Online-Riese

US-Verbraucherschutzbehörde verklagt Amazon wegen Prime-Angebot

Die US-Verbraucherschutzbehörde FTC klagt gegen Amazon. Der Regulator wirft dem Konzern illegale Taktiken beim Vertrieb seines Abodienstes Prime vor.

US-Verbraucherschutzbehörde verklagt Amazon wegen Prime-Angebot

FTC verklagt Amazon

US-Verbraucherschutzbehörde wirft Konzern illegale Locktaktiken für Prime-Angebot vor

xaw New York

Die US-Wettbewerbs- und Verbraucherschutzbehörde FTC sucht den Konflikt mit Amerikas Tech-Riesen. Am Mittwoch hat der Regulator den E-Commerce-Konzern Amazon verklagt. Das Unternehmen habe "Millionen von Nutzern" mit "manipulativen, zwingenden oder irreführenden Designoberflächen" dazu gelockt, sich bei seinem kostenpflichtigen Abonnement-Dienst Prime zu registrieren, und den Kündigungsprozess für diesen "wissentlich verkompliziert", erklärte die FTC. Damit sei für Verbraucher nicht nur viel Frust entstanden, sie hätten damit auch signifikante Summen verloren.

Im Rahmen ihrer Klage will die Behörde Amazon vom zuständigen Bezirksgericht im Bundesstaat Washington zwingen lassen, die angeblich illegalen Praktiken einzustellen. Zudem fordert der Regulator eine nicht näher spezifizierte Geldstrafe. Das im Zentrum des bevorstehenden Rechtsstreits stehende Prime-Programm gilt als entscheidender Baustein für die Marktmacht von Amazon. Entsprechend weist Konzern die Anschuldigungen der FTC zurück. Die Vorwürfe seien bezüglich "der Fakten und der Rechtslage falsch", heißt es einem Amazon-Statement. Sowohl der Registrierungs- als auch der Kündigungsprozess für Prime seien klar und einfach gestaltet. Das Unternehmen warf der Behörde zudem vor, die Klage ohne vorherige Warnung eingereicht zu haben, obwohl sich beide Seiten diesbezüglich in Gesprächen befunden hätten.

Angebot ausgeweitet, Preise erhöht

Der Konzern startete den Abodienst, über den sich Kunden schnellere Lieferungen und Discounts sichern konnten, im Jahr 2005 für 79 Dollar im Jahr. Seither sind zahlreiche weitere Funktionen hinzugekommen, zum Beispiel der Zugang zum Streamingportal Prime Video. Damit einhergegangen ist ein Preisanstieg: Heute kostet Prime in den USA 139 Dollar pro Jahr, in Deutschland sind es 89,90 Euro. Global nutzen 200 Millionen Kunden den Abodienst, davon allein fast 150 Millionen in den Vereinigten Staaten.

Nach Darstellung der FTC hat Amazon es aber absichtlich besonders schwierig gestaltet, Produkte über den Online-Marktplatz des Unternehmens zu kaufen, ohne dabei Prime-Mitglied zu werden. In einigen Fällen sei für Kunden nicht ersichtlich gewesen, dass sie durch Anwählen einer bestimmten Schaltfläche ein sich erneuerndes Abonnement abschließen würden. Wer seine Mitgliedschaft kündigen wolle, müsse sich dagegen durch mehrere Internetseiten mit einer Vielzahl an verschiedenen Optionen arbeiten – darunter die Möglichkeit, das Abo zu einem niedrigeren Preis zu behalten. Den Kündigungsprozess habe Amazon intern nach Homers Epos "Ilias" benannt, das über rund 16.000 Verse die Geschichte des trojanischen Kriegs nacherzählt.

Die Klage stellt den aggressivsten Schritt dar, den die FTC unter ihrer seit Juni 2021 amtierenden Vorsitzenden Lina Khan bisher gegen Amazon gewagt hat. Die 34-Jährige erlangte in Juristen- und Wirtschaftskreisen bereits während ihrer Studienzeit in Yale mit einem Artikel zu kartellrechtlichen Problemen um den E-Commerce-Riesen Bekanntheit. Nun zieht sie erstmals seit ihrem Amtsantritt gegen den Konzern vor Gericht.

Vergleiche in alten Fällen

Zuletzt hatte sich Amazon noch in Fällen, die aus der Zeit vor Khans Ernennung stammen, auf Vergleiche mit der FTC geeinigt. Im vergangenen Monat erklärte sich der Konzern beispielsweise zu Zahlungen von 25 Mill. Dollar bereit, um einen Streit bezüglich des Sprachassistenten Alexa beizulegen – dieser zeichnete nach Darstellung der Verbraucherschutzbehörde illegal die Daten von Kindern auf.

Khan vertritt indes die Ansicht, dass die Regulierung aggressiver werden muss, um die Marktmacht der Tech-Riesen einzuschränken. Deswegen wird sie nicht nur im Verbraucherschutz, sondern auch im Kartellrecht aktiv. Unter Khans Ägide hat die FTC beispielsweise eine Klage gegen die Facebook-Mutter Meta Platforms fortgeführt, deren Übernahmen der Social-Media-Dienste Instagram und Whatsapp die Behörde als wettbewerbsfeindlich einstuft. Zudem geht die FTC gegen die geplante, 75 Mrd. Dollar schwere Übernahme des Spieleentwicklers Activision Blizzard durch Microsoft vor. Eine weitreichende Kartellklage gegen Amazon steht indes noch aus.

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