Unangenehme Wahrheiten

Dieselgate-Details im "Statement of Facts" - US-Strafverfolger haben sechs VW-Manager im Visier

Unangenehme Wahrheiten

Finanziell scheint das US-Kapitel der Dieselabgasaffäre von Volkswagen mit der 4,3 Mrd. Dollar schweren Einigung mit dem US-Justizministerium abgehakt. Zivilrechtliche Einigungen über 17,5 Mrd. Dollar waren bereits vorausgegangen. Gegen insgesamt sechs VW-Manager aber ermitteln die US-Strafverfolger weiter. Für den Wolfsburger Konzern unangenehme Wahrheiten offenbart das “Statement of Facts”.po Frankfurt – Die lang ersehnte Einigung über abschließende Strafzahlungen wegen der Dieselabgasaffäre ist noch vor dem Antritt der Trump-Administration erreicht, wenn auch mit 4,3 Mrd. Dollar teurer ausgefallen als gedacht. Analysten sind sich deshalb auch uneins, ob damit bei der Markteinschätzung der VW-Aktien die Fundamentaldaten wieder in den Vordergrund treten. Optimisten halten deutliche Kursgewinne für möglich, andere gehen davon aus, dass auch die Strafzahlungen schon in den zuletzt kräftig gestiegenen Kursen eingepreist sind. Gestern zeigte die Volkswagen-Vorzugsaktie wenig Bewegung.Das jetzt veröffentlichte “Statement of Facts” zur Aufarbeitung von Dieselgate, in das auch Erkenntnisse der von Volkswagen selbst eingesetzten Kanzlei Jones Day eingeflossen sind, ist erwartungsgemäß für den Wolfsburger Konzern wenig schmeichelhaft ausgefallen. Namentlich genannt werden als Verantwortliche in der über zehn Jahre währenden Verschwörung der frühere VW-Markenvorstand und Entwicklungschef Heinz-Jakob Neußer (56), Jens Hadler (50), Richard Dorenkamp (68), Bernd Gottweis (69), der inhaftierte Oliver Schmidt (48) und Jürgen Peter (59). Bis auf Schmidt hielten sich alle Angeschuldigten in Deutschland auf, hieß es. E-Mail-CheckSeit 2006 war an neuen Motoren für die Clean-Diesel-Strategie gearbeitet worden, dass die strengen US-Stickoxid-Vorgaben nicht einzuhalten waren, soll dabei früh klar gewesen sein. In verschiedenen Eskalationsstufen und bei unterschiedlicher Beteiligung der Genannten sei bis in den Sommer 2015 gegenüber den US-Behörden bewusst die Wahrheit verschwiegen worden. Ein Anwalt habe mit dem Thema Beschäftigte aufgefordert, ihre betreffenden E-Mails zu checken, was von 40 Personen als Aufforderung aufgefasst worden sei, möglicherweise belastendes Material zu löschen. Seit Beginn der internen Ermittlungen hätten aber viele Dateien wieder hergestellt werden können.Die gute Nachricht für Volkswagens Rechtsposition auch in den in Braunschweig anhängigen Verfahren ist: Vom amtierenden Vorstand ist in dem “Statement of Facts” keine Rede. Der als Markenvorstand prominenteste Beschuldigte Neußer wurde bereits beurlaubt. BNP Exane geht davon aus, dass die Erfolgschancen von Aktionärsklagen in Deutschland damit von 50 auf 33 % gesunken sind.Die Ratingagentur Moody’s bewertet in einem Kommentar die Einigung mit der US-Justiz positiv, auch wenn die bisher gebildeten Rückstellungen nicht ausreichen dürften. Ihre eigene Einschätzung der absehbaren Belastung für Volkswagen von bisher 21,2 Mrd. Euro dürfte Moody’s um etwa 1 Mrd. Euro nach oben anpassen. Zugleich zeige Volkswagen aber eine robuste operative Entwicklung, auch wenn das bis Ende September aufgebaute Polster von 31,1 Mrd. Euro im Schlussquartal 2016 etwas geschmolzen sein dürfte. Für die nun anstehenden Cash-Abflüsse für die Strafzahlungen bestehe aber ein komfortabler Puffer.Von den 4,3 Mrd. Dollar sind 2,8 Mrd. Strafzahlungen nach Festlegung eines Anhörungstermins binnen zehn Tagen zu überweisen. Für eine kombinierte Strafzahlung von 1,45 Mrd. Dollar aus Umweltschutzklagen und zollbezogene zivilrechtliche Ansprüchen hat der Autokonzern nach der Genehmigung des angestrebten Consent Degree durch das US-Bundesgericht 30 Tage Zeit. Weitere ForderungenUnterdessen meldeten sich auch wieder Investoren zu Wort, die von Volkswagen weiter gehende Reformen, mehr unabhängige Vertreter im Aufsichtsrat und mehr Transparenz fordern. Der britische Fonds TCI will die Zahlung von Vorstandsboni künftig daran gekoppelt sehen, dass das operative Ergebnis (Ebit) des Konzerns mindestens 17 Mrd. Euro erreicht.—– Wertberichtigt Seite 8