US-Erwerb drückt Infineon ins Minus

Cypress-Transaktion verursacht hohe Zusatzkosten - Quartalsverlust - Tendenz der Besserung im geschwächten Autogeschäft

US-Erwerb drückt Infineon ins Minus

Trotz hoher bilanzieller Zusatzbelastungen aufgrund des Erwerbs des US-Chipspezialisten Cypress hat Infineon bei den Anlegern punkten können. Deutschlands größter Halbleiterhersteller verbuchte zwar einen Quartalsverlust, überzeugte aber an der Börse mit einem zuversichtlichen Ausblick. sck München – Die im Frühjahr abgeschlossene Übernahme des kleineren US-Wettbewerbers Cypress für 9 Mrd. Euro hat bei Infineon für einen Quartalsverlust gesorgt. Im zurückliegenden Dreimonatsabschnitt steigerte Deutschlands größter Halbleiterhersteller den Umsatz infolge der Erstkonsolidierung des Neuerwerbs zwar um 8 % auf 2,2 Mrd. Euro, das operative Ergebnis (Segmentergebnis) sackte allerdings um 31 % auf 220 Mill. Euro ab. Die operative Umsatzrendite schrumpfte um 5,6 Prozentpunkte auf 10,1 %.Ursache dafür war das geschwächte Geschäft im Segment Automobile infolge der Corona-Pandemie. Aufgrund der Seuche brachen die Autoverkäufe der deutschen Hersteller im April und im Mai fast komplett weg. Kaufpreisallokation drücktFür die Monate April bis Juni wies der Dax-Konzern einen Nettoverlust von 128 Mill. Euro aus nach einem Gewinn von 224 Mill. Euro ein Jahr zuvor. Der Vorstand führte den Fehlbetrag auf bilanzielle Aufwendungen im Zusammenhang mit Cypress zurück. Infineon konsolidiert die US-Firma seit Mitte April. Das nicht den Geschäftsbereichen zugeordnete Ergebnis zeigte tiefrote Zahlen. Infineon meldete für diese Erfolgsposition – 313 Mill. Euro. Den Unternehmensangaben zufolge sind dafür Effekte aus der Kaufpreisallokation von Cypress ursächlich. Im Detail betraf das unter anderem Umsatzkosten (- 193 Mill. Euro) sowie Vertriebs- und Verwaltungskosten (- 79 Mill. Euro). Belastend wirkte auch das Finanzergebnis von – 79 Mill. Euro, welches ebenfalls durch die größte Akquisition in der Unternehmensgeschichte geprägt wurde. Hier spielten die übernommenen Schulden von Cypress und die aufgenommenen Bankdarlehen in Milliardenhöhe für den Kauf eine Rolle. Aktie setzt Erholungskurs fortIn einer Telefonkonferenz mit Journalisten zur Vorlage des Zwischenberichts räumte Finanzvorstand Sven Schneider ein, dass Infineon ohne diese Mehrkosten einen Quartalsgewinn erwirtschaftet hätte.Infineon bezifferte den Firmenwert des Zukaufs auf 5,5 Mrd. Euro. Die Coronakrise hinterlässt also auch bei den Bewertungen ihre Spuren, liegt diese Summe doch um 3,5 Mrd. Euro unter dem gezahlten Kaufpreis. Der CFO deutete an, dass auch in den folgenden Quartalen das Konzernergebnis durch die negativen Allokationseffekte belastet werde.Trotz dieser hohen Belastungen reagierten die Anleger auf das veröffentlichte Zahlenwerk wohlwollend. Die Aktie von Infineon gewann in der Spitze 5,7 % an Wert, gab im weiteren Tagesverlauf einen Teil der Kurszuwächse wieder ab und beendete den Xetra-Handel bei 22,21 Euro (+ 2,5 %). Nach dem Kurseinbruch im März infolge der Pandemie setzt der Anteilschein seinen Erholungskurs fort. Das Papier notiert derzeit auf dem Niveau von Februar – kurz vor den Panikreaktionen an den Kapitalmärkten wegen Covid-19.Für das Kursplus sorgten der Ausblick von Vorstandschef Reinhard Ploss und die – aus Sicht von Aktienhändlern – relativ robusten operativen Quartalszahlen mitten in der Coronakrise, wie dpa-afx zum letztgenannten Punkt berichtete. Für den CEO ist das Tief in der Autoindustrie überwunden. “Es gibt konkrete Zeichen für eine Erholung.” Die Talsohle in wichtigen Märkten sei durchschritten. Ein Stellenabbau sei für Infineon derzeit kein Thema. Mit einer gedrosselten Produktion, Kurzarbeit und reduzierten Investitionen konnte Ploss die Belastungen durch Corona abmildern.Die Sparte Automotive ist mit einem Umsatzanteil von rund 40 % an den gesamten Konzernerlösen der größte Bereich von Infineon. Ende März kassierte Ploss seine ursprüngliche Jahresprognose (vgl. BZ vom 27. März). Zur Vorlage der Zahlen des dritten Quartals für das am 30. September endende Geschäftsjahr 2020 zeigte sich der CEO einen Tick optimistischer als im Mai zur Bekanntgabe der Quartalszahlen der Wintermonate, als die Konzernführung erstmals Cypress im Jahresausblick berücksichtigte (vgl. BZ vom 6. Mai). Marge rückläufigDer Infineon-Chef rechnet nun für 2020 mit einem Umsatzanstieg auf 8,5 (i.V. 8) Mrd. Euro, aber einer auf 13 (16,4) % rückläufigen operativen Marge. Das entspräche einem Segmentergebnis von 1,1 Mrd. Euro – rund 200 Mill. Euro weniger als im zurückliegenden Geschäftsjahr 2019. Für das laufende Sommerquartal rechnet Ploss mit einem Umsatzzuwachs auf eine Spanne von 2,3 Mrd. bis 2,6 (i.V. 2,1) Mrd. Euro. Dabei stellte er eine Marge von 14 (15,1) % in Aussicht. Das entspräche einem Segmentergebnis von 322 Mill. bis 364 (311) Mill. Euro.Von April bis Juni schrumpften die Erlöse der Autosparte um 8 % auf 815 Mill. Euro. Das Bereichsergebnis drehte mit – 24 Mill. Euro in die Verlustzone nach einem Gewinn von 98 Mill. Euro ein Jahr zuvor. Die stabilen Geschäfte mit Industrieanwendungen und Energieerzeugung konnten den Dämpfer etwas abfedern. Tiefroter freier Cash-flowDerweil rutschte der freie Cash-flow per 30. Juni mit – 7,1 Mrd. Euro deutlich tiefer ins Minus. Ein Jahr zuvor waren es – 0,3 Mrd. Euro. Infineon begründete dies mit den Mittelabflüssen aufgrund des Preises für Cypress. Schneider relativierte diese tiefrote Zahl mit dem Hinweis, dass ohne die Übernahme der freie Cash-flow im Gesamtjahr 2020 bei rund 600 Mill. Euro liegen würde. Die von ihm als “organischer” freier Cash-flow bezeichnete Bilanzposition betrug seinen Worten zufolge Ende Juni 439 Mill. Euro.