Buchbesprechung

True Crime mit nur einem Tropfen Blut

Wie eine 19-jährige Studienabbrecherin auszog, die Medizintechnik zu revolutionieren – und den größten Betrug im Silicon Valley hinlegte.

True Crime mit nur einem Tropfen Blut

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Nur ein winziger Tropfen Blut – und damit können Therapien gesteuert und eine Vielzahl ernsthafter Krankheiten wie etwa Brustkrebs schneller und genauer als in anerkannten Labors entdeckt werden. Was zu gut klingt, um wahr zu sein, ist es zumeist auch. Wie in diesem spektakulären Fall von True Crime in der Wirtschaft.

John Carreyrou, Journalist beim „Wall Street Journal“ und Pulitzer-Preisträger, erzählt in seinem Buch „Bad Blood“ die „Geschichte des größten Betrugs in Silicon Valley“. Und in der Tat, was er aus Interviews berichtet, die er mit mehr als 150 Personen – nicht ganz die Hälfte davon ehemalige Theranos-Mitarbeiter – geführt hat, ist haarsträubend. Carreyrou schildert den Aufstieg und Niedergang von Elizabeth Holmes, der 19-jährigen Uni-Abbrecherin ohne jedwede wissenschaftliche oder medizinische Ausbildung, die ausgezogen war, um die Welt der Medizintechnik zu revolutionieren, mit ihrem Unternehmen namens Theranos etliche Milliarden an Kapital bei Investoren einwarb und es schaffte, ihre Idee etablierten Pharmaunternehmen zu präsentieren: Das ist der Stoff, aus dem Silicon-Valley-Träume sind.

Der Pharmakonzern Pfizer war für eine Testreihe ihres Systems bereit, das die Bereiche Mikrofluidik und Biochemie miteinander zu verbinden versprach. Novartis war interessiert. Die Supermarktkette Safeway plante Minikliniken mit dem Gerät, und die Walgreens-Apotheken hofften auf den damals dringend nötigen „Game Changer“. Sie alle glaubten an Holmes, die in ihrem Unternehmen teils eine Schreckensherrschaft führte, das amerikanische „Hire and Fire“ par excellence betrieb und Steve Jobs so sehr bewunderte, dass sie Eigenheiten und Managementtechniken des Apple-Gründers so wie in einer Biografie beschrieben kopierte.

Bei der Lektüre schwankt man zwischen ungläubigem Staunen, Bewunderung und Fassungslosigkeit über die Unverfrorenheit, das Redetalent, aber auch den Charme, den Holmes wohl durchaus verströmen konnte, wenn nötig. Auch wenn ein Kapitel fehlt – das, in dem Holmes ihre Sicht der Dinge schildert: Lesenswert ist das Werk, das im Dezember als Taschenbuch erscheinen soll, allemal.

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