USA setzen Tiktok Ultimatum
USA setzen Tiktok Ultimatum
Reuters Washington/Brüssel
Wenige Tage nach der Abstimmung im US-Repräsentantenhaus hat auch der Senat den Weg für ein Verbot von Tiktok in den USA freigemacht. Die Parlamentarier stimmten am späten Dienstagabend (Ortszeit) mit großer Mehrheit für ein Gesetz, das den chinesischen Tiktok-Mutterkonzern Bytedance dazu verpflichtet, sein US-Geschäft binnen eines Jahres zu verkaufen. Andernfalls werde der Zugriff auf die wegen ihrer Tanzvideos bekannten Internet-Plattform blockiert. „Jahrelang haben wir der Kommunistischen Partei Chinas erlaubt, eine der beliebtesten Apps Amerikas zu kontrollieren, und das war gefährlich kurzsichtig“, sagte Senator Marco Rubio, der führende Republikaner im Geheimdienstausschuss.
Wegen ihrer Nähe zur chinesischen Regierung stehen Bytedance und die vor allem bei Jugendlichen beliebte App Tiktok in zahlreichen Ländern unter Spionageverdacht. Behörden befürchten, dass die Volksrepublik persönliche Daten der Nutzer unter ihre Kontrolle bringen und die öffentliche Meinung manipulieren kann. In mehreren Ländern ist Tiktok auf Diensthandys von Beamten und Regierungsvertretern tabu. Die beiden Unternehmen und die chinesische Regierung haben die Vorwürfe mehrfach zurückgewiesen.
Gesetz erntet Kritik
TikTok äußerte sich zunächst nicht zu der Entscheidung des US-Senats. Die Videoplattform hatte ein mögliches Verbot zuvor bereits kritisiert und es als Angriff auf die Meinungsfreiheit bezeichnet. Sie wird voraussichtlich gerichtlich dagegen vorgehen. „Dies ist erst der Anfang, nicht das Ende“, hieß es in einem Tiktok-Rundschreiben vom Wochenende.
Auch aus anderen Richtungen gab es Kritik: Der demokratische Senator Ron Wyden warnte, das Gesetz könne von einer künftigen US-Regierung missbraucht werden, um die Redefreiheit der Amerikaner zu beschneiden. Die Bürgerrechtsgruppe ACLU sprach von einem gefährlichen Präzedenzfall für eine „übermäßige staatliche Kontrolle sozialer Medien“, die weltweit Nachahmer finden könne.
US-Präsident Joe Biden muss das Gesetz noch unterzeichnen, damit es in Kraft tritt. Er hat bereits signalisiert, dies rasch tun zu wollen. Anschließend bleiben Bytedance neun Monate Zeit, einen Käufer für das US-Geschäft von Tiktok zu finden. Die Frist kann um drei Monate verlängert werden, wenn der US-Präsident der Ansicht ist, dass sich die Transaktion ihrem Abschluss nähert.
Tiktok wendet EU-Strafe ab
In Brüssel hat Tiktok unterdessen nach eigenen Aussagen am Dienstag die von der Europäischen Union geforderte Risikoeinschätzung für die neue App „Tiktok Lite“ eingereicht. Damit wendete die Plattform eine Strafzahlung vorerst ab. Die EU stößt sich am Bonusprogramm von „Tiktok Lite“. Nutzer erhalten dort Punkte für jedes angesehene Video. Kritiker befürchten, dass damit ein erhöhtes Suchtpotenzial einhergeht. „Tiktok Lite“ wurde vor kurzem in Frankreich und Spanien auf den Markt gebracht.
Das Unternehmen unterliegt als besonders großer Online-Dienst einer verschärften Regulierung im Rahmen des europäischen Digital Services Act (DSA). Dieser verbietet unter anderem sogenannte „Dark Patterns“, also manipulative Praktiken, mit denen Kunden auf den Plattformen gehalten oder zu Käufen animiert werden. Daneben verpflichtet das Gesetz Internet-Konzerne dazu, ein Risikomanagement einzurichten sowie verstärkt gegen Hass und Hetze im Internet vorzugehen. Bei Verstößen drohen Strafen von bis zu 6% des weltweiten Jahresumsatzes.