Unruhe in der Bosch-Belegschaft

Das Klima im Stiftungskonzern ist rauer geworden: Verlagerungen, Schließungen und Verkäufe

Unruhe in der Bosch-Belegschaft

Beim Technologiekonzern Bosch geht es seit dem Amtsantritt von Konzernchef Volkmar Denner vor etwas mehr als einem Jahr rund. “G1″, wie er intern genannt wird, krempelt das Stiftungsunternehmen kräftig um.Von Gerhard Bläske, StuttgartUngeheuerliches geschieht bei Bosch. So war die Schließung des Solargeschäfts, das im Laufe der Jahre Milliardenverluste angehäuft hat, ein Paukenschlag. Noch immer ist kein Investor gefunden. Den 3 000 Mitarbeitern droht Arbeitslosigkeit.Doch auch sonst geschehen ungewöhnliche Dinge: Das Pneumatikgeschäft von Bosch-Rexroth mit fünf Standorten, darunter dem niedersächsischen Werk in Laatzen, wurde kürzlich an den Finanzinvestor Triton verkauft. Das Thermotechnik-Werk in Neukirchen im Erzgebirge, in dem seit 121 Jahren Heizkörper gefertigt werden, soll geschlossen werden. In Hildesheim will Bosch 800 von 1 600 Stellen abbauen, und im Werk Bühl in Baden gibt es Überkapazitäten. In vielen anderen Fabriken gibt es Verhandlungen über Kostensenkungen. In Reutlingen soll für die direkt in der Fertigung Beschäftigten die Bezahlung der sogenannten Steinkühler-Pause wegfallen. In der Industrietechnik schließlich bauen 1 800 Mitarbeiter ihre Arbeitszeitkonten ab, und einige arbeiten kurz. Selbst in der Kfz-Technik, die 60 % zum Konzernumsatz von 52 Mrd. Euro beiträgt, gibt es in einigen Bereichen Probleme. Denner soll sogar ein Abschmelzen von Weihnachts- und Urlaubsgeld planen, ist vereinzelt zu hören.”Unter neuer Führung sucht das Unternehmen Kurs in unruhiger See”, heißt es beim Gesamtbetriebsrat. Es gebe “jeden Tag neue Fragen”. Der stellvertretende Gesamtbetriebsratsvorsitzende Hartwig Geisel hofft auf Einigungen mit sozialverträglichen Lösungen. Derweil schließt Denner “Personalanpassungen” nicht aus. Das hat man bei dem 127 Jahre alten Konzern bisher kaum einmal gehört. Doch der Erfinder des Stabilisierungssystems ESP hat Sand im Getriebe. 2012 stieg der Umsatz nur um 1,9 %, die Ebit-Marge lag bei lediglich 2 %. Im ersten Quartal gingen die bereinigten Erlöse sogar um 1 % zurück. Und auch wenn für das Gesamtjahr ein Umsatzzuwachs von 2 bis 4 % geplant ist: Von der “Doppel-Acht” – dem angepeilten Einnahmezuwachs von 8 % und einer Marge von 8 % – ist Bosch weit entfernt. Konkurrenten wie Continental sind da weiter.Für Denner ist Bosch zu träge; er mahnt eine höhere Schlagzahl an. “Umsatz und Ertrag liegen schon lange unter unseren Erwartungen. Und die Fixkosten müssen gesenkt werden, um unser Unternehmen robuster zu machen. Der Bosch-Weg ist zwingend notwendig, um wettbewerbsfähig zu bleiben.” Durch Marktanteilsgewinne in bestehenden Geschäftsfeldern, die Erschließung neuer Geschäfte und Märkte, Produktivitätssteigerungen und eine Verbesserung der Position in Schwellenländern soll Bosch auf Kurs gebracht werden. Allein im Asien-Pazifik-Raum werden von 2011 bis 2013 rund 2,8 Mrd. Euro investiert und neue Werke gebaut. In Europa, das zuletzt für 57 % des Konzernumsatzes stand, werden 195 000 der weltweit 306 000 Mitarbeiter beschäftigt. Die 119 000 Mitarbeiter hierzulande sind besonders gefordert. Denner fordert Innovationen und eine Beschleunigung der Abläufe. Im Rahmen eines “kreativen Puzzles” sollen sie selbst erarbeiten, wie sie zu Konkurrenten aufschließen können. Nummer 1 oder Nummer 3Noch ist die Situation beim weltgrößten Autozulieferer, der in einigen Statistiken auf Rang 3 hinter Denso und Continental abgerutscht ist, nicht dramatisch. Bosch weist eine komfortable Eigenkapitalquote von 48 % und ein Liquiditätspolster von 12 Mrd. Euro auf. Zwar bekennt sich Denner zum “Bosch-Weg” der sozialen Verantwortung. Doch wenn die Ziele nicht erreicht würden, “wäre die solide Finanz- und Eigenkapitalstruktur gefährdet und damit unsere finanzielle Unabhängigkeit”.—– Wertberichtigt Seite 8