USA wollen Nord Stream 2 mit Sanktionen stoppen
md/dpa-afx Frankfurt – Buchstäblich auf den letzten Metern wollen die USA die umstrittene Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 noch verhindern – und sorgen damit für Empörung in Europa. Das US-Repräsentantenhaus brachte Sanktionen gegen Unternehmen im Zusammenhang mit dem Projekt auf den Weg.”Die europäische Energiepolitik wird in Europa entschieden, nicht in den USA”, stellte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) klar. Russland wertet die geplanten Strafmaßnahmen als einen Versuch der USA, sich Vorteile auf dem europäischen Gasmarkt zu verschaffen.Zuvor hatten die Abgeordneten im US-Kongress mit großer Mehrheit für die geplanten Sanktionen gestimmt. Erwartet wird, dass der Senat das Paket noch vor Beginn der Sitzungspause Ende nächster Woche verabschiedet. US-Präsident Donald Trump hatte bereits per Twitter angekündigt, dass er das Gesetzespaket “sofort” unterschreiben werde.”Eingriffe von außen und Sanktionen mit extraterritorialer Wirkung lehnen wir grundsätzlich ab”, teilte der deutsche Außenminister mit. Die Union im Bundestag wurde deutlicher: “Das ist nun nicht mehr nur ein unfreundlicher, sondern ein feindlicher Akt der USA gegen ihre Verbündeten und ganz Europa.”Die US-Sanktionen seien “ein Schlag gegen Europa und den engen Bündnispartner Deutschland”, sagte der Präsident der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer (AHK) und Vorstandschef des Öl- und Gaskonzerns OMV, Rainer Seele. Nord Stream 2 erhöht nach Ansicht der AHK die Energiesicherheit in Europa und sorgt für günstige Energiepreise – auch im Vergleich zum teureren amerikanischen Flüssiggas (LNG). “Es ist an der Zeit, dass Berlin und Brüssel eine klare politische Position beziehen und mit gezielten Gegenmaßnahmen antworten. Auf dem Spiel steht die energiepolitische Unabhängigkeit Europas”, sagt Seele. EU-Handelskommissar Phil Hogan wich der Frage aus, ob die EU im Fall von US-Sanktionen mit Vergeltungsmaßnahmen antworten würde.Nord Stream 2 soll von 2020 an unter Umgehung von Polen und der Ukraine Gas von Russland nach Deutschland liefern (siehe Grafik). Bislang wurden nach Angaben des Nord-Stream-2-Konsortiums mehr als 2 100 Kilometer des Doppelstrangs in der Ostsee verlegt, rund 300 Kilometer fehlen noch. Der US-Kongress will die Fertigstellung des Projekts verhindern. Die Sanktionen könnten es zumindest verzögern. Die USA argumentieren, dass sich Deutschland mit Nord Stream 2 von Russland abhängig macht.Der Betreiber der Pipeline, die Nord Stream 2 AG im schweizerischen Zug, wollte sich zu den näherrückenden US-Sanktionen nicht äußern. Auch von betroffenen Firmen gab es kaum Reaktionen. Die italienische Saipem wies darauf hin, dass man nur einen sehr begrenzten Teil zu Nord Stream 2 beigesteuert habe, der zudem bereits abgeschlossen sei. Saipem ist nach eigener Darstellung weltweit führend u. a. beim Verlegen von Pipelines. Der Schweizer Offshore-Pipelinespezialist Allseas teilte mit, man spekuliere nicht über die potenziellen Auswirkungen von Sanktionen.Die Sanktionen zielen auf die Betreiber der Spezialschiffe, mit denen die Rohre für die Ostsee-Pipeline verlegt werden. Gegen Manager dieser Firmen und deren Hauptaktionäre mit Kontrollmehrheit sollen Einreiseverbote in die USA verhängt werden. Bestehende Visa sollen widerrufen werden. Transaktionen der Betroffenen, die sich auf ihren Besitz oder ihre geschäftlichen Interessen in den USA beziehen, sollen blockiert werden können.Nord Stream 2 kostet rund 10 Mrd. Euro. Die Leitung wird je zur Hälfte von der russischen Gazprom und den fünf europäischen Unternehmen OMV, Wintershall Dea, Engie, Uniper und Shell finanziert.