Rechnungslegung

Ukraine-Krieg löst Informations­pflichten aus

Um die Auswirkungen des Ukraine-Krieges abzubilden, müssen Unternehmen nicht den Abschluss 2021 wieder aufschnüren, doch sie haben Informationspflichten im Risiko- und Prognosebericht zu erfüllen.

Ukraine-Krieg löst Informations­pflichten aus

swa Frankfurt – In der Unternehmenswelt herrscht große Unsicherheit über das Ausmaß der wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Krieges, gleichwohl müssen die Firmen Berichtspflichten erfüllen. Die Abschlüsse für 2021 sind mancherorts noch nicht geprüft oder festgestellt, doch die Zahlenwerke müssen nach Einschätzung des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) wegen des Ukraine-Konflikts nicht neu aufgeschnürt werden.

Das IDW hat für die wichtigsten Fragen zur Berücksichtigung des Krieges in Abschlüssen zum Stichtag 31.12.2021 in Rechnungslegung und Prüfung einen sogenannten „Fachlichen Hinweis“ erstellt, um Unternehmen und Abschlussprüfer direkt zu unterstützen. Das Papier werde den weiteren Entwicklungen folgend aktualisiert werden, teilen die Branchenvertreter mit.

Das IDW ist der Auffassung, dass es sich bei dem Angriff auf die Ukraine durch Russland am 24. Februar bilanztechnisch um einen „wertbegründenden Vorgang handelt“, da das Ereignis erst nach dem Abschlussstichtag 31. Dezember 2021 eingetreten ist, erklärt Vorstandssprecher Klaus-Peter Naumann. Aufgrund des Stichtagsprinzips seien die Auswirkungen des Krieges damit grundsätzlich erst in Bilanz sowie Gewinn-und-Verlust-Rechnung der Folgeperiode zu berücksichtigen, heißt es vom IDW. Das Handelsgesetzbuch (HGB) unterscheidet mit Blick auf den Abstand zwischen Abschlussstichtag und Zeitpunkt der Bilanzaufstellung zwischen wertaufhellenden und wertbegründenden Tatsachen. Wertaufhellende Tatsachen sind noch bei der Erstellung des Jahresabschlusses zu berücksichtigen. Dabei geht es um Ereignisse, die vor Ende des Geschäftsjahres verursacht wurden, aber erst danach bis zum Tag der Bilanzaufstellung bekannt geworden sind. Bei wertbegründenden Vorgängen ist das Ereignis erst nach dem Abschlussstichtag verursacht worden, somit ist es nicht mehr zu berücksichtigen.

Auch wenn Auswirkungen des Ukraine-Krieges nicht mehr im Zahlenwerk des abgelaufenen Geschäftsjahres bilanziell zu erfassen sind, ergeben sich jedoch bereits für Abschlüsse und Lageberichte Berichtspflichten, warnt das IDW. Betroffen sind der Nachtragsbericht im Anhang sowie die Risiko- und Prognoseberichterstattung im Lagebericht. In den Folgeperioden, vor allem in den Zwischenberichten zum ersten Quartal 2022, werden in der Regel materielle Konsequenzen in Bilanz sowie Ertragsrechnung erforderlich, ergänzt das IDW.

Die Wirtschaftsprüfer werden bei der Berichterstattung zum 31. Dezember 2021 und sicher auch danach nicht die Unsicherheit aus dem Markt nehmen können, wird betont. „Sie haben aber darauf zu achten, dass die Unternehmen – soweit von den gesetzlichen Vorschriften gefordert und machbar – die möglichen individuellen Auswirkungen transparent machen, gegebenenfalls auch unter Darstellung verschiedener Szenarien“, erläutert Naumann.

Mit Blick auf den Inhalt der Lageberichte weist das IDW darauf hin, dass eine Berichtspflicht im Risikobericht grundsätzlich dann besteht, „wenn die möglichen weiteren Entwicklungen zu negativen Abweichungen von Prognosen oder Zielen des Unternehmens beziehungsweise des Konzerns führen können, es sich dabei um ein wesentliches Einzelrisiko handelt und andernfalls kein zutreffendes Bild von der Risikolage des Unternehmens beziehungsweise des Konzerns vermittelt wird“. Wenn infolge der aktuellen Ereignisse bereits eine geänderte Erwartung des Managements zu den prognostizierten Leistungsindikatoren bestehe, sei dies entsprechend im Prognosebericht zu verarbeiten.

Frage der Fortführung

Kritisch wird es, wenn es unsicher ist, ob das Geschäft unter den neuen Rahmenbedingungen überhaupt fortgeführt werden kann (Going-Concern-Annahme). In dem Fall ist laut IDW im Lagebericht über die bestandsgefährdenden Risiken zu berichten. Ein pauschaler Hinweis auf solche Risiken infolge bestehender Unsicherheiten über den weiteren Verlauf des Ukraine-Krieges und dessen mittelbaren und unmittelbaren Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit des Unternehmens allein sei nicht ausreichend. Um den Informationsbedürfnissen der Abschlussadressaten gerecht zu werden, müsse im Abschluss klar und eindeutig angegeben werden, welche Ereignisse Zweifel an der Fähigkeit zur Fortführung der Unternehmenstätigkeit aufwerfen könnten und welche Pläne es zum Umgang mit diesen Ereignissen gebe. Die Darstellung unterschiedlicher Szenarien unter Angabe der getroffenen Annahmen könne hier sinnvoll sein.

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