US-Verbraucher meiden die Warenhäuser
Von Sebastian Schmid, New YorkDie gesunkene Arbeitslosenquote, gestiegene Lohnniveaus, gesunkene Benzinpreise und die Dollarstärke füllen den US-Konsumenten die Taschen. Allerdings profitieren längst nicht alle amerikanischen Einzelhandelskonzerne von der besseren finanziellen Ausstattung der US-Verbraucher. Zuletzt hatten die Kaufhausbetreiber Macy’s und Nordstrom eine rückläufige Umsatz- und Gewinnentwicklung gemeldet. Der defizitäre Konkurrent J. C. Penney hatte zwar eine Erlössteigerung berichtet. Zugleich hatte das texanische Unternehmen allerdings mit einem vorsichtigen Ausblick vor einem schwachen Weihnachtsgeschäft gewarnt.Im Gegensatz zu den Warenhäusern kommt der Einzelhandelskönig Wal-Mart bei seinen Turnaround-Bemühungen im Heimatmarkt gut voran. In den Ende Oktober abgelaufenen drei Monaten schrumpfte der Umsatz konzernweit zwar um 1,3 % und damit kräftiger als in den vorangegangenen beiden Quartalen.Auf vergleichbarer Fläche glückte in den USA indes im fünften Quartal in Serie eine Umsatzzunahme. Für das Ende Januar ablaufende Geschäftsjahr wurde der Ergebnisausblick von 4,40 bis 4,70 Dollar auf 4,50 bis 4,65 Dollar je Aktie konkretisiert. Für das Schlussvierteljahr beträgt die Ergebniserwartung 1,40 bis 1,55 Dollar je Anteilschein. Von Thomson Reuters befragte Analysten hatten bislang im Schnitt mit 1,42 Dollar je Aktie gerechnet.Die Entwicklung des Kundenverkehrs und der Erlöse auf vergleichbarer Fläche zeige, dass Wal-Mart auf dem richtigen Weg sei, erklärte CEO Doug McMillon. Beide hatten jeweils um rund 1,5 % zugelegt. Am Dienstag haben die Investoren McMillon zwar recht gegeben. Die Aktie mit dem Kürzel WMT legte bis zum späten Vormittag in New York um 4,5 % auf 60,50 Dollar zu. Allerdings ist die Jahresbilanz damit nicht gerettet. Seit Anfang Januar hat der Titel ein Drittel an Wert eingebüßt. Zum Vergleich: J. C. Penney, die vergangenes Jahr nur knapp an einer Pleite vorbeischrammte, stieg 2015 um 18 %. Macy’s hat sogar noch kräftiger verloren als Wal-Mart. Die Aktie mit dem Börsenkürzel “M” steht derzeit um 41 % unter dem Wert zu Jahresbeginn. Vor allem der dramatische Ergebniseinbruch hat die Anleger in Scharen aus der Aktie fliehen lassen. Allein im vergangenen Monat gaben die Titel um ein Viertel nach. Höhere Löhne belastenUnter dem Strich ist auch bei Wal-Mart eine weniger berauschende Entwicklung zu beobachten. Im jüngsten Vierteljahr schrumpfte der Gewinn um ein Zehntel auf 3,3 Mrd. Dollar bzw. 1,03 Dollar je Aktie. Ein belastender Faktor ist etwa die Dollarschwäche. Die internationalen Erlöse schrumpften um 11 %. Auch hat Wal-Mart vor einigen Monaten begonnen, die Löhne der einfachen Mitarbeiter zu erhöhen – zunächst auf 9 Dollar je Stunde.Im kommenden Turnus steht dann eine weitere Anhebung auf 10 Dollar je Stunde an. Die Stundenlöhne der Verkaufsbereichsleiter waren zunächst auf 13 Dollar angehoben worden und sollen 2016 auf 15 Dollar klettern. Darüber hinaus investiert Wal-Mart mehr als bislang in die Weiterbildung der Angestellten. Der Anstieg der Lohnkosten dürfte damit auch im kommenden Jahr die Gewinnentwicklung bremsen, sollten andere Faktoren wie die höheren Kosten nicht überkompensieren.”Es ist ein wenig bizarr”, erklärte Topeka-Capital-Analystin Dorothy Lakner Ende vergangener Woche bezogen auf die schwachen Quartalsberichte von Macy’s, Nordstrom und J. C. Penney. “Die Menschen haben Geld, aber sie geben es nicht für Bekleidung aus.” Hier ist Wal-Mart im Vorteil gegenüber den Kaufhäusern. Bekleidung macht in dem Gemischtwarenangebot des weltgrößten Einzelhändlers einen deutlich geringeren Anteil aus. Amerikanische Modehandelsketten wie Abercrombie & Fitch spüren die Auswirkungen noch stärker. Die Krise am US-Modemarkt treibt inzwischen sehr seltsame Blüten. Urban Outfitters kündigte am Montag mit der Übernahme der Pizzeriakette Vetri den Einstieg ins Gastronomiegewerbe an.