DVFA

Über Hauptversammlungen lässt sich streiten

Präsenz, hybrid oder virtuell: Experten diskutieren geeignete Formate der Aktionärstreffen

Über Hauptversammlungen lässt sich streiten

fed Frankfurt

Der Bundestag hat am Dienstag die geltenden Regelungen für die virtuelle Hauptversammlung bis zum 31. August 2022 verlängert. Ein perfektes Timing aus Sicht der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFA), da sie gerade gestern zur Roundtable-Diskussion über die Zukunft der Hauptversammlung geladen hatte.

Vertreter der Investorenseite wie Hendrik Schmidt, Assistant Vice President der DWS, bekräftigten ihre Forderungen, dass ein virtuelles Format nicht den Dialog während des Aktionärstreffens unangemessen einschränken dürfe: „Ich will die Möglichkeit haben, in der Hauptversammlung Fragen zu stellen“, unterstrich Schmidt. Auch Antje Stobbe, Head of Stewardship bei Allianz Global Investors, betonte, dass die Sorge vor missbräuchlicher Nutzung von Frage- oder Rederechten bei virtuellen Aktionärstreffen nicht als „K.-o.-Argument gegen das Recht eines Dialogs in der Hauptversammlung“ tauge.

Clustering von Fragen

Deutsche-Bank-Vorstand Stefan Simon wies die Einschätzung zurück, dass die neuen Formate der Hauptversammlung in der Pandemie schlecht für die Aktionärsdemokratie seien. Im Gegenteil: Seit anderthalb Jahren seien Emittenten gezwungen, neue Wege zu gehen. Das habe die überfällige Debatte darüber ausgelöst, wie die Qualität des Dialogs verbessert werden könne. Simon argumentierte, er sehe es als Vorteil an, dass zuletzt bestimmte Elemente der HV vorverlegt worden sind. Die Tatsache, dass Fragen schon vor dem Termin des Aktionärstreffens eingereicht würden, gebe den Unternehmen mehr Zeit, umfassend zu antworten.

Die Aktionäre profitierten wiederum davon, wenn die Rede des Vorstandsvorsitzenden im Vorhinein zur Verfügung gestellt werde. In Gesprächen mit Investoren habe er zudem den Eindruck gewonnen, dass die thematische Bündelung von Fragen durchaus mehr geschätzt werde, als wenn das Management „360 Fragen einzeln hintereinander beantwortet“. Das erleichtere „klare Bot­schaften“. DWS-Vertreter Schmidt hielt dagegen, dass die Aktionäre beim Clustering von Fragen nicht mehr erkennen könnten, ob und wann ihre Fragen beantwortet worden seien.

Der Aufsichtsratschef der Deutschen Börse, Martin Jetter, plädierte dafür, sich auf den Charakter der Hauptversammlung rückzubesinnen. Es gehe nicht „um einen Event“, die Substanz sei entscheidend. Ein hybrides Modell der HV ergebe nach seiner Einschätzung viel Sinn. Schließlich spreche allein aus ESG-Gründen vieles dagegen, die Aktionäre zu zwingen, sich ins Auto zu setzen und quer durchs Land zu fahren, nur um an Aktionärstreffen teilnehmen zu können.

Hohe technische Kosten

Der Vermutung, die Emittenten präferierten die Online-HV, weil sie für sie günstiger sei, wies er zurück. Verglichen mit den Kosten von technischen Studios und Kommunikation „kommen uns Würstchen billiger“.