USA weiten Sicherheitskampagne auf China-Apps aus
Von Norbert Hellmann, SchanghaiIm immer weiter ausufernden Technologiestreit zwischen China und den USA verschärft Washington die Gangart mit einer neuen, “Clean Network” genannten Initiative, die von Außenminister Mike Pompeo verantwortet wird. Sie scheint vor allem darauf abzuzielen, die internationale Verbreitung von Chinas sozialen Medien und anderen Apps sowie von Cloud-Diensten und Unterseekabelnetzwerken zu behindern und insgesamt Chinas digitale Infrastruktur zu bremsen.Peking muss sich nun auf eine neuerliche US-Offensive vorbereiten, die weit über die bereits angedeuteten Restriktionen für die in den USA äußerst populäre chinesische Kurzvideoplattform Tiktok hinausgehen. Pompeo jedenfalls lässt keinen Zweifel daran, dass sich Chinas Digitalwirtschaftsplaner warm anziehen müssen. Als sicherheitspolitische Begründung dient dabei die Maxime, dass die App-Nutzerdaten von Amerikanern vor “untrusted vendors” – also nicht vertrauenswürdigen Anbietern – geschützt werden müssen. Schon 30 Länder dabeiSo verspricht Pompeo, weitere Hebel in Bewegung zu setzen, um dafür zu sorgen, dass chinesische Apps, allen voran Tiktok und Wechat – die von über 1 Milliarde Chinesen genutzte Social-Media-Plattform des Internetriesen Tencent -, aus den amerikanischen App-Stores verbannt werden. Besonders bedenklich ist für China, dass Pompeo mit Clean Network eine länderübergreifende Initiative anstoßen will und dabei betont, dass schon über 30 Länder und Territorien eine Mitwirkung zugesagt hätten.Am Donnerstag reagierte das chinesische Außenministerium mit einem wütenden Statement: “Chinesische Technologieunternehmen, die sich gegenwärtig unilateralen amerikanischen Sanktionen ausgesetzt sehen, sind unschuldig, und ihre Technologien und Produkte sind auch für ausländische Nutzer sicher”, erklärte ein Sprecher des Ministeriums. Es sei absurd, wenn ausgerechnet die USA von einem “sauberen Netzwerk” reden würden, da sie sich selbst mit Schmutz beladen hätten. Damit deutete der Sprecher auf US-Spionageaktivitäten und das Eindringen in Netzwerke im Rahmen des vom Aktivisten Edward Snowden aufgedeckten Prism-Überwachungssystems hin. Tencent bleibt gelassenWährend das Vorgehen gegen Tiktok einen echten Schlag ins Kontor des Social-Media-Riesen Bytedance bedeutet, weil diese App explizit auf ein globales Publikum ausgerichtet ist und möglicherweise nur mit einem Zwangsverkauf an eine amerikanische Adresse vor einem Bann geschützt bleiben wird, dürften Restriktionen bei der internationalen Verbreitung von Wechat Tencents Geschäftsmodell nicht sonderlich berühren. Tatsächlich ist es so, dass Tencent ihre Bemühungen, Wechat auch über den asiatischen Raum hinaus international aktiv zu etablieren, längst wieder eingestellt hat.Man konnte bereits vor Jahren feststellen, dass westliche Nutzer Vorbehalte dagegen haben, ein von Chinas Regierung streng überwachtes soziales Medium zu nutzen. Auch die Smartphone-Bezahlfunktion der Alleskönner-App Wechat hat bislang über China hinaus praktisch keine Verbreitung gefunden. Am Donnerstag reagierte die Tencent-Aktie auf Pompeos Rede anfänglich zwar mit einem Wackler, erholte sich aber rasch wieder und büßte letztlich nur knapp 1 % ein.