Trump attackiert Huawei
Im immer intensiver geführten Handelsstreit zwischen China und den USA fährt Washington neue Geschütze auf. Sie könnten den chinesischen Technologiekonzern und Telekomausrüster Huawei über einen möglichen Ausschuss des Bezugs von US-Technologiekomponenten in schwere Bedrängnis bringen und seine Stellung beim weltweiten Ausbau der Netzwerktechnologie nach dem 5G-Standard untergraben. nh/hei Schanghai/Frankfurt – Der chinesische Telekomausrüster Huawei, der aufgrund seiner innovativen Schlagkraft und eines rasanten Wachstums wie kaum ein anderes Unternehmen zum Sinnbild für Chinas technologische Aufholjagd steht, ist mit einem administrativen Doppelschlag aus Washington ins Zentrum des seit Anfang Mai neu eskalierenden bilateralen Handelsstreits gerückt worden.US-Präsident Donald Trump hat den nationalen Notstand im Telekommunikationssektor ausgerufen und die Weichen dafür gestellt, dass heimischen Firmen die Nutzung von Produkten ausländischer Telekomausrüster untersagt werden kann, sofern diese mit nationalen Sicherheitsgefahren in Verbindung gebracht werden. Das US-Handelsministerium erklärte explizit, es gebe Anlass zu der Annahme, dass Huaweis Tätigkeit den Interessen der USA zuwiderlaufe. Damit könnte künftig ohne weitere Begründung jegliches US-Geschäft von den chinesischen Telekomausrüstern Huawei und ZTE unterbunden werden.In einem zweiten, für Huawei potenziell wesentlich gefährlicheren Schritt will das US-Handelsministerium die Gesellschaft und mit ihr verbundene Einheiten auf eine sogenannte Entity-Liste setzen lassen. Damit wird ein Exportkontrollverfahren lanciert, bei dem US-Unternehmen dann eine explizite Genehmigung brauchen, um Technologiekomponenten und Software an Huawei zu liefern. Die Maßnahme dürfte in den kommenden Tagen in Kraft treten und würde Washington dann die Möglichkeit geben, Huawei im Ernstfall komplett vom Bezug von US-Technologiekomponenten auszuschließen. Diese Maßnahme wird ebenfalls mit US-Sicherheitsinteressen begründet.Seitens der USA war in den vergangenen Monaten bereits eine Kampagne gefahren worden, um auch verbündete Staaten dazu zu animieren, Huawei bei der Vergabe von Aufträgen für den Aufbau neuer Netzwerkinfrastruktur nach dem 5G-Standard auszugrenzen. Allerdings haben sich zahlreiche Länder für eine weitere Zusammenarbeit mit Huawei entschieden. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wandte sich in Paris gegen eine blinde Gefolgschaft Europas gegenüber den USA. “Frankreich und Europa sind pragmatisch und realistisch”, betonte er. Huawei oder andere Firmen zu blockieren sei “keine Perspektive” mahnte er. Hierzulande forderte die Industrie ebenfalls eigenständiges Handeln in Europa. Bei 5G aus dem RennenMit einer möglichen Sperre des Bezugs von US-Technologie würde Huawei allerdings praktisch aus dem Wettbewerb um 5G-Technologie verbannt und müsste im Ernstfall auch um die Produktion von Smartphones und die Verwendung des auf US-Software beruhenden Android-Betriebssystems fürchten. Im vergangenen Jahr war die chinesische ZTE nach Verstößen gegen ein US-Embargo mit Iran-Geschäften vorübergehend mit einer existenzbedrohenden Sperre zum Bezug von US-Komponeten belegt worden und musste daraufhin große Teile der Produktion für mehrere Monate einstellen.Die chinesische Regierung reagierte am Montag empört auf die neuen US-Maßnahmen. Ein Sprecher des Pekinger Handelsministeriums forderte Washington dazu auf, Dekrete zur nationalen Sicherheit nicht als handelspolitische und protektionistische Maßnahmen einzusetzen. Gleichzeitig betonte er, dass China notwendige Maßnahmen ergreifen werde, um die legitimen Rechte von chinesischen Unternehmen zu schützen.Branchenexperten rechnen damit, dass die US-Regierung die neuen administrativen Vorkehrungen zunächst nur als ein besonders drastisches Druckmittel einzusetzen gedenkt, um Peking zu weiteren Konzessionen im laufenden Ringen um eine bilaterale Handelsvereinbarung zu bewegen. Eine volle Umsetzung der Exportbeschränkungsmechanismen und damit auch eine effektive Existenzbedrohung von Huawei könnte allerdings Gegenmaßnahmen provozieren, die auch US-Technologiekonzerne ernsthaft in Bedrängnis bringen würden. Die Abhängigkeit von Tech-Giganten wie Apple oder Qualcomm von China ist gewaltig, sowohl in der Belieferung und Auftragsfertigung als auch beim Absatz.Im Gegensatz zu ZTE hat Huawei in den vergangenen Jahren bereits Schritte eingeleitet, um sich unabhängiger von ausländischer Technologie zu machen, und dabei auch begonnen, eigene Chipelemente zu verwenden. Dennoch dürfte die Gesellschaft zumindest in den kommenden Jahren noch stark auf US-Komponenten und Chiptechnologie von Adressen wie Qualcomm, Intel und Micron angewiesen sein. Diese würden bei einem Bann gegen Huawei ebenfalls hart getroffen. Analysten betonen, dass Huawei im vergangenen Jahr bei Komponenteneinkäufen von insgesamt gut 70 Mrd. Dollar für etwa 11 Mrd. Dollar Zulieferungen von US-Firmen bezogen hat.