Varta kündigt leistungsstärkere Lithium-Ionen-Batterien an
igo Stuttgart – Seit gut einem Jahr ist der Batteriehersteller Varta wieder an der Börse gelistet. Der Ausgabepreis von 17,50 Euro stieg seither angesichts einer guten operativen Entwicklung um rund 50 %, wodurch Varta mittlerweile mit gut 1 Mrd. Euro bewertet wird. 2019 will der Konzern aus Ellwangen an der Jagst sein Wachstumstempo durch neue Innovationen hoch halten, die Produktion vergrößern und die Fertigung von Lithium-Ionen-Batterien digitalisieren. “Ich bin mit diesem Jahr sehr zufrieden. Wir sind genau in dem Plan, den wir kommuniziert haben. Das bildet die Grundlage für ein gutes nächstes Jahr”, so Vorstandschef Herbert Schein im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.Der Spezialist für Mikrobatterien sowie Energiespeichersysteme hatte den Umsatz in den ersten drei Monaten um 11 % auf 200 Mill. Euro und das operative Ergebnis (Ebitda) um 27 % auf knapp 39 Mill. Euro gesteigert. “Das Ergebnis war erfreulicher, als wir ursprünglich gedacht haben, daher haben wir die Jahresprognose erhöht und halten auch weiter daran fest”, so Finanzvorstand Steffen Munz, der ein Ebitda von 49 Mill. bis 51 Mill. Euro nach 39 Mill. Euro im Vorjahr erwartet.2019 will Varta mit Mikrobatterien vom Trend zu längeren Laufzeiten und weniger Energieverbrauch speziell bei kabellosen Headsets und Kopfhörern profitieren und entsprechend leistungsfähigere Produkte auf den Markt bringen. “Bei den Hörgeräten führen wir 2019 eine Batterie ein, deren Energiedichte um 15 % höher liegt. Bei den kleinen Lithium-Ionen-Batterien haben wir vor 18 Monaten ein Produkt mit einer um 20 % höheren Energiedichte auf den Markt gebracht und werden die Energiedichte 2019 um weitere 20 % steigern”, so Schein. Bei Hörgerätebatterien gilt Varta als Marktführer. Bis 2020 will Schein diese Position auch im noch jungen Markt für kleine Lithium-Ionen-Batterien erreichen. Produktion wird verdreifachtAus dem Erlös des Börsengangs (vgl. BZ vom 20.10.2017) will der Konzern für 130 Mill. Euro seine Kapazitäten erweitern. “Wir haben unmittelbar nach dem IPO mit den Investitionen begonnen. Das ist eine hohe Belastung für unsere Organisation, aber wir liefern fast jedes Projekt auf den Punkt ab und liegen daher sehr gut im Plan”, so Munz. Schwerpunkt sind die Lithium-Ionen-Batterien, bei denen die Kapazität bis 2020 auf mehr als 50 Millionen Zellen pro Jahr verdreifacht werden soll. 2018 und 2019 sollen etwa 80 Mill. Euro in diesen Bereich investiert werden. “Wenn der Markt für kleine Lithium-Ionen-Batterien noch schneller kommen sollte, als wir erwarten, haben wir die Möglichkeit, schnell mit weiteren Erweiterungen darauf zu reagieren”, so Munz. Weitere 30 Mill. Euro fließen in die Hörgerätebatterien, der Rest in die Energiespeicher. Hörgerätebatterien seien “nach wie vor unser Kerngeschäft, das strukturell und sehr profitabel wächst”, so Munz. Hier soll der Ausstoß um 25 % auf 1,25 Milliarden Batterien jährlich steigen.Varta gilt als ein Hoffnungsträger für den Aufbau eines Konsortiums zur Produktion von Batteriezellen für die Elektromobilität in Deutschland. Gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut startet das Unternehmen im kommenden Jahr ein Projekt, das die vollständige Digitalisierung der Produktion von Lithium-Ionen-Batteriezellen zum Ziel hat. Das Land Baden-Württemberg fördert das Projekt mit 8 Mill. Euro, weitere 30 Mill. Euro sollen aus dem Bundesforschungsministerium hinzukommen. Der Varta-Vorstand sieht darin zunächst eine Fortschreibung der bisherigen Strategie, über Forschungskooperationen innovativ zu bleiben. Gleichwohl sei der Konzern offen für eine künftige Produktion großer Zellen. “Wir haben auch Projekte mit Partnern für größere Zellen, die sehr positiv verlaufen und wo wir uns bereits Intellectual Properties angeeignet haben”, sagte Schein. Varta forsche am Material und bringe diese Ergebnisse in die Produktion, für die Halbteile und wichtige Fertigungsmaschinen selbst konstruiert und gebaut würden. “Wir haben also eine sehr tiefe Wertschöpfung. Das unterscheidet uns von vielen Wettbewerbern”, so Schein.Priorität haben für den Konzern zunächst aber weiter kleine Lithium-Ionen-Batterien für vernetzte Geräte, die in ihrer Zellchemie den Batterien für E-Autos “sehr ähnlich” seien. Die geringen Reichweiten der großen Zellen sind ein Grund, warum sich Elektromobilität bisher noch nicht durchgesetzt hat. Innovationen, die Varta bei kleinen Lithium-Ionen-Batterien erreiche, kämen aufgrund längerer Freigabezyklen meist erst mehr als zwei Jahre später in der Autoindustrie an, so Schein. Er ist überzeugt, dass “das restliche und das nächste Jahrzehnt” der Lithium-Ionen-Technologie gehören. “Wir sehen noch sehr viel Potenzial für Innovationen. Ich glaube, dass die Energiedichte noch um 50 % erhöht werden kann”, sagte er.In dem Projekt mit dem Fraunhofer Institut geht es aber zunächst darum, die Produktion durch Digitalisierung effizienter zu machen und die laut Fraunhofer Institut durchschnittliche Ausschussquote von 10 % zu drücken. “Ein Einstieg in die Produktion einer neuen Technologie kommt für uns nur in Frage, wenn wir in Technologie und Produktion strategische Wettbewerbsvorteile haben. Es macht keinen Sinn, ein Produkt zu erzeugen, das heute bereits weltweit in Fabriken hergestellt wird”, fügte er hinzu. Über das Projekt sollen diese Wettbewerbsvorteile erreichbar werden.Arbeiten will Varta auch an ihrer Kapitalmarktkommunikation. 2019 stehe die erste Roadshow in Asien an, so Munz, nachdem mit dem Überschreiten der Milliardenmarke beim Börsenwert vor allem das Interesse technologeaffiner US-Investoren gestiegen sei. Zudem arbeitet der CFO daran, weitere Analysten an Bord zu holen. Bisher beobachtet neben Berenberg, die Varta auch an die Börse begleitet hatte, nur Kepler Chevreux das Unternehmen. “Wir halten für unsere Größe vier bis sechs Analysten für eine gesunde Zahl. Diese Größenordnung wollen wir 2019 erreichen”, so Munz.