Medizintechnikbranche

Varian-Lieferprobleme bremsen Siemens Healthineers

Siemens Healthineers hat die hohen Wachstumsraten im dritten Quartal beibehalten. Jedoch drückten Lieferschwierigkeiten der Tochter Varian auf den Gewinn.

Varian-Lieferprobleme bremsen Siemens Healthineers

Varian-Lieferprobleme bremsen Siemens Healthineers

Anleger reagieren mit Kursrutsch um 6 Prozent – Vorstand bekräftigt aber die Prognose für das Geschäftsjahr – Auch im dritten Quartal hohe Wachstumsraten

Siemens Healthineers hat die hohen Wachstumsraten im dritten Quartal beibehalten. Jedoch litt der Medizintechnikhersteller unter Lieferschwierigkeiten der Strahlentherapie-Tochter Varian, die auf den Gewinn drückten. Trotzdem bleibt die Prognose für den Konzern unverändert gültig. Der Aktienkurs ging um 6% zurück.

mic München

Siemens Healthineers bleibt auf dem Expansionspfad und gewinnt im Kernsegment Imaging Marktanteile. „Im dritten Quartal hat das Siemens-Healthineers-Team erneut ein starkes Wachstumsquartal abgeliefert“, lobte Vorstandsvorsitzender Bernd Montag in einer Telefonpressekonferenz anlässlich der Vorlage der Zahlen des dritten Quartals. Ohne Antigen-Schnelltest sei der Umsatz auf vergleichbarer Basis um 10,1% gestiegen, sagte Montag. Inklusive dieser nun weitgehend entfallenen Erlöse betrug das Plus 3,6%. Auch in die Zukunft gewandt zeigte Montag sich zuversichtlich: „Mit dem Equipment-Book-to-bill-Verhältnis von 1,11 sind wir sehr zufrieden.“

An der Börse geriet die Aktie von Siemens Healthineers dennoch stark unter Druck. Das Papier beendet den Xetra-Handel mit einem Kursrückgang von 5,6% auf 49,38 Euro. Die Anleger reagierten verschnupft darauf, dass die amerikanische Strahlentherapie-Tochter Varian im dritten Quartal des Geschäftsjahres (30. September) lediglich ein vergleichbares Umsatzwachstum von 6,7% meldete. Außerdem brach die Marge des bereinigten Ebit von 18,1 auf 12,1% ein.

Das Varian-Umsatzwachstum sei leicht gebremst durch vorübergehende Herausforderungen bei der Auslieferungslogistik, erklärte Montag. Varian habe als einziges Healthineers-Segment Probleme bei der Beschaffung gehabt und sei nun noch nicht im eingeschwungenen Zustand. Rund 20 Systeme seien zum 30. Juni nicht fertig geworden. Das seien jedoch Themen temporärer Natur, betonte der Healthineers-Vorstandsvorsitzende.

Varian vor starkem Quartal

Montag ließ erkennen, dass der Wechsel des Varian-CEOs zu Baxter International im Frühjahr ein Schlag gewesen ist: „Der Weggang von Chris Toth hat uns natürlich nicht gefreut.“ Toth habe die Mannschaft extrem gut motiviert. Andererseits kenne Nachfolger Arthur Kaindl, der langjährige Leiter der Magnetresonanztomografie-Einheit, Siemens Healthineers extrem gut und könne Themen wie die Professionalisierung der Lieferkette vorantreiben.

Finanzvorstand Jochen Schmitz räumte ein, der Varian-Umsatz liege nach neun Monaten noch unter der angepeilten Bandbreite. Es solle jedoch weiterhin ein vergleichbares Plus von 9 bis 12% erreicht werden, und zwar das obere Ende dieser Spanne. Er sei für den Jahresausblick sehr zuversichtlich, weil die Erlöse im vierten Quartal des vorherigen Geschäftsjahres nicht so stark wie im dritten Quartal gewesen seien. Die Prognose für die bereinigte Ebit-Marge nahm er dennoch zurück, sie soll im Geschäftsjahr nun zwischen 14 und 15% statt zwischen 16 und 18% landen. Die Preismaßnahmen griffen langsamer als etwa in der Sparte Imaging, da der zeitliche Abstand zwischen Auftragseingang und Umsatzlegung größer sei, sagte Schmitz.

