Traton bläst zur Attacke in den USA
jh München
Traton greift nach der Übernahme von Navistar in den USA an. Ziel sei, die Marke zu stärken und Marktanteile zurückzugewinnen, kündigte Matthias Gründler, der Vorstandsvorsitzende von Traton, in einer Telefonkonferenz mit Journalisten zum Halbjahresbericht an. Seit 2009 hat sich der Anteil des US-amerikanischen Herstellers im heimischen Markt für schwere Lkw von 26 auf derzeit 13% halbiert. Gründler begründete dies mit Fehleinschätzungen des Managements in Bezug auf die Motorentechnik.
Navistar hatte, wie berichtet, als einziger Hersteller in den USA auf den Harnstoffzusatz Adblue zur Nachbehandlung von Dieselabgasen verzichtet. Rückrufe wegen technischer Schwierigkeiten, höhere Kosten für die Kunden und Rechtsstreitigkeiten waren die Folge. „Navistar fehlte ein gutes Produkt“, sagte Gründler. Nun werde der neue 13-Liter-Motor von Traton in die Lkw des viertgrößten Anbieters in den USA eingebaut. „Die ersten Prototypen sind auf der Straße“, fügte Gründler hinzu.
Die Übernahme von Navistar hat Traton, die Nutzfahrzeugholding von Volkswagen, Anfang dieses Monats vollzogen. Der Preis für die restlichen Anteile betrug rund 3,7 Mrd. Dollar. Zuvor war Traton fünf Jahre an Navistar beteiligt gewesen, zuletzt mit knapp 17%. Mit den eigenen Marken ist Traton in den USA nicht präsent. Jetzt könnten alle Daten mit Navistar ausgetauscht werden, was zuvor als Kooperationspartner nicht möglich gewesen sei, berichtete Gründler.
Kapitalerhöhung als Option
Im Kapitalmarkt wird spekuliert, dass Traton für die Refinanzierung der Übernahme das Eigenkapital erhöht (vgl. BZ vom 15. Juni). Dazu sagte jetzt Finanzvorstand Christian Schulz: „Wir halten uns alle Möglichkeiten offen.“ Er wies darauf hin, dass der Konzern einen Verfügungsrahmen habe, um das Kapital um maximal 10% zu erhöhen. Auf dem aktuellen Kursniveau ergäbe dies einen Erlös von rund 1,3 Mrd. Euro.
Sowohl im zweiten Quartal als auch in den gesamten ersten sechs Monaten dieses Jahres erzielte Traton dank der Erholung der Lkw-Märkte einen Rekordauftrag. Absatz und Umsatz liegen wieder auf dem Niveau von 2019, wie Traton bereits vor zwei Wochen mit vorläufigen Zahlen berichtete (vgl. BZ vom 14. Juli). Sowohl das operative Ergebnis als auch das um Sondereffekte bereinigte sind nach dem Verlust im Vorjahr wieder positiv, auch das Nettoergebnis (siehe Tabelle).
Die schwedische Marke Scania glänzte im ersten Halbjahr mit einer operativen Rendite von 12,0 (i.V. 4,2)%. Auf Basis des bereinigten Ergebnisses liegt MAN mit 179 (–378) Mill. Euro und einer Marge von 3,3 (–9,5)% wieder im Plus. Die Restrukturierungskosten von 672 Mill. Euro sind darin nicht berücksichtigt. Der Konkurrent Daimler Trucks & Buses erzielte eine bereinigte Marge von 7,2 (–3,3)%, Volvo im Lkw-Segment 11,6 (4,8)%.
Traton | ||
Konzernzahlen nach IFRS | ||
1. Halbjahr | ||
in Mill. Euro | 2021 | 2020 |
Auftragseingang (Stück) | 170946 | 87431 |
Absatz (Stück) | 126 450 | 77 738 |
Umsatz | 13621 | 10 073 |
Operatives Ergebnis | 455 | –220 |
Operative Rendite (%) | 3,3 | –2,2 |
Finanzergebnis | 69 | –101 |
Ergebnis vor Steuern | 525 | –321 |
Nettoergebnis | 351 | –289 |
Netto-Cash-flow * | 527 | –347 |
Sachinvestitionen * | 345 | 438 |
Nettoliquidität * | 578 | 27 |
*) Industriegeschäft (ohne Financial Services) Börsen-Zeitung |