US-Mediengiganten spüren den Netflix-Effekt

Margen der großen Kabelfernsehanbieter geraten unter Druck - Einschaltquoten und Abozahlen sinken

US-Mediengiganten spüren den Netflix-Effekt

Von Sebastian Schmid, New YorkDie lange Zeit unantastbaren US-Mediengiganten stehen mit ihren Kabelnetzangeboten vor schmerzhaften Einschnitten. Kurz vor Beginn der Quartalssaison hatte eine Studie von Bain ergeben, dass sich immer mehr junge Amerikaner vom Fernsehprogramm nahezu komplett abwenden und dafür vermehrt Videoinhalte über das Internet konsumieren. In den jüngsten Quartalsberichten lassen sich die Auswirkungen des Trends ablesen. Während der Online-Videodienst Netflix sich weltweit über mehr als drei Millionen neue Kunden freut, melden die großen US-Kabelfernsehsender Abonnentenabflüsse. So hat die Disney-Tochter ESPN hunderttausende ihrer fast 100 Millionen Kunden eingebüßt.Dabei sind es nicht nur die Abogebühren, die flöten gehen. Zunächst sinken vor allem die Einschaltquoten und damit die Werbeeinnahmen. Am stärksten trifft dies Viacom, die sich mit der MTV-Sendergruppe oder Comedy Central an ein junges Publikum wendet – also gerade diejenigen, die am ehesten dazu neigen, das Kabel zu kappen und auf Onlinestreaming-Dienste zu setzen.Im Schnitt sanken die Einschaltquoten bei Viacom in den Monaten April bis Juni verglichen mit der Vorjahresperiode um 9 % – so stark wie bei keinem Konkurrenten.Bernstein-Analyst Todd Juenger nennt zwei Szenarien, die Investoren der Medienkonzerne zu befürchten haben. Im besseren Szenario erodiert die Zahl der Kunden nur langsam. Im ungünstigeren Szenario bricht deren Zahl ein und die Branche stürzt damit “ins Chaos”. Eine Rückkehr zu Wachstum schließen Branchenkenner praktisch aus.Derzeit spricht immerhin noch mehr für das erste Szenario. Eine Studie von TDG hat ergeben, dass noch immer 84 % der Netflix-Kunden ein Kabelfernseh-Abonnement besitzen. Vor drei Jahren waren es 87 %. Allerdings suggeriert die ebenfalls aktuelle Bain-Studie, dass sich der Wechsel auf rein internetbasiertes Fernsehen zuletzt kräftig beschleunigt hat. Der Ausbau schnellerer Internetanschlüsse dürfte zudem dafür sorgen, dass der Wechsel nicht mehr mit einem Qualitätsverlust assoziiert wird, wie noch in den vergangenen Jahren.Eine Folge könnte sein, dass die US-Kunden immer mehr nach schlankeren Kabelfernsehpaketen verlangen. Statt hunderten Sendern hätte man dann vielleicht nur noch 20 bis 50 Sender abonniert – zu einem entsprechend niedrigeren Preis. Apple soll etwa ein solches Angebot in Vorbereitung haben. Die Chancen dafür sehen Experten gut. Man würde sich schwertun, “Verbraucher zu finden, die mit ihrem derzeitigen Kabelpaket zufrieden sind”, glaubt BTIG-Analyst Rich Greenfield. Auf die Gewinne drückt der Wandel schon jetzt (siehe Tabelle). Das Gros der Umstellung steht aber erst noch an.