Energiekrise

Uniper wird verstaatlicht

Das im Juli vereinbarte Stützungspaket reicht nicht aus. Jetzt übernimmt der Bund den strauchelnden Energieriesen Uniper nahezu komplett.

Uniper wird verstaatlicht

ak Köln –  Der angeschlagene Energiekonzern Uniper wird nach weiteren Milliardenverlusten verstaatlicht. „Die Probleme haben sich noch einmal deutlich verschärft“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am Mittwoch. Der Bund habe sich daher auf ein Stabilisierungspaket verständigt, bei dem er am Ende 99% der Anteile an Deutschlands größtem Gasimporteur übernehmen werde.

Kernstück ist eine Kapitalerhöhung in Höhe von 8 Mrd. Euro, die der Bund zeichnet. Dafür werden 4,7 Milliarden neue Aktien zum Preis von 1,70 Euro je Titel ausgegeben. Das Bezugsrecht der Aktionäre wird ausgeschlossen. Darüber hinaus wird der Bund die derzeit von Fortum gehaltenen Uniper-Aktien für ebenfalls 1,70 Euro je Aktie erwerben, was einem Preis von 0,5 Mrd. Euro für die Beteiligung entspricht. Bis die Kapitalerhöhung abgeschlossen ist, wird die KfW Uniper bei Bedarf zusätzliche Liquidität zur Verfügung stellen.

Aufgrund der weiteren Verschärfung der europäischen Energiekrise seit Juli seien die bisher vereinbarten Stabilisierungsmaßnahmen nicht ausreichend und schwer umzusetzen, teilte Fortum mit. Die Ersatzbeschaffungen für nicht gelieferte russische Erdgasmengen haben bei Uniper nach Angaben der bisherigen Mutter bis heute zu einem Verlust in Höhe von rund insgesamt 8,5 Mrd. Euro geführt. „Uniper kann seine Rolle als systemkritischer Gasimporteur für die Versorgungssicherheit in Deutschland somit als privates Unternehmen nicht mehr erfüllen“, konstatierten die Finnen.

Die Uniper-Aktien stürzten am Mittwoch Vormittag um 30% ab. Rund 22% der Uniper-Anteilsscheine befinden sich in Streubesitz – knapp 16% werden dabei institutionellen Investoren zugeordnet und gut 6% Privatanlegern. Die jetzt angepeilte Verstaatlichung ersetzt die Vereinbarungen vom Juli dieses Jahres, nach denen der Bund via Kapitalerhöhung mit einer Beteiligung von 30% bei Uniper einsteigen sollte.

Bei den Aktionären der bisherigen Mutter Fortum sorgte die Trennung von Uniper für Erleichterung. Die Aktien des finnischen Energiekonzerns gewannen nach der Bekanntgabe am Mittwochmorgen rund 20 %, obwohl die Uniper-Beteiligung für Fortum laut CEO Markus Rauramo eine „schmerzhafte“ Erfahrung war. Der Fortum-Chef rechnete in einer Pressekonferenz vor, dass dem ursprünglichen Investment von 7 Mrd. Euro für den Anteil an Uniper erhaltene Dividendenzahlungen von 900 Mill. Euro über die Jahre sowie der jetzt vereinbarte Kaufpreis von 0,5 Mrd. Euro gegenüberständen. „Dieses Investment ist nicht so gelaufen, wie wir uns das vorgestellt haben“, sagte Rauramo. „Unser Fehler war anzunehmen, dass Russland rational agiert.“ Rauramo betonte jedoch froh zu sein, das Gesellschafterdarlehen über 4 Mrd. Euro sowie die Garantie in gleicher Höhe zurückzubekommen. Auch darauf haben sich Bund, Uniper und Fortum verständigt. Fortum hat außerdem bis Ende 2026 ein Vorkaufsrecht eingeräumt bekommen, falls Uniper sich entscheiden sollte, ihre schwedischen Wasser- und Kernkraftwerke zu veräußern. Der Konzern dürfte dann vor allen anderen ein Angebot abgeben.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) sieht die Uniper-Verstaatlichung als „bittere Pille, die Deutschland schlucken muss, da wir selbstverschuldet in die fossile Energiekrise geschlittert sind“. Der Gasimporteur sei zwar systemrelevant und müsse geschützt werden. Aber schon vor Jahren sei klar gewesen, dass fossile Geschäftsmodelle dauerhaft keine Zukunft hätten, erklärt DIW-Energieexpertin Claudia Kemfert. „Nun müssen sie quasi in einer fossilen Bad Bank aufgefangen werden – mit Steuergeld, das uns dann an anderer Stelle fehlt.“

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