US-Konzern kauft Hymer für 2 Mrd. Euro

Aus dem Zusammenschluss mit Thor Industries entsteht der weltgrößte Hersteller von Freizeitfahrzeugen - Familie beteiligt sich

US-Konzern kauft Hymer für 2 Mrd. Euro

Die hinter Hymer stehende Familie macht Kasse und verkauft den schwäbischen Wohnmobilhersteller an den deutlich größeren US-Rivalen Thor Industries. Die Bewertung liegt bei 2,1 Mrd. Euro. Thor baut damit die führende Position mit dem europäischen Branchenprimus aus. Dessen Börsenrückkehr ist vom Tisch.wb Frankfurt – Der lange Prozess der Selbstfindung der Erwin Hymer Group endet mit dem Verkauf des Familienunternehmens aus Bad Waldsee nach Amerika. Der weit größere US-Rivale Thor Industries übernimmt den größten Anbieter von Freizeitmobilien in Europa und verstärkt damit seine globale Stellung als Nummer 1 der Branche global mit zusammen 52 Marken.Beraten von Macquarie wollte der Hymer-Clan zunächst nur eine Minderheit abgeben, überlegte es sich im Prozessverlauf aber anders. Während sich Thor bisher ausschließlich auf den nordamerikanischen Markt konzentriert, hängt Hymer zu 93 % am europäischen Absatz. Auch in der Produktpalette seien beide komplementär, sagte Hymer-Chef Martin Brandt, der künftig an Thor-CEO Robert Martin berichtet.Am Ende soll noch der amerikanische Finanzinvestor Centerbridge im Rennen gewesen sein. Zuletzt wurde eine Rückkehr an die Frankfurter Börse für den Fall des Scheiterns der Übernahme Anfang nächsten Jahres ins Auge gefasst, wofür schon Deutsche Bank, Goldman Sachs und Citi mandatiert waren. Bei einem öffentlichen Angebot könnte Hymer mit bis zu 3 Mrd. Euro bewertet werden, hieß es.Die Branche sieht sich seit einigen Jahren in einem Boom nahezu ohnegleichen. Potenzielle Aktieninvestoren hatten denn auch befürchtet, dass der Zyklus auf dem Höhepunkt sei und sie in einen fallenden Markt hinein kaufen könnten. Rivale Knaus Tabbert hatte ebenfalls Börsenpläne, ließ diese aber in der Schublade verschwinden. Hymer war schon von 1990 bis 2014 gelistet, – als Mauerblümchen unter Nebenwerten. Das 7-fache Ergebnis gezahltHymer beziffert das bereinigte Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) für 2018 auf 235 Mill. Euro und mit 300 Mill. im gerade begonnenen Fiskaljahr. Dies bedeutet ein Multiple von 7 bezogen auf den Enterprise Value von 2,1 Mrd. Euro. Die 1957 gegründete Hymer hat mit ihren 24 Marken und 7 300 Beschäftigten im abgelaufenen Turnus 62 000 Fahrzeuge verkauft und 2,5 Mrd. Euro (plus 20 %) umgesetzt (vgl. BZ 25. August). Mit einem Marktanteil von über 20 % gilt das Unternehmen als europäischer Branchenprimus für Wohnmobile und Wohnwagen. Zur Gruppe gehören unter anderem die Marken Bürstner, Dethleffs, Laika, Eriba und Carado. Die Firma wurde von Erwin Hymer, der vor fünf Jahren starb, 1961 in Bad Waldsee gegründet. Die Anteile gehören bis dato seiner Witwe und den beiden Kindern. Die Familie erhält 2,3 Millionen Thor-Aktien, auf Basis des aktuellen Kurses also 220 Mill. Dollar. Sie wird 4 % an Thor halten und damit dort zu einem der größten Einzelaktionäre. Die Gruppe bleibt als SE bestehen, deren Anteile bei dem US-Konzern liegen.Thor mit heute 17 800 Beschäftigten und 18 Marken ist seit der Gründung 1982 mit der Akquisition von Airstream eine M&A-Maschine mit etwa 20 Übernahme, bisher allein in Amerika. Umgesetzt wurden knapp 7,3 Mrd. Dollar während Hymer auf 2,5 Mrd. Dollar kam. Netto verdiente Thor 374 (i.V. 258) Mill. Dollar. Die Schulden lagen bei lediglich 145 Mill. Dollar. Den überschüssigen Cash-flow wies Thor mit 235 Mill. Dollar aus bei einer Liquidität von 223 Mill. Dollar und verfügbaren Krediten von 353 Mill. Dollar. Thor verkaufte 2017 mit 237 000 Fahrzeugen mehr als der gesamte europäische Markt für alle Anbieter mit 189 000 Stück ausmachte. Die Finanzierung haben den weiteren Angaben zufolge J.P. Morgan und Barclays zugesagt. Vorgesehen sind ein Term Loan B auf sieben Jahre über 2,3 Mrd. Dollar und vorrangig besicherte Darlehen (ABL) auf fünf Jahre von 750 Mill. Dollar. Thor beabsichtigt die eigenen Aktien für die Hymer-Clan opportunistisch am Markt aufzunehmen. Thor setzt auf die Beratung von J.P. Morgan und Barclays sowie rechtlich Baker McKenzie. Hymer vertraut neben Macquarie auf Hengeler Mueller.