Umweltamt: Auch Euro-6-Diesel droht Einfahrverbot

Modellrechnung zeige, Beschlüsse aus Diesel-Gipfel reichen nicht - Autohändler fordern Nachrüstungen

Umweltamt: Auch Euro-6-Diesel droht Einfahrverbot

scd Frankfurt – Modellrechnungen des Umweltbundesamtes haben ergeben, dass die im Rahmen des Diesel-Gipfels verabredeten Sofortmaßnahmen in vielen Städten nicht ausreichen, um die Stickstoffdioxidbelastung auf den vorgeschriebenen EU-Mittelwert zu senken. Umweltbundesamt-Präsidentin Maria Krautzberger erklärte, die Maßnahmen reichten in 70 Städten nicht aus, um unter den seit 2010 geltenden EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid im Jahresmittel zu kommen. Die 20 Städte, bei denen dies gelänge, lägen schon heute nur knapp über dem Grenzwert. Fahrer von alten Diesel-Fahrzeugen der Abgasnormen 1 bis 4 sollten beim Autokauf darauf achten, ihre Prämie für wirklich saubere Fahrzeuge einzusetzen, sagte Umweltministerin Barbara Hendricks. “Das sind etwa Elektroautos, solche mit Hybrid- und Gasantrieb, sparsame Benziner oder modernste Diesel, die geringe reale Emissionen auf der Straße haben, wie sie die neuesten Emissionsvorgaben vorsehen. Das sollten sich die Käuferinnen und Käufer vom Hersteller bestätigen lassen.”Laut Umweltbundesamt sind damit allerdings nicht einmal Autos gemeint, die die aktuellen Normen Euro 6 a/b oder c erfüllen. Selbst diese Fahrzeuge seien eventuell in Einfahrverbote einzubeziehen, heißt es in der Schlussfolgerung des Umweltbundesamts. Nur Fahrzeuge, die die Norm Euro 6-d-Temp erfüllen, die ab Anfang 2020 verbindlich gilt, hätten nichts zu befürchten. Für Neuwagenkäufer und Autokonzerne ist diese Empfehlung etwas wohlfeil. Die ersten Fahrzeuge mit dieser Norm kommen erst in diesem Herbst auf den Markt. Alle Dieselautos mit Euro-6-Norm, die aktuell beim Händler stehen, sind damit bedroht. “Damit dürften in den nächsten Monaten die Verkäufe von Diesel-Pkw in Deutschland ihre rapide Talfahrt fortsetzen”, befindet Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer vom CAR Center Automotive Research. “Mehr als 95 % aller derzeit angebotenen neuen Euro-6 Diesel-Pkw bergen das hohe Risiko, dass sie ebenfalls bei Fahrverboten mit betroffen sind.”Statt Fahrverboten fordert Hendricks allerdings, lieber einen zweiten Diesel-Gipfel im Herbst und neben dem Software-Update für neuere Diesel auch eine mechanische Nachbesserung. Unterstützt wird diese Forderung vom Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK), der die Autohändler und deren angeschlossene Werkstätten vertritt. Hardware-Lösungen seien zwar aufwendiger als die angekündigten Software-Updates, aber auch viel wirksamer, sagte ZDK-Präsident Jürgen Karpinski dem “Handelsblatt”. Das Grundvertrauen der Kunden lasse sich nur mit einer technischen Nachrüstung zurückgewinnen. Für Autohändler ist ein Hardware-Update finanziell weitaus interessanter als ein simples Software-Update. VDA hält dagegenDer Automobilbranchenverband VDA hält die beschlossenen Maßnahmen zur Verbesserung der Luftverschmutzung in Städten derweil vorerst für ausreichend. “Nur drei Wochen nach dem Gipfel besteht keinerlei Anlass für Nachjustierungen”, teilte der Branchenverband am Mittwoch mit. Weitere Forderungen seien derzeit wohl “eher dem laufenden Wahlkampf als Sachgründe geschuldet.” Hardware-Nachrüstungen seien “nicht umsetzbar”. Bei vielen Modellen fehle der Platz für den Einbau der notwendigen Teile.