Umsatz toppt Ertrag bei deutschen Großunternehmen

Margen in der Industrie erheblich unter Druck - Zwölf der Top-100-Gesellschaften schreiben 2019 operativ rot

Umsatz toppt Ertrag bei deutschen Großunternehmen

ak Düsseldorf – Die größten börsennotierten Konzerne in Deutschland sind weiterhin auf einem strammen Wachstumskurs. Die 100 Top-Konzerne steigerten ihren Umsatz in den ersten neun Monaten 2019 um gut 4 % auf knapp 1,3 Bill. Euro, wie eine Studie von Ernst & Young zeigt. Banken und Versicherer wurden nicht berücksichtigt, da bei ihnen der Umsatz keine relevante Größe ist.Bei der Gewinnentwicklung jedoch trübt sich das Bild deutlich ein. Die operativen Ergebnisse (Ebit) schrumpften kumuliert um 19 % auf 81 Mrd. Euro. Die stärksten Gewinneinbußen verzeichneten Unternehmen aus der Chemiebranche (-38 %) und aus der Autoindustrie (-26 %). Zwölf Konzerne schrieben in den ersten neun Monaten sogar operativ rote Zahlen – darunter Continental, Tui, RWE, Salzgitter und Telefónica Deutschland. Die betrachteten Chemieunternehmen allerdings erwirtschaften trotz ihrer Ergebniseinbußen allesamt noch Gewinne.Die durchschnittliche Ebit-Rendite aller Top-Unternehmen sank von 8,2 auf 6,4 % und damit auf den niedrigsten Stand seit 2015. Einige Unternehmen jedoch strotzten vor Profitabilität und erwirtschafteten Margen jenseits von 20 %. Dazu gehörten der Göttinger Pharma- und Laborzulieferer Sartorius mit knapp 27 % sowie Wirecard (23 %) und Fraport (21 %). Zum Vergleich: Die Autoindustrie kam auf nur 5,5 %. Dennoch sind die drei größten Autohersteller Volkswagen, Daimler und BMW weiterhin die umsatzstärksten deutschen Unternehmen. Auch bei den absoluten Ergebnisgrößen gehörten alle drei zu den Top fünf. Volkswagen ist mit fast 187 Mrd. Euro Umsatz, 13,5 Mrd. Euro Ebit und 642 000 Beschäftigten in allen drei Kategorien auf Rang eins. Das gilt allerdings nicht für den Marktwert: Hier wird VW von SAP und Siemens locker ausgestochen.Mit ihrer Profitabilität dürften die deutschen Großkonzerne weiter zu kämpfen haben. Mathieu Meyer, Mitglied der Geschäftsführung von EY, rechnet nicht mit einer durchgreifenden Verbesserung der Lage im neuen Jahr: “Die Gewinne und damit auch die Gewinnmargen werden unter Druck bleiben. Erst im zweiten Halbjahr könnte die sich derzeit abzeichnende Entspannung bei den internationalen Handelskonflikten zu neuen Wachstumsimpulsen führen.” Zudem rechnet Meyer damit, dass ein aktueller Trend anhalten wird: Großkonzerne managen ihre Geschäftsfelder wie ein Portfolio. “Viele Konzerne befinden sich mitten in einem tiefgreifenden Umbau. Es werden Teilbereiche abgestoßen, neue Geschäftsfelder zugekauft. Bei einigen Unternehmen bleibt kaum ein Stein auf dem anderen. Derartige Maßnahmen erfordern ebenfalls hohe Investitionen, können die Unternehmen aber flexibler und wendiger machen.”Schnell und wendig präsentiert sich das am schnellsten wachsende Unternehmen in der Studie: Die Krone hat mit einem Plus von 41 % der erst acht Jahre alte Kochboxversender Hellofresh erobert, der es auf Rang 90 der umsatzstärksten börsennotierten Unternehmen geschafft hat. Allerdings schrieb der Rocket-Internet-Ableger noch operative Verluste, befindet sich aber auf dem Weg nach oben. Nur ein Konzern im OstenEinen Blick wert ist die regionale Verteilung der Top-100-Unternehmen. 28 von ihnen haben ihren Sitz in Bayern, 27 im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen. Nur ein einziger Konzern findet sich mit Carl Zeiss Meditec aus Jena in den fünf ostdeutschen Bundesländern.Positiv entwickelt hat sich neben dem Umsatz auch die Beschäftigtenzahl. Allerdings fiel das Wachstum mit 0,9 % deutlich geringer aus als in den beiden Jahren zuvor. Knapp 5 Millionen Menschen waren Ende September weltweit bei den 100 größten deutschen börsennotierten Konzernen beschäftigt.”Die deutschen Konzerne werden vorsichtiger – zum einen aufgrund der ungewissen Konjunkturaussichten und einer zuletzt schwachen Gewinnentwicklung, aber auch, weil teils noch unklar ist, wohin sich Geschäftsmodelle und Produktportfolios entwickeln”, kommentierte Hubert Barth, Chef von EY Deutschland. Die Berater halten in diesem Jahr einen leichten Beschäftigungsrückgang bei den Top 100 für möglich.Zu einem umfassenden und flächendeckenden Stellenabbau werde es aber nicht kommen, ergänzte Barth: “Der Bedarf an hochqualifizierten Mitarbeitern ist heute größer denn je. Die Unternehmen werden so weit wie möglich auf Stellenstreichungen verzichten, denn sie wissen, wie schwierig es ist, noch gut qualifizierte Mitarbeiter zu finden, wenn die Auftragslage wieder besser ist.”