NESTLE

Unmögliches erwarten

Er soll es richten: Ulf Mark Schneider - der Heilsbringer, der Anfang 2017 Paul Bulcke als CEO von Nestlé ablöst. Der langjährige Vorstandschef von Fresenius wird die Senkung der Wachstumsprognose für das laufende Jahr durch den weltgrößten...

Unmögliches erwarten

Er soll es richten: Ulf Mark Schneider – der Heilsbringer, der Anfang 2017 Paul Bulcke als CEO von Nestlé ablöst. Der langjährige Vorstandschef von Fresenius wird die Senkung der Wachstumsprognose für das laufende Jahr durch den weltgrößten Lebensmittelkonzern als das sehen, was es ist: als Auftrag, Nestlé zu alter Stärke, das heißt zu starkem Wachstum, zu führen. Das ist seit der Ankündigung, dass er als “Externer” der künftige Nestlé-Chef wird, jedem klar. Der relativ geringe Kursverlust von 0,8 %, den die Nestlé-Aktie gestern verbuchte, ist auch ein Indiz dafür, dass das Vertrauen in die Fähigkeiten Schneiders riesengroß ist, denn an der Börse wird das “Morgen” gehandelt. Allein, es wird Unmögliches von ihm erwartet.Seit vielen Jahren streben die Schweizer ein organisches Wachstum zwischen 5 und 6 % an, und viele Jahre wurde dieses Ziel auch erreicht oder gar übertroffen. Doch der Boom in den Schwellenländern ist längst abgeebbt, und “Gamechanger” wie Nespresso – die Marke, die den Milliardenmarkt mit Kaffeekapseln begründete, – zaubert auch ein Konzern mit rund 335 000 Beschäftigen nicht so einfach alle paar Jahre aus dem Hut. “Mittelfristig”, betonen die Board-Mitglieder daher immer wieder, werde die Wachstumsspanne angestrebt. Damit soll kritischen Fragen der Wind aus den Segeln genommen werden, denn der Zusatz impliziert, dass es Ausrutscher nach unten geben kann. Doch wie lang darf “mittelfristig” sein? Nestlé wird – das ist nun klar – ihr Wachstumsziel das vierte Jahr in Folge verfehlen. Mehr noch: Das organische Wachstum wird das fünfte Mal in Folge zurückgehen.Wer glaubt, Schneiders Ausgangsposition sei damit günstig, weil er nicht Rekordzahlen oder hohe Zuwachsraten bestätigen oder toppen muss, sondern den Konzern aus einem Wachstumstief führen soll – für einen Topmanager eine viel dankbarere Aufgabe -, irrt. Nestlé ist ein Supertanker, keine Jolle. Wenn sich deutliche Veränderungen in der Umsatzverteilung und damit auch der Wachstumsdynamik infolge strategischer Maßnahmen einstellen, dann nur langsam. Die Sparten Süßwaren (u. a. Kitkat, Nuts) und Speiseeis (Schöller), die das geringste organische Wachstum in den ersten drei Quartalen aufwiesen, werden aber noch lange zum Brot-und-Butter-Geschäft von Nestlé gehören. Und ob die stärkere Fokussierung auf Healthcare/Pharma wirklich den Erfolg bringt, den sich Verwaltungsrat und viele Marktakteure vorstellen, ist fraglich. In den ersten neun Monaten wies dieser Bereich das drittschwächste Wachstum aus.