RECHT UND KAPITALMARKT

Umgehung des deutschen Rechts bei Bankgebühren hat Grenzen

Konkrete Struktur der Finanzierung entscheidend

Umgehung des deutschen Rechts bei Bankgebühren hat Grenzen

Von Nadejda Kysel *)Im Rahmen der Darlehensgewährung erheben Kreditinstitute regelmäßig Bearbeitungsgebühren. Am 4. Juli 2017 veröffentlichte der Bundesgerichtshof ein neues Urteil, in dem er die Vereinbarung der Bearbeitungsgebühren in den allgemeinen Geschäftsbedingungen bei Unternehmensdarlehen für unwirksam erklärte. Dies ist ein deutscher Sonderweg, denn in Nachbarländern wie Luxembourg, England und vielen weiteren, ist die Erhebung einer Bearbeitungsgebühr zulässig. Daher wird momentan diskutiert, die Regelungen zur Bearbeitungsgebühr einer ausländischen Rechtsordnung zu unterstellen.Den Vertragsparteien steht es grundsätzlich frei, das auf die vertragliche Beziehung anwendbare Recht zu bestimmen. Sie können sogar das Recht eines Staates wählen, zu dem der Sachverhalt außer der Rechtswahl selber keinen Bezug hat. Auch ist es möglich, für Teile eines Vertrages eine eigene Wahl zu treffen. Diese sogenannte Teilrechtswahl eröffnet den Vertragsparteien die Möglichkeit, punktuell engeren Regelungen des deutschen Rechts aus dem Weg zu gehen, ohne sich insgesamt einer fremden Rechtsordnung auszuliefern.Auch bei reinen Inlandssachverhalten wäre damit die Wahl einer ausländischen Rechtsordnung zulässig. Ist ein Sachverhalt jedoch nur mit einem einzigen Staat verbunden, so kann die Rechtswahl zwingende Bestimmungen dieses Staates nicht umgehen. Unter diese fallen Regelungen des Sachrechts, die nicht dispositiv sind, also für die Vertragsparteien nicht verzichtbar. Dazu gehören neben den Kündigungsregelungen und den Bestimmungen zum Verbraucherschutz auch die Regelungen zu den allgemeinen Geschäftsbedingungen. Damit kann bei reinen Inlandssachverhalten die Geltung der BGH-Rechtsprechung, die ein Teil des deutschen AGB-Rechts ist, nicht ausgeschlossen werden.An sich bleibt die Rechtswahl wirksam, jedoch werden die einschlägigen zwingenden Bestimmungen in das gewählte Recht einbezogen. Um diese Wirkung auszuschließen, muss ein hinreichender Auslandsbezug bestehen. Dieser kann auf verschiedene Weise erreicht werden, wobei an objektive Kriterien des Sachverhalts anzuknüpfen ist.Mit einem bloßen Interesse an der Anwendung eines bestimmten ausländischen Rechts, weil dieses besonders günstig für den gegebenen Sachverhalt ist, ist ein hinreichender Auslandsbezug jedenfalls nicht gegeben, bloße Rechtswahl ausländischen Rechts oder eine ausländische Gerichtsvereinbarung als alleiniger Auslandsbezug nicht ebenfalls aus. Frage des StandortsAusreichend ist es auf jeden Fall, wenn der Kreditnehmer eine ausländische Gesellschaft ist. Je nach Finanzierungsstruktur kann es sogar reichen, wenn einer der Verpflichteten (Obligor) seinen Sitz im Ausland hat. Dies hat allerdings Grenzen. Eine geringfügige Beteiligung einer ausländischen Tochter an einer reinen Inlandsfinanzierung reicht nicht – erforderlich ist ein objektiv beachtlicher Bezug zum Ausland. Auch der Sitz des Gesellschafters in einem anderen Land ist ungenügend, ebenso wie die reine ausländische Staatsangehörigkeit einer der Vertragsparteien. Eine Geschäftstätigkeit des Darlehensnehmers im Ausland reicht ebenfalls nicht aus.Der Bezug zu einem anderen Staat kann auch seitens des Darlehensgebers bestehen. Dies ist ein gewichtiger Faktor, da die Bank bei einem Darlehensvertrag die charakteristische Leistung erbringt, und zwar das Überlassen der Valuta. Denn grundsätzlich wird beim Fehlen einer Rechtswahl an den Erbringer der charakteristischen Leistung angeknüpft. Bei Mehrheit der Darlehensgeber und damit bei Kumulation der Rechtsordnungen kommt es dabei auf die Niederlassung des Konsortialführers an. Einzelfall prüfenBei einem ausländischen Darlehensgeber, der über seine Niederlassung im Ausland tätig wird, ist der Auslandsbezug klar gegeben. Werden ausländische Kreditinstitute ausschließlich über eine inländische Niederlassung tätig, ist der hinreichende Bezug problematisch. Wenn dagegen die inländischen Kreditinstitute ausschließlich über ihre ausländische Niederlassung tätig werden, wird dies meistens als ausreichender Auslandsbezug angesehen. Bei einer Konsortialfinanzierung kann durchaus ein ausländischer Konsortialführer entscheidend sein.Bei einer Immobilienfinanzierung kann die Lage des Grundstücks ausschlaggebend und als hinreichender Auslandsbezug zu sehen sein.Schließlich kann auch der ausländische Vertragsabschlussort – soweit er nicht ganz zufällig erscheint – als Auslandsbezug angesehen werden. Dieser Faktor reicht aber nicht aus, wenn der Leistungsaustausch selber nur Inlandsbezüge aufweist. Keinesfalls ist das bloße Führen der Verhandlungen im Ausland bzw. eine Vertragsanbahnung zur Herstellung eines Auslandsbezuges ausreichend.Im Ergebnis muss der Bezug zum ausländischen Recht in jedem Einzelfall geprüft werden. Es gibt zwar einige Orientierungspunkte in der Literatur und Rechtsprechung, jedoch ist vieles von der konkreten Struktur der Finanzierung abhängig.—-*) Dr. Nadejda Kysel ist Partnerin von Arnecke Sibeth.