Die Healthineers-Vorstände bestätigten die Konzernprognose. Demnach wird die Umsatzentwicklung auf vergleichbarer Basis in der oberen Hälfte zwischen –1 bis 1% liegen. Ohne Umsatzerlöse aus Antigen-Schnelltests im Vorjahr entspreche dies einem vergleichbaren Umsatzplus in der oberen Hälfte von 6 bis 8%, sagte Montag. „Wir erwarten ein sehr solides viertes Quartal, was den Umsatz angeht“, sagte Schmitz. Die Varian-Dynamik werde sehr stark sein, er erwarte auch eine gute Imaging-Wachstumsrate. Die Märkte blieben sehr stabil, insofern werde das Verhältnis von Auftragseingang zu Umsatz „vernünftig“ ausfallen.

Niedrige Steuerquote

Healthineers wiederholte, dass das bereinigte unverwässerte Ergebnis je Aktie (bereinigt um Aufwendungen für portfoliobezogene Maßnahmen sowie Personalrestrukturierungsaufwendungen) in der unteren Hälfte der Bandbreite von 2,00 bis 2,20 Euro erwartet wird. Nach neun Monaten stehen 1,47 Euro zu Buche. Er erwarte im vierten Quartal eine sehr starke Profitabilität von Imaging, Varian und Advanced Therapies, sagte Schmitz. Die Sparte Diagnostics bleibe auf dem Pfad mit leichtem Wachstum und leichter positiver Profitabilität ohne Antigen-Schnelltests und Transformationskosten.

Im dritten Quartal sank das bereinigte operative Ergebnis um 3% auf 740 Mill. Euro und verfehlte damit die Erwartungen der Analysten. Dass der Nettogewinn trotzdem um 24% auf 451 Mill. Euro emporschoss, erklärte Schmitz mit einer extrem niedrigen Steuerquote von 13% im dritten Quartal. Steuerrückstellungen hätten reduziert werden können. Im Gesamtjahr rechne Healthineers nun mit einer Steuerquote zwischen 20 und 22% (zuvor 26 bis 28%). Auf der anderen Seite muss der CFO der Zinswende Tribut zollen. Das Finanzergebnis werde nun 2022/2023 zwischen −175 und −185 Mill. Euro statt zwischen −150 und −170 Mill. Euro liegen, sagte er. Ein Aufwand von gut 50 Mill. Euro pro Jahr angesichts steigender Zinsen sei realistisch.

Transformation bei Labordiagnostik

Die Transformation des Geschäfts mit Labordiagnostik zeige erste positive Wirkungen, betonte Montag: „Wir sind bei Diagnostik auf einem guten Weg.“ Man sei ohne Antigen-Schnelltests zu einem vergleichbaren Wachstum zurückgekehrt (2%) und habe bei Herausrechnung auch der Transformationskosten eine bereinigte Ebit-Marge von 1,0%.

Mit der Zulassung der US-Aufsichtsbehörde FDA für das kleinere System Atellica CI Analyser (früherer Name: CI 1900) sei das Portfolio komplett, sagte Montag. Die jüngste Branchenmesse habe gezeigt: „Der gesamte Labormarkt befindet sich im Wachstumsmodus.“ Mit der Einstellung älterer Diagnostics-Plattformen komme man gut voran. Die Kosteneinsparungen setzten ein. Im dritten Quartal seien es 20 Mill. Euro gewesen. Die geplanten 300 Mill. Euro im Jahr 2025 würden erreicht. Man werde die Marge im nächsten Geschäftsjahr verbessern und im übernächsten Turnus 8 bis 12% erreichen.

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