Unilever-Chairman Dekkers unter Beschuss

Kritik an Fehleinschätzung der Aktionärsstimmung

Unilever-Chairman Dekkers unter Beschuss

hip London – Der Unilever-Chairman Marijn Dekkers (61) ist nach dem Platzen der Zusammenführung von NV und Plc unter Beschuss geraten. Der Board des niederländisch-britischen Konsumgüterherstellers hatte am Freitag kleinlaut mitgeteilt, er habe von einer wesentlichen Gruppe von Aktionären keine Unterstützung für seine Vorschläge erhalten und halte es deshalb für angebracht, sie zurückzuziehen. “Der Chairman wird seine Karten auf den Tisch legen müssen, sonst wird er unter Druck geraten”, zitierte die “Sunday Times” einen der 20 größten Aktionäre. “Die Hauptverantwortung liegt beim Board”, sagte einer der zehn größten Anteilseigner dem Blatt. “Da ist etwas schiefgelaufen, und wir müssen das als Aktionäre bewerten.”Dem ehemaligen Bayer-Chef wird vorgeworfen, dem dominanten CEO Paul Polman (62) keine Grenzen gesetzt zu haben. Der Board gilt als schwach. Polman, der 27 Jahre beim Rivalen Procter & Gamble verbracht hat und danach für kurze Zeit CFO von Nestlé war, wird vorgeworfen, zu viel Zeit auf Nebenschauplätzen wie dem Weltwirtschaftsforum in Davos zu verbringen. Polman sehe sich als Botschafter im Kampf gegen den Klimawandel, für nachhaltige Entwicklung und andere gute Dinge und spreche dabei viel über Werte und Ziele, aber wenig über Umsatz und Gewinn, wird kritisiert.Es war Polman, der die Doppelstruktur des Konzerns auf den Prüfstand gestellt hatte, nachdem der Board 2017 ein 115 Mrd. Pfund schweres Übernahmeangebot des Rivalen Kraft Heinz abgewiesen hatte. Böse Zungen unterstellen, dass er sich vor weiteren feindlichen Offerten hinter die Deiche des niederländischen Rechts flüchten wollte. Zudem sei der Abzug der Zentrale aus Großbritannien seine Reaktion auf den britischen EU-Austritt gewesen. Der niederländische Premier Mark Rutte hätte den Umzug mit einer Abschaffung der 15-prozentigen Abgeltungsteuer auf Dividendenzahlungen versüßt. Allerdings sprachen sich eine Reihe britischer Institutionen wie Aviva Investors, Columbia Threadneedle und Schroders öffentlich gegen die Zusammenführung aus. “Für uns schafft das keine Werte”, sagte David Cumming, Chief Investment Officer Equities bei Aviva. “Wir verlieren eine ziemlich große Firma aus dem Index und können keine Rechtfertigung für diesen Schritt erkennen.” Tatsächlich wäre der Abschied aus dem FTSE 100 unvermeidlich gewesen. Auf einer außerordentlichen Hauptversammlung hätten diesen Monat 75 % der Plc-Aktionäre für die Vorschläge des Boards stimmen müssen.”Jeder Chairman, der sein Geld wert ist, hätte die Stimmung schon viel früher erkannt und den Chief Executive entsprechend instruiert”, kommentierte Oliver Shah in der “Sunday Times”. “Dekkers war entweder zu weit von der Stimmung in der City entfernt oder zu geblendet vom Kult um Polman.” Dessen Amtszeit endet ohnehin im nächsten Jahr. Auch deshalb richtet sich der Unmut der Anteilseigner des Waschpulverproduzenten nun gegen Dekkers.