Valeant wird mit Enron verglichen

Shortseller wirft dem Konzern Phantombuchungen vor - Börsenwert schmilzt in drei Tagen um ein Drittel

Valeant wird mit Enron verglichen

Valeant Pharmaceuticals hat sich im Eiltempo vom Darling zum Prügelknaben der Wall Street gewandelt. Anfang August hatte die Aktie bei 262 Dollar ihr Rekordhoch markiert. Wegen einer staatlichen Untersuchung der Preisanhebungspraktiken und einer Analyse von Citron Research, die Valeant mit Enron vergleicht, ist die Aktie nun unter 100 Dollar gefallen.Von Sebastian Schmid, New YorkIn vielerlei Hinsicht sei Valeant Pharmaceuticals ein “Berkshire Hathaway im Frühstadium”, hat William Ackman noch im Juni geschwärmt. Ein Satz, der wie ein Bumerang zurückkommt. Rund 6 % hält sein Hedgefonds Pershing Square an Valeant. Das war zeitweise fast ein Fünftel des gesamten Portfoliowertes. Nun behauptet der aktivistische Shortseller Andrew Left in seinem Investoren-Newsletter “Citron Research”, bei Valeant handle es sich um eine “pharmazeutische Enron”. Der bereits wegen einer staatlichen Untersuchung der Preisanhebungspraktiken in die Kritik geratene Konzern stürzte daraufhin an der Börse ab. Binnen drei Handelstagen haben die Titel ein Drittel ihres Wertes eingebüßt. Seit dem Rekordhoch Anfang August sind es zwei Drittel.Die Vorwürfe an Valeant sind schwerwiegend. Über ein Netzwerk von Briefkastenfirmen soll der Konzern Luftbuchungen vornehmen. Left, der selbst einräumt, als Shortseller der Aktie von deren Absturz zu profitieren, fußt seine Behauptung auf frisch öffentlich gewordene Verbindungen zwischen Valeant und zwei Spezialpharmazien – Philidor RX und R & O Pharmacy. R & O klagt derzeit in Kalifornien gegen Valeant wegen einer angeblich unbegründeten Forderung über 69 Mill. Dollar. Valeant behauptet wiederum, die Forderung für Philidor RX einzutreiben, für die man seit Ende 2014 eine Kaufoption besitze. In der Telefonkonferenz zum dritten Quartal erklärte Valeant-CEO Mike Pearson sogar, dass Philidor bereits konsolidiert werde.Left wiederum glaubt, dass R & O Pharmacy eine Tochter von Philidor ist. Hinweise dafür seien etwa, dass sich die Gesellschaft auf Teilen ihrer Webseite selbst als Philidor RX bezeichne und die gleiche kostenlose Telefonnummer wie Philidor anbiete, um ihren Privatsphäre-Beauftragten zu erreichen. Zudem hat Citron noch weitere Spezialpharma-Apotheken ausfindig gemacht, die ebenfalls dieselbe Telefonnummer angeben. Valeant habe offenbar ein Netzwerk aus Philidor-Klonen gegründet, um Phantomkäufe buchen zu können.Valeant erklärte nun, Philidor biete anderen Spezialpharmagesellschaften bestimmte administrative Dienstleistungen an – darunter etwa Telefondienste. Seltsam ist indes, dass R & O zwei Webseiten aufweist, von denen der Anwalt des Unternehmens der “New York Times” nur eine als eigene bestätigen wollte. Die andere Webseite wurde im Mai in Pennsylvania registriert, wo auch Philidor ansässig ist. Fragwürdige PersonenLeft stört sich zudem daran, dass die Chefin des Rechnungsprüfungsausschusses des Boards von Valeant, Norma Provencio, als Direktorin von Signalife über Jahre mit dem verurteilten Aktienbetrüger Mitchell Stein zusammengearbeitet habe. Sie ist schon lange bei Valeant an Bord und hat den heutigen CEO Mike Pearson seit dessen Amtsübernahme im Jahr 2008 begleitet. Allerdings ist auch Left selbst nicht ohne Makel. Der aktivistische Shortseller war 1998 von der National Futures Association für drei Jahre gesperrt worden wegen “falscher und irreführender Aussagen mit dem Ziel, einen Kunden zu betrügen”. Später verklagte ihn ein Arbeitgeber erfolgreich wegen ähnlicher Vorwürfe. Allerdings hat er in späteren Jahren auch einige Erfolge vorzuweisen. Firmen, die ihn erfolglos verklagten, mussten später Betrug einräumen.Die schiere Summe an Ungereimtheiten hat die Valeant-Investoren derweil offenbar in Panik versetzt und hat sie die Aktie auch am Donnerstag massenweise abstoßen lassen. Die Titel verloren ein weiteres Zehntel auf 95,50 Dollar – den niedrigsten Kurs seit 2013.