Soziales und Corporate Governance und damit auch das Bewusstsein für die Bedeutung von Menschenrechten und gesellschaftlicher Vielfalt.Obwohl drittens geopolitische Spannungen weltweit zunehmen, nennen aktuell nur 23 % der Vorstände weltweit Politik als zentralen Risikofaktor. Doch zugleich erwartet mehr als die Hälfte der Befragten, dass sich das in den nächsten zwei Jahren ändert. Fast ein Drittel gibt an, ihr Geschäft bei Bedarf zurückfahren zu wollen, um Risiken politischer Verwerfungen zu minimieren.Viertens stehen Umweltrisiken heute ganz oben auf der Agenda: 49 % der Befragten äußern “erhebliche Besorgnis”, verglichen mit gerade 16 % vor fünf Jahren. Das sei der stärkste Anstieg in dieser Umfrage nach dem Thema Cyberangriffe. Mehr als neun von zehn geben an, dass sie den Anteil ihres Unternehmens am Klimawandel einschätzen können. Fünftens würden Technologierisiken zwar verstanden, doch nicht überall adressiert. Die Befragten zeigen sich laut Clifford bemerkenswert zuversichtlich, die mit Big Data und künstlicher Intelligenz verbundenen Risiken zu verstehen. Bewusstsein bilde sich jedoch nicht überall im Handeln ab: Nur knapp ein Drittel der europäischen Vorstände gibt an, gegen die drohenden Risiken aufgrund mangelhafter Kontrolle der eingesetzten KI etwas zu unternehmen. In den USA sind es immerhin 36 %, in Asien 42 %